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Anti-Corona-Maßnahmen

Liebe Politik, bitte mehr Ehrlichkeit in Sachen Corona

Andreas Fauth
Kommentar von Andreas Fauth

Der Shutdown in Deutschland geht mindestens 14 bis zum Februar 2021. Aber ist am neuen Corona-Maßnahmenpaket aus der Bund-Länder-Konferenz alles neu. Es fehlt an an Ehrlichkeit in der Politik.

Es kommt mir vor, wie „täglich grüßt das Murmeltier“: Erst stehen Drohungen im Raum: „Härtester Lockdown“ oder „verschärfen und verlängern“ – dann folgt in der TV-Pressekonferenz zur besten Sendezeit die Ernüchterung: Aus FFP2-Masken werden medizinische Masken, Schulen bleiben ein bisschen zu – Merkel spricht von verschärfen, Müller nennt es „Weiter so“. Drohungen schaffen keine Akzeptanz. Was diesen TV-Quotenhit gestern von einem anderen, dem Tatort am Sonntag unterscheidet: Das Ende des Films ist schon vorher klar.

Ein Eingeständnis fehlt: Wir sind alle Lernende

Ich wünschte mir mehr Ehrlichkeit aus den Kreisen der Bund-Länder-Konferenz: Ehrlichkeit, dass wir seit November in einem Shutdown-Modus mit schwebendem Damoklesschwert leben, dass Anti-Corona-Maßnahmen in dieser Zeit auch falsch waren und nicht geholfen haben, dass Fehler gemacht wurden. Ich finde ein solches Eingeständnis nicht mal schlimm, denn ein Virus lässt sich nicht vorausberechnen und mit einer Pandemie dieses Ausmaßes hat niemand Erfahrung. Wir sind alle Lernende.

Liebe Politiker, wie lange kann das noch gut gehen?

1. Ist für die Menschen in Alten- und Pflegeheimen genug getan worden?

Die Statistiken sind unterschiedlich, aber wahrscheinlich kommen rund zwei Drittel der Corona-Todesopfer aus Alten- und Pflegeheimen. Trotz wochenlangem Teil-Shutdown stiegen dort die Todeszahlen ungebremst an. Das war vorhersehbar. Schon im Sommer vergangenen Jahres mussten wir alle mit einer zweiten Welle rechnen. Warum werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Heimen nicht täglich getestet? Was ist mit Dienstleistern, die ins Haus kommen? In vielen Heimen müssen bislang zwei bis drei Tests pro Woche am Personal ausreichen. Im Sommer hätte die Politik eine optimale Test-Struktur aufbauen können. Die Chance auf mehr Tests in Alten- und Pflegeheimen wurde verpasst – seid doch bitte mal ehrlich.

2. Waren alle Corona-Regeln wirklich angemessen und sinnvoll?

Die Anti-Corona-Maßnahmen der Politik funktionieren nur, wenn sie von einer breiten Basis der Bevölkerung mitgetragen werden – die Akzeptanz aber schwindet. Kein Wunder, denn was sollen realitätsfremde Maßnahmen wie die 15-Kilometer-Regel? In Ballungsräumen drängen sich die Menschen dann auf den wenigen Grünflächen und auf dem Land schafft es mancher nicht mehr zum nächsten Lebensmittelhändler. Oder nächtliche Ausgangssperren: Je früher sie beginnen würden, umso mehr Berufstätige drängten sich vor Ladenschluss im Supermarkt. Viele der Corona-Regeln sind nicht nachvollziehbar – seid doch bitte mal ehrlich.

3. Hätte nicht viel früher gehandelt werden müssen?

Seit November befindet sich Deutschland in einem Teil-Shutdown. Kulturbetriebe geschlossen, Gastro dicht, zuletzt auch weite Teile des Einzelhandels. Bekannte Marken wir Adler-Moden, Süßwarenläden wie Hussel oder Arko, die Teemarke Eilles müssen Insolvenz anmelden. Das Berger Kino in Frankfurt schließt. Bars sterben und Frankfurter Traditionsgeschäften wie dem Teddy-Paradies droht das Aus. Corona-Hilfen kommen erst Monate später, oft viel zu spät an. Wenn die Anti-Corona-Maßnahmen noch länger dauern, werden die Innenstädte weiter veröden und noch mehr Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Seid doch bitte mal ehrlich, wie lange kann das noch gut gehen?