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Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

Missbrauchsopfern in der Kirche besser zuhören

Sensibilisierung für Gewaltprävention
gettyimages/SDI Productions

Welche Maßnahmen trifft die EKHN, um sexuelle Übergriffe zu verhindern? Die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt berichtet, wie die Kirche vorgeht.

Sexuelle Übergriffe lassen sich durch ein Gewaltpräventionsgesetz nach Einschätzung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) nicht verhindern. Aber es lenke den Fokus darauf. Dieses Gesetz wurde 2020 verabschiedet. Seitdem gebe es „nicht weniger Fälle, das wird nie passieren, aber wir können früher eingreifen“, sagte Oberkirchenrätin Petra Knötzele. Die Juristin ist die Leiterin der kirchlichen Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt.

Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt in der EKHN

Mit einem Gesetz gegen sexualiserte Gewalt

Portrait von Petra Knötzele
epd-bild/Jule Kuehn

Die Aufgabe des Gesetzes sei bestehende Regeln zu Schutzkonzepten und verbindliche Verhaltensanforderungen der EKHN zusammenzufassen. Außerdem habe es „die Aufmerksamkeit und Sensibilität für sexualisierte Gewalt geschärft“, sagt Knötzele.

Pädagogisches Personal und Eltern meldeten sich früher, wenn sie das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt. Das komme im Schnitt etwa ein- bis zweimal pro Monat vor. Darunter seien auch Situationen unter Kindern, „die Eltern manchmal verschrecken, weil sie die kindliche Sexualität und Neugier nicht richtig einordnen“ könnten.

Unabhängige Studie wirft Blick auf Missbrauch in evangelischer Kirche und Diakonie

Am 25. Januar stellen unabhängige Wissenschaftler die sogenannte ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes vor. Knötzele erhofft sich davon einen Erkenntnisgewinn: „Durch die Machtverteilung innerhalb der evangelischen Kirche wähnen wir uns vielleicht in falscher Sicherheit.“ Möglicherweise zeige die Studie evangelische Spezifika, die Missbrauch begünstigen und die man verändern müsse

Seit 2010, als die Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg in Berlin und an der Odenwaldschule in Heppenheim bekannt wurden, sei die EKHN 87 Meldungen von sexualisierter Gewalt seit dem Kriegsende nachgegangen. Insgesamt habe es 25 Strafverfahren gegen hauptamtliche oder ehrenamtliche Mitarbeiter gegeben, nicht alle sind abgeschlossen.

Die 2022 gegründete Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt bündelt folgende Kompetenzen:

  • pädagogische
  • juristische
  • seelsorgerliche
  • historische Kompetenzen

Dazu kommt die Sicht eines Betroffenenvertreters. 

Kontakt zur Kirche durch Betroffene von Missbrauch 

In einem kürzlich in der Wochenzeitung „Die Zeit“ öffentlich gemachten Fall von Missbrauchsvorwürfen gegen den verstorbenen Pfarrer Arnulf Zitelmann hatte dessen Tochter den Erstkontakt zur Kirche und ein Disziplinarverfahren kritisiert. Diese Verfahren wollen „wir stärker an den Betroffenen ausrichten“, sagt Knötzele. Da es notwendigerweise intensive Befragungen innerhalb dieser Verfahren gebe, seien diese für die von Gewalt Betroffenen seien sehr anstrengend und belastend.

Wir haben gelernt, dass wir den Betroffenen mehr Zeit geben müssen, für sich zu klären, wo ihr Fokus ist“, sagt Knötzele. Dabei gehe es darum, ob sie auf ein  Disziplinarverfahren, auf Anerkennung erlittenen Leids oder therapeutische Unterstützung hofften. Sie sei froh, in der Fachstelle nun Menschen zu haben, „die sich erst einmal bewusst auf das Zuhören konzentrieren können“, sagte Knötzele.