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Zweiter Weltkrieg

Helenes Versprechen: „Verliert nie den Mut“

Helenes Versprechen ist ein Roman über den Zweiten Weltkrieg.
Canva

Das Buch „Helenes Versprechen“ basiert auf den Nazi-Verbrechen in Frankfurt am Main. Der Roman erzählt die Geschichte einer jüdischen Kinderärztin.

Am 15. September 1942 räumte die Gestapo das jüdische Kinderhaus in Frankfurt und deportierte die die kleinen und großen Bewohner und Bewohnerinnen. Vor einigen Jahren hat Pfarrer Volker Mahnkopp die Geschichte wieder an die Öffentlichkeit geholt. Beate Rösler hat rund um die Ereignisse einen Roman geschrieben.

„Und du kommst bestimmt bald nach?“ „So schnell ich kann.“ „Versprochen?“ „Versprochen!“ Dieses Versprechen wird Helene ein Leben lang nicht loslassen. Sie gibt es 1938 ihrem kleinen Sohn Moritz. Helene Bornstein ist Jüdin und schickt Moritz mit einem Kindertransport fort aus Deutschland, fort von den Nationalsozialisten, fort von einem Alltag voller Schrecken und Todesangst.

Helene ist die Protagonisten in Beate Röslers neuem, bewegenden Roman „Helenes Versprechen“. Er ist als Taschenbuch im Aufbau-Verlag erschienen.

Frauen stehen in den Büchern im Mittelpunkt

Beate Rösler hat einen Roman über das jüdische Kinderhaus in Frankfurt geschrieben.
privat
Die Frankfurter Autorin Beate Rösler.

Für die Frankfurter Autorin Beate Rösler ist es der dritte Roman. „Die Reise des Elefantengottes“ spielt in Neu-Delhi, „Die Töchter des Roten Flusses“ in Hanoi. „Ich schreibe gerne dort Geschichten, wo ich lebe“, sagt die Autorin, die einige Jahre mit Mann und Tochter in Indien und Vietnam gelebt hat. In ihren Büchern greift sie Atmosphäre und Kultur der Länder auf und entwickelt daraus Geschichten mit Frauen im Mittelpunkt.

Nun ist Frankfurt an der Reihe: In der Main-Metropole ist Rösler seit einiger Zeit wieder zu Hause. Die Geschichte in „Helenes Versprechen“ spielt jedoch nicht im heutigen Frankfurt, sondern zwischen 1923 und 1944. Der Nationalsozialismus und vor allem das Leben von Juden stehen im Fokus. Keine leichte Zeit für einen Roman.

Helenes Versprechen‘ war mein zeitintensivstes Buch bislang.

Schon lange habe sie sich mit dem Themenbereich „Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg“ befasst. Doch bevor sie mit ihrem Roman beginnen konnte, standen umfassende Detail-Recherchen an. Zunächst durchforstete sie das Internet und Archive nach einer interessanten Frauenfigur, die zu dieser Zeit in der Main-Metropole gelebt hat.

Ein Alltag, der erschreckt

Buch-Infos

Beate Rösler: Helenes Versprechen. Aufbau Verlag 2021; 570 Seiten; 12,99 Euro.

Als sie sich quer durch das Internet, vor allem aber auch die Bücher der Soziologin und Autorin Petra Bonavitas las, stieß Rösler tatsächlich auf eine spannende Frau: die jüdische Kinderärztin Antonie Sandels. Sandels hatte unter anderem die Kinder im jüdischen Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge in Frankfurt behandelt. Die engagierte Ärztin ließ Rösler nicht mehr los und wurde zum Vorbild für ihre Romanfigur Helene Bornstein, ebenfalls eine Kinderärztin. „Nicht in allen Punkten gleichen sich Antonie und Helene, aber in einigen“, sagt Rösler.

Im Laufe ihrer Recherchen stieß Rösler auf einen weiteren Menschen, der sich für ihr Buch als Glücksgriff erweisen sollte: Volker Mahnkopp. Der Frankfurter wurde zu einem wichtigen Gesprächspartner bei der Entstehung der Handlung. Der Pfarrer der Maria-Magdalena-Gemeinde in Sachsenhausen hatte vor einigen Jahren herausgefunden, welche Schicksale die Bewohner des jüdischen Kinderhauses in der Hans-Thoma-Straße im Frankfurt der NS-Zeit zu erleiden hatten. 1942 bereitete die Gestapo der Einrichtung und damit dem letzten der drei jüdischen Kinderhäuser Frankfurts ein grausames Ende.

Die Kinder wurde ins KZ gebracht

Die 43 verbliebenen Kinder und sieben Betreuerinnen wurden zuerst ins Konzentrationslager Theresienstadt, später nach Auschwitz und in andere Vernichtungslager deportiert. Nur sechs von ihnen haben überlebt. Der Pfarrer hat die Geschichte wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht und letztlich auch dafür gesorgt, dass Beate Rösler einen Roman rund um die schrecklichen Geschehnisse geschrieben hat.

Weitere Infos

Mehr Informationen über Antonie Sandels, das jüdische Kinderhaus und die Recherchen von Volker Mahnkopp findest du auf:

www.platz-der-vergessenen-kinder.de

Der Nationalsozialismus in Deutschland ist ein Thema, das generationenübergreifend immer wieder aufs Neue fesselt. Das hat auch die Autorin gemerkt: „Im Laufe des Schreibens habe ich viel mit meiner 90-jährigen Mutter und auch mit meiner 17-jährigen Tochter über die Zeit gesprochen“, so Rösler. Aus Rückmeldungen ihrer Leserschaft hat sie zudem erfahren, dass vielen von ihnen vor allem die Brutalität im Alltag erst durch das Buch bewusst geworden ist. Etwas, das viele schockiert habe.

Ebenso das Schicksal der Jungen und Mädchen aus dem Kinderheim. Während des Schreibens habe der Verlag den Wunsch geäußert, dass Helene und ihre Mitstreiter doch vielleicht mehr Kinder retten könnten. Doch in diesem Punkt wollte sich die Autorin an die traurige Wirklichkeit halten und nichts beschönigen.

Für die Kinder war es prägend, dass sie sich als Gruppe auf den schrecklichen Weg gemacht haben. Nicht alleine ins KZ geschickt wurden, sagt die Autorin. Diesen doch ein wenig tröstlichen Gedanken inmitten des grausigen Schicksals hat Rösler in ihrem Roman aufgenommen.

Im Dialog mit Freundinnen

Helene ist eine Frau, die sich nach Schicksalsschlägen immer wieder aufrappelt, die weitergeht, sich hochkämpft, wenn sie am Boden liegt und ihr Leben in Scherben sieht. Ist sie ein Vorbild für junge Frauen heute? „Ja, sie zeigt, dass es wichtig ist, den Mut nicht zu verlieren, nicht aufzugeben, wenn es ganz düster ist“, so die Autorin. Wichtig auch, Helene ist eine Frau, die sich Hilfe holt, wenn sie alleine nicht mehr weiterkommt. „Man muss nicht alles alleine machen, man darf auch andere um etwas bitten“, fasst Rösler die Botschaft zusammen, die sie ihren Leserinnen mit auf den Weg geben will. Und noch etwas:

Haltet die Demokratie nicht für selbstverständlich!

Gesellschaftliche Krisen könnten sie bedrohen, deshalb sei es wichtig, wachsam zu sein. „Helene hat es 1923 für selbstverständlich gehalten, dass sie als Jüdin dazugehört. Ähnlich ihr Vater oder ihre Freunde. Selbst wenn sie manchmal skeptisch waren, keiner hat geahnt, was die Nationalsozialisten letztlich der jüdischen Bevölkerung angetan haben“, sagt Rösler und appelliert an ihre Leser: „Passt auf die Demokratie auf!“

Der nächste Roman kommt

Bevor die Frankfurterin ein Buch veröffentlicht, spricht sie mit anderen Frauen über die Handlungen und die Personen. „Auf langen Spaziergängen reden wir über die Figuren, wie sie auf verschiedenen Ereignisse reagieren oder wie sie fühlen“, erzählt Rösler. Während „Helenes Versprechen“ immer neue Leserinnen und Leser gewinnt, beginnen für Rösler in diesen Tagen bereits die Vorarbeiten für ihren nächsten Roman. Und damit wieder die Zeit für spannende Gespräche mit ihren Freundinnen.