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Asyl

Kirchenasyl bietet in Darmstadt Sicherheit

Kirchenasyl in der Matthäusgemeinde Darmstadt
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Sie haben oft große Entbehrungen auf sich genommen, um nach Deutschland zu gelangen. Wenn Flüchtlinge aber wieder zurückkehren sollen, ist für manche der vorübergehende Schutz in einer Kirche der letzte Hoffnungsschimmer.

von Jens Bayer-Gimm

Die junge Frau in Darmstadt nennt sich Fofo. Sie hat über ein Jahr gebraucht, um nach Deutschland zu kommen. Im Irak war sie Krankenschwester. Aber ihr Heimatland war für sie nicht sicher. Deswegen ist sie aus dem Irak geflohen.

Fofo sitzt in einer Kirchenbank
epd-bild/Peter Juelich
Fofo aus dem Irak sucht Schutz in der Darmstädter Matthäuskirche

Das Ziel: Europa. Gemeinsam mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und der damals sechsjährigen Schwester flog sie nach Belarus. Von da aus marschierte sie zu Fuß nach Litauen. „Es war eine schlimme Zeit“, berichtet Fofo. Sie spricht schon gut Deutsch.

Flüchtlingslager in Litauen

Ein Jahr lang hätten sie in einem geschlossenen Lager hausen müssen ohne ärztliche Versorgung, ohne Schule und nur mit einer Mahlzeit am Tag. „Wir hatten Hunger“, sagt sie.

Geflüchtete aus dem Irak sitzt in der Wohnung für Geflüchtete am Tisch und liest in einem Deutsch-Lehrbuch
epd-bild/Peter Juelich
Fofo lernt mit Hilfe eines Deutsch-Lehrbuchs

Im vergangenen Jahr schaffte es die junge Irakerin, nach Hessen zu kommen. Nach der Erstaufnahme in Gießen verbrachte sie zehn Monate in einer Unterkunft in Butzbach, dann lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Aufnahme eines Asylverfahrens ab und ordnete ihre Rückreise nach Litauen an.

Familie geht ins Kirchenasyl

Das will Fofo auf keinen Fall. Ihre Hoffnung auf eine sichere Zukunft in Deutschland setzt sie in die Evangelische Matthäusgemeinde Darmstadt. Die Gemeinde hat sie, ihre Mutter und ihre kleine Schwester im September 2023 ins Kirchenasyl aufgenommen.

Jeder Gast wird den Behörden gemeldet, diese respektieren in der Regel die Aufnahme. In Deutschland gab es Ende Oktober 2023 nach Angaben der „Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche“ 452 Kirchenasyle mit mindestens 629 Personen, davon etwa 97 Kinder.

Kirchenasyl

Kirchengemeinden wollen mit dem Kirchenasyl Flüchtlingen, die in ein anderes EU-Land abgeschoben werden sollen oder deren Asylantrag abgelehnt wurde, vor einer Abschiebung bewahren und ihnen zu einer Antragstellung oder erneuten Prüfung ihres Schutzantrags verhelfen. Die Kirchen haben sich darüber mit dem Bamf verständigt.

Die Darmstädter Matthäusgemeinde hat dafür gute Voraussetzungen: Sie verfügt über zwei Zwei-Zimmer-Wohnungen früherer Gemeindeschwestern und hat engagierte Ehrenamtliche.

Seit 2015 hält sie die Wohnungen für Flüchtlinge vor. Inzwischen haben mehr als 60 Menschen dort vorübergehenden Schutz gefunden. Wichtige Bedigung beim Kirchenasyl: Der Schutzraum gilt nur für das Kirchengrundstück. Das dürfen die Flüchtlinge also nicht verlassen.

Fofos Alltag ist von dieser Enge geprägt. Sie lerne viel Deutsch, putze, helfe anderen, erzählt sie. Viele Menschen in der Kirchengemeinde seien freundlich zu ihr, kauften für sie ein oder laden sie zu einem Konzert oder Flohmarkt in die Kirche ein.

Schwer ist nur, nicht hinausgehen zu dürfen.

Fofo

Vier Helferinnen begleiten den Alltag der Gäste, wie Elisabeth Biehl-Menzel, die Leiterin des Arbeitskreises Kirchenasyl der Gemeinde, erklärt. Sie kaufen jede Woche für sie ein, begleiten sie zum Arzt, organisieren Besuche.

Kirchenasyl verändert Menschen

Portrait Elisabeth Biehl-Menzel
epd-bild/Peter Juelich
Elisabeth Biehl-Menzel kümmert sich um Menschen im Kirchenasyl in Darmstadt

Bei Aufnahme eines Gastes gebe es ein Kennenlerntreffen. Ein 22-Jähriger aus Guinea habe danach gesagt, zum ersten Mal in seinem Leben habe sich jemand für ihn interessiert.

Das Kirchenasyl verändert die Gäste, hat Elisabeth Biehl-Menzel beobachtet: „Sie kommen in großer Angst, dann merkt man von Tag zu Tag, wie sie zur Ruhe kommen, den Kopf frei kriegen und ihr Herz öffnen.“ Die Gäste verändern auch die Kirchengemeinde. Flüchtlinge gehörten inzwischen zum Gemeindeleben dazu, sagt die Beauftragte für Kirchenasyl.

3 Frauen in der Kirchenbank
epd-bild/Peter Juelich
Diese Frauen helfen geflüchteten Menschen in Darmstadt: Sozialarbeiterin Dorothea Köhler (von links), Kirchenvorstandsvorsitzende Kerstin Schmidt und Mitglied des Kirchenvorstands Monika Vogel.

Angebote für geflüchtete Menschen

Zweimal die Woche gibt es einen Sprachkurs, an dem die Gäste und auch Flüchtlinge von außerhalb teilnehmen. Für die von außerhalb bietet die Gemeinde auch Ausflüge an und veranstaltet Flohmärkte.

Ahmad, geflüchtet aus Afghanistan, sitzt in der Darmstädter Matthäuskirche
epd-bild/Peter Juelich
Ahmad ist aus Afghanistan geflohen

Der Gottesdienst wird regelmäßig von Migranten aus Iran, Afghanistan oder Syrien besucht, Flüchtlinge wirken als Helfer beim Abendmahl mit.

In Darmstadt unterstützten die Stadt und die Öffentlichkeit das Kirchenasyl, erklärt Elisabeth Biehl-Menzel. Bei einer befürchteten Abschiebung im Sommer durch eine auswärtige Behörde seien morgens um sieben Uhr 150 Menschen erschienen, um dagegen zu protestieren. Die Abschiebung fand nicht statt, dem Gast wurde ein Asylverfahren versprochen.