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Inklusion

Rollstuhlgerechter Spielplatz auf dem Dorf

Levin, Quentin und ihr Bruder in einer Nestschaukel
privat
Die Nestschaukel ist ein inklusives Gerät auf dem Spielplatz.

Auf dem Dorf soll ein inklusiver Spielplatz entstehen. Die Idee der Kirche kommt bei Eltern gut an.

Große Pfützen und matschiger Boden sind auf dem Spielplatz im Herbst und Winter normal. Die Eltern können nach einem Ausflug hierhin ihre Wohnung erstmal putzen. Das erzählt jedenfalls Michelle Steinhäuser. Sie ist Mama von drei Söhnen.

Während die meisten Kinder zu jeder Jahreszeit auf dem Spielplatz toben können, müssen Kinder im Rollstuhl an nassen Tagen oft zuhause bleiben. Ohne feste Wege können sie nicht zu den Geräten hin. Und das fehlt auf dem Spielplatz im Landkreis Offenbach. Noch.

Barrierefreier Spielplatz

Zwei Jungs im Rollstuhl
privat
Quentin und Levin (von links) sind durch ihre Rollstühle mobil unterwegs.

Denn schon bald wird er zu einem nahezu barrierearmen Spielplatz umgebaut. Das Motto: „Hier soll jedes Kind Spaß haben – egal, ob es im Rollstuhl sitzt oder nicht“.

Michelle Steinhäuser kommt mit ihren Kindern regelmäßig auf den Spielplatz in Götzenhain. Zwei von ihnen sitzen im Rollstuhl: Levin und Quentin. Sie fährt mit ihren fünfjährigen Zwillingen mit dem Reha-Buggy oder Fahrradanhänger zum Spielplatz. Beides ist für sie schwierig, denn der Spielplatz in Götzenheim sei „nicht geländegängig“.

Wir vermeiden von Oktober bis Ostern Spielplätze und das ist super nervig.

Michelle Steinhäuser

Die Familie besucht lieber an sonnigen und warmen Tagen den Spielplatz. Doch die Geräte sind nicht für alle etwas: Levin kann mit Michelle Steinhäusers Hilfe laufen. So kann er einige Spielgeräte nutzen. Mama hilft ihm überall hoch. Besonders beliebt zum Beispiel die Kleinkindschaukel oder die Rutsche.

Das macht ihm Spaß. Aber sein Bruder Quentin hingegen hat nur wenig Freude an den Spielgeräten. Beim Spielplatzabenteuer „roppt“ er nur durch Sand und Gras, erzählt Michelle Steinhäuser.

Michelle Steinhäuser vor weißer Wand
privat
Michelle Steinhäuser ist die Mutter von drei Söhnen. Zwei von ihnen sitzen im Rollstuhl.

Herausforderung Spielplatz für die Familie

Alles im Blick zu behalten, sei nicht einfach. Einerseits versucht Michelle Steinhäuser mit Levin Spielgeräte zu erklimmen, gleichzeitig muss sie aber aufpassen, dass Quentin nicht abhaut, irgendwo steckenbleibt oder „irgendwo liegt und heult“. Das passiert dann, wenn etwas nicht klappt. Und dann hat Michelle Steinhäuer noch ihren dritten Jungen, der nicht im Rollstuhl sitzt.

 

Ich gehe ungerne alleine auf den Spielplatz.

Michelle Steinhäuser

Deswegen versucht sie immer eine andere Mutter oder ihren Mann mitzunehmen.

Was ihre Jungs auf dem Spielplatz selbstständig können: im Sand buddeln. Das macht aber nur an die 20 Minuten Spaß. Wenn überhaupt. Dann hätten sie Lust etwas Anderes zu machen und Michelle Steinhäuser muss direkt hinterher.

Hohe Kosten für inklusiven Spielplatz

Das Projekt kostet ca. 70.000 Euro. Davon zahlt die Stiftung der Ev. Kirchengemeinde ca. 25.000 Euro und auch die Stadt Dreieich und sämtliche Vereine und Unternehmen beteiligen sich an den Kosten für den Spielplatz. Aktuell sind gut zwei Drittel der Summe zusammengekommen. Auch du kannst dieses Projekt unterstützen. Infos & Spendenkonto auf der Website.                  

Inklusiver Spielplatz kommt ins Dorf

So wie es jetzt ist, soll es nicht bleiben. Der Meinung war die stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende der Gemeinde Götzenhain Ulrike Lenz. Noch in diesem Jahr soll der Umbau beginnen. Zusammen mit einer anderen betroffenen Mutter hatte sie die Idee dazu.

Wenn alles wie geplant geht, rollen noch in diesem Jahr die Bagger an und die Kinder können sich auf diese neuen Spielgeräte freuen:

  • eine Nestschaukel
  • eine Schaukel mit hoher Rücklehne – für ältere Kinder
  • ein Wipptier mit Rücken- und Seitenlehne
  • einen Sandspieltisch, der mit dem Rollstuhl oder Buggy unterfahrbar ist

Später soll auch noch eine Kommunikationswand dazukommen. Die ist für Kinder gedacht, die nicht sprechen können oder der deutschen Sprache „noch nicht so mächtig sind“. Heraufordernd für den Umbau: Dass Kinder im Rollstuhl leichter zu den Spielgeräten kommen. Dann könnte die Familie auch in den Herbst- und Wintermonaten auf den Spielplatz gehen, erzählt Michelle Steinhäuser.

Dreh- und Angelpunkt für Familien

Die Kirche in Götzenhain ist für alle da, sagt Ulrike Lenz. Und auch der Spielplatz ist ein wichtiger Ort der Begegnung. Sie will, dass alle Kinder den Ort nutzen können. Eltern mit behinderten Kindern sollen auch mal loslassen können. Sie sollen beobachten, wie ihre Kinder von anderen Kindern aufgenommen werden.

Kinder zeigen sich sorgsam und unterstützend gegenüber behinderten Kindern.

Ulrike Lenz

Resonanz sehr positiv

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Wie gut das Miteinander der Kinder klappt, haben auch die Erzieher*innen im evangelischen Kindergarten festgestellt. Den besuchen auch die Zwillinge von Michelle Steinhäuser. Sie findet es gut, dass sich die Gemeinde dafür einsetzt, dass Orte inklusiver werden. So wird das Thema auch in der Gesellschaft präsenter.

Mit anderen Eltern zu quatschen ist sehr wichtig, um gut aufgestellt zu sein. Auch die Kinder können so Freundschaften schließen erzählt Michelle Steinhäuser. Ihre Jungs knüpfen zwar auch im Kindergarten Kontakte mit anderen Kindern, aber der Nachmittag ist auch wichtig – zum Beispiel auf dem Spielplatz. Das ist für Familie Steinhäuser nicht immer möglich. Vor allem nicht bei schlechtem Wetter.

Banner mit Aufschrift der Kampagne "Inklusion für Alle"
privat
Die Kirchengemeinde Götzenhain setzt sich für Inklusion ein und treibt den Umbau des Spielplatzes voran.

Michelle Steinberger freut sich darauf, bald entlastet zu werden: wenn ihre Kinder eigenständig schaukeln können oder auf dem Wipptier wippen können. Levin hat ja jetzt schon ein großes Interesse an Spielgeräten und freut sich, alleine auf die Geräte zu kommen. Sie hofft, dass auch für Quentin attraktive Geräte dabei sein werden. Sobald der Platz eröffnet ist, haben die Jungs nicht nur etwas von den neuen Geräten. Sie profitieren dann auch von den pädagogischen Aufgaben eines Spielplatzes: konfliktfähig werden oder auch koordinative Aufgaben übernehmen können. 

Aber für die Mutter ist vor allem eines wichtig: Der gepflasterte Weg. So können die Jungs nämlich selbstständig auf dem Spielplatz rumfahren und barrierefrei mit anderen Kindern in Kontakt kommen.