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Franziska Ferber begleitet Paare durch den Kinderwunsch

Wenn der Kinderwunsch zu scheitern droht

Franziska Ferber ist Kinderwunsch-Coach
Lisa-Marie Schmidt

Franziska Ferber wollte immer Kinder haben. Doch egal, was sie probiert hat, es hat nicht geklappt mit dem Mutterwerden. Vermisst hat sie Hilfe in der schwierigen Zeit. Heute hilft sie als Kinderwunsch-Coachin ungewollt kinderlosen Frauen. Mit ihr hat Stefanie Bock über die Angst vor einem Leben ohne das Wunschkind und das Loslassen eines Lebenstraums gesprochen.

Frau Ferber, wie sind Sie dazu gekommen, ungewollt kinderlosen Frauen zu helfen?

Franziska Ferber: Als mein Mann und ich ein Kind haben wollten, haben wir gar nicht damit gerechnet, dass es nicht klappen könnte. Um dann festzustellen, dass wir auf natürlichem Weg kein Kind bekommen können. In der Kinderwunschklinik merkte ich, wie gravierend die psychischen Nebenwirkungen der Behandlung sind.

Mir war klar: Ich hole mir jetzt Hilfe, um diese enorm belastende Situation zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Hoffnung und Enttäuschung auszuhalten.

Zur Person

Franziska Ferber bietet Hilfe im persönlichen Gespräch und auch online, per E-Mail oder Telefon an. Von ihr sind mehrere Bücher zu dem Thema Kinderwunsch erschienen, unter anderem „Kinderwunsch Entscheidungen: Entschlossen seinen Weg gehen – ohne Angst und Reue“. Informationen über Fransziska Ferber und ihr Coaching-Angebot findest du im Internet unter www.kindersehnsucht.de.

Welche Hilfe haben Sie gefunden?

Franziska Ferber: Ich habe niemanden gefunden, der mir psychisch, oder auch mit praktischen Ratschlägen hätten helfen können. Während alle anderen scheinbar mit Leichtigkeit schwanger wurden, hatte ich den Eindruck, dass ich nicht normal bin. Ich war so verzweifelt und traurig.

Und dann sind Sie einen Schritt weitergegangen?

Franziska Ferber: Wenn ich schon erkenne, dass es in einer schwierigen Lebensphase keine Hilfsangebote gibt, dann muss ich das eben selbst machen. Ich finde es unglaublich, dass wir bis zu sechs Millionen Menschen in ihren besten Jahren ihrem stillen Leid überlassen.

Warum ist der unerfüllte Kinderwunsch so belastend?

Franziska Ferber: Wenn das gesamte Umfeld einer Frau, sei es die Schwägerin, die Schwester, die Freundinnen oder die Kolleginnen, schwanger wird, es bei einer selbst aber nicht klappt, entsteht die Frage nach dem „Warum“.

Daraus erwächst große Angst. Frauen beginnen, an ihrem Selbstwert zu zweifeln. Welchen Sinn hat denn mein Leben, wenn ich kein Kind bekomme? Wofür bin ich dann auf dieser Welt?

Verrückt, was ein Wunsch alles anrichten kann, oder?

Franziska Ferber: Wünsche haben wir alle und meist können wir es ganz gut aushalten, wenn sie sich nicht erfüllen. Wenn wir über den Kinderwunsch sprechen, finde ich es korrekter, es Kindersehnsucht zu nennen. Weil es viel tiefer geht, weil es viel existenzieller ist, als mancher Wunsch es je sein könnte.

Wenn wir verstehen, dass der Kinderwunsch eine tiefe Sehnsucht ist, dann verstehen wir auch, weshalb man sich tief damit auseinandersetzt und es nicht als gegeben hinnehmen kann, dass er sich nicht erfüllt.

Um ihren Traum von einer Familie wahr werden zu lassen, gehen viele Frauen über ihre eigenen Kräfte hinaus. Warum?

Franziska Ferber: Wir haben nie gelernt zu scheitern. Für viele ist Scheitern ein großes Angstbild, so dass es keine Option ist. Betroffene hören oft von Ärzten: „Jetzt sind Sie schon so weit gekommen, Sie müssen es nur noch einmal durchstehen, dann kann es klappen.“ Damit gibt es wenige Gründe zu sagen, ich steige aus. Ich lerne, ohne Kind glücklich zu werden.

Mein Mann und ich sind mit klaren Grenzen gestartet, haben festgelegt, wie weit wir gehen, wie weit wir es ethisch und moralisch verantworten können. Dann kamen immer wieder positive Signale aus der Medizin. Wir haben Stückchen für Stückchen unsere Grenzen aufgeweicht. Es heißt doch so oft: Anstrengung wird belohnt. Da bleibt einem nichts anderes übrig, als sich zusammenzureißen.

Wir haben nie gelernt zu scheitern.

Wie erkenne ich, wann es Zeit ist, die Reißleine zu ziehen?

Franziska Ferber: Wenn Frauen von ihren Medizinern die klare Ansage bekommen, dass es für sie keine Chance gibt, schwanger zu werden, kann das eine echte Brücke sein, um loslassen zu können. Aber nur wenige Ärzte sagen dies deutlich.

Viel öfter erlebe ich, dass Frauen irgendwann an einem Punkt kommen, wo sie keine Kräfte mehr haben und dann notgedrungen die Notbremse ziehen. Diese Entscheidung geht mit tiefen Zweifeln einher. Sie wirft ja die Frage auf, ob man nicht zu schwach ist.

Woher kommt dieser enorme Druck, dem Frauen ausgesetzt sind?

Franziska Ferber: Die Frauen, die ihr Wunschkind nicht bekommen, machen sich selbst einen wahnsinnigen Druck. Sie haben in der Schule nie gehört, dass man ungewollt kinderlos bleiben kann, dass es Fehl- und Totgeburten gibt. Ich habe in der Schule nur gelernt, wie ich verhüten kann.

Dieses Gefühl, nicht zu funktionieren, und der Abgleich mit meinem direkten Umfeld, das scheinbar mühelos schwanger wird, lösen einen großen Druck aus. Da bekommt man schnell den Eindruck, nicht normal zu sein.

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Und der Druck von außen?

Franziska Ferber: Einer Frau, Anfang 30 bis Anfang 40, wird schnell die Frage gestellt, ob sie ein Kind habe. Diese scheinbar harmlose Frage präsentiert jedes Mal den Mangel, die Sehnsucht und all das, was man in der Zeit des Kinderwunsches erlebt. Wenn wir in die Arbeitswelt blicken, haben es Frauen in dieser Altersspanne sehr schwer, sich beruflich weiterzuentwickeln. Der Grund: Alle Welt erwartet, dass sie nun bald schwanger wird. Auch das erzeugt Druck

Diese Frauen haben deshalb oft Panik vor dem Klassentreffen, vor der Familienfeier. Sollten sie solche Termine meiden?

Franziska Ferber: Jedes Verhalten löst beim Gegenüber eine Reaktion aus. Deshalb ist es grundsätzlich gut, dass ich mir überlege, wie diese sein kann und ob ich damit umgehen kann. Es gibt zwei Typen von Frauen: Die eine ist gut damit beraten, ein Thema, das sie als sehr privat empfindet auch privat zu halten.

Wenn ich mit meiner Geschichte nach außen gehe, muss ich damit rechnen, dass mir Reaktionen begegnen, mir Menschen ungefragt Ratschläge von besserer oder schlechterer Qualität geben. Wenn ich dem nichts entgegensetzen kann, würde ich so einer Person nicht empfehlen, ihre Geschichte offen zu kommunizieren.

Und die anderen?

Franziska Ferber: Denen tut es gut, darüber zu reden. Ich selbst gehe inzwischen ganz offen mit dem Thema um. Wenn mich jemand nach Kindern fragt, antworte ich: „Leider habe ich keine, wir hätten gerne Kinder gehabt, aber es hat nicht geklappt.“ Dann entsteht beim Gegenüber zwar eine Betroffenheit, aber für mich hat es den großen Vorteil, dass ich nicht in der klischeehaften Ecke lande „Ach, die hat keine Kinder, weil sie so eine Karrierefrau ist“. Denn das hätte meine Werte verraten und würde es für mich viel schwerer machen.

Mein Tipp: Lieber wenige Vertraute einweihen, aber denen offen sagen: „Du, ich möchte es dir einfach nur erzählen, ich möchte keine Ratschläge haben, du musst mir nicht helfen.“ Wenn mein Gegenüber weiß, was meine Erwartungshaltung ist, dann schützt das häufig vor schwierigen Ratschlägen.

Entscheiden, ob ich weiter alles versuche, um ein Kind zu bekommen oder ob ich Abschied vom Kinderwunsch nehme, kann man nicht mit Angst im Bauch. Was tun?

Franziska Ferber: In dem man sehr klar für sich herausarbeitet, wovor man eigentlich Angst hat. Das ist kein Prozess, den man eben mal in einer halben Stunde auf einem Blatt Papier erledigt. Man muss als Kinderwunschfrau verstehen, wie sich die Angst zusammensetzt.

In dem Moment, wo es präzise wird, kann ich eine Tür öffnen, um zu schauen, was kann ich dieser Angst anbieten, um in ein Gefühl der Sicherheit zu kommen. Das diffuse Gefühl, ich habe Angst, kein Kind zu bekommen, reicht nicht. Was heißt es denn für mein Leben, kein Kind zu haben? Diese Art der Klärung, auch wenn sie schmerzlich ist, ist der Weg, um letztlich Frieden zu finden.

Und dafür braucht es Hilfe?

Franziska Ferber: Ich glaube, man kann ein ganzes Stück davon alleine schaffen. Wenn man an die wirklichen Ängste, die letzten 15 Prozent kommt, da geht es mit Unterstützung leichter.

Ich bin in einem großen Frieden mit meinem Leben.

Wenn ich herausgefunden habe, wovor ich Angst habe, kann ein glückliches Leben ohne das Wunschkind gelingen?

Franziska Ferber: Die Angst zu präzisieren, ist einer von mehreren Bausteinen. Am Ende des Tages ist das Hineinfinden in ein ungewollt kinderloses Leben mit sehr viel Mangel, sehr viel Traurigkeit und Angst verbunden. Hineinfinden in ein ungewollt kinderloses Leben bedeutet, dass man das alles überwindet.

Gleichzeitig muss man sich der Frage stellen „Wofür ist mein Leben dann gut?“ Wenn man diese Puzzleteile zusammenfügt, dann kann man sich aufmachen in ein Leben, das anders ist, als man es sich gewünscht hat, aber in dem man dennoch sehr glücklich sein kann.

Ihnen ist das gelungen?

Franziska Ferber: Ich bin zutiefst dankbar und in einem großen Frieden mit meinem Leben. Ich bin dankbar für das, was dieser unerfüllte Kinderwunsch aus mir hat werden lassen. Ich weiß, dass es nicht für jede automatisch so ist. Es geht darum, dem Leben einen neuen Sinn zu geben, neue Aufgaben zu finden, die ein erfülltes Leben schenken. Ich glaube, dass es für jede einen Weg gibt, zufrieden zu leben.