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#digitaleKirche

Sprachassistentin Alexa: Soll Kirche da mitmischen?

Leonie Mihm und Hannelore Battenberg
privat
PRO CONTRA
Leonie Mihm und Hannelore Battenberg über Kirche und die Sprachassistentin von Amazon - Alexa

Alexa kann vieles: Auch beten. Das kommt nicht bei allen so richtig gut an. Lies hier das Pro & Contra über die Sprachassistentin als Protestantin.

Alexa ist die künstliche Intelligenz der Firma Amazon. Mittlerweile ist die Sprachassistentin in zahlreichen Geräten integriert. Ihre Fähigkeiten kannst du mit den sogenannten Skills erweitern.

Sprachassistentin Alexa kann auch „evangelisch”

Alexa, die nette Stimme aus der Box, präsentiert jetzt auch Gebete, Bibelsprüche oder Segensworte, startet eine Meditation oder einen Beitrag von heavenraDIO. Neuster Skill der Sprachassistentin: Friedensgebete.

Das Produkt aus dem Hause  Amazon ist allerdings umstritten, gerade in kirchlichen Kreisen. Grund genug, sich einmal anzuschauen: 

Alexa: Fluch oder Segen für die Evangelische Kirche?

Alexas Skills

Laut Amazon gibt es weltweit mittlerweile rund 130.000 Skills, etwa 900.000 Entwickler:innen seien registriert. Für den deutschen Markt gibt es gut 10.000 Alexa-Skills.

Leonie Mihm ist Vorstandsmitglied der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassau. Sie bewegt sich im Internet wie ein Fisch im Wasser. Auch Hannelore Battenberg, Kirchenvorsteherin in Darmstadt-Eberstadt-Süd, nutzt das World-Wide-Web. Das Engagement der Kirchen in Bezug auf Alexa sieht sie allerdings  kritisch. 🔽

Die Sprachassistentin Alexa kann Gebete sprechen, Bibelverse vortragen, Kirchenglocken läuten. Fördert das die religiöse Bildung?

Leonie Mihm: Eine Sprachassistenz mit der Möglichkeit, Bibelstellen vorzulesen oder Gebete vorzutragen ist mehr als eine Spielerei. Kirche und Glaube darf nämlich nichts sein, was hinter einer verschlossenen Tür stattfindet. Kirche muss raus in die Welt. Auch in die digitale.

Wieso dann nicht auch Psalm 23 via Sprachbefehl? Wenn Kirche Menschen näherkommt und bis in den Alltag vordringt, gehen Barrieren verloren. Wir können neue Ebenen von religiöser Bildung und zwischenmenschlichem Dialog gewinnen.

Alexa Skill Evangelische Kirche
Canva

Kirche kann da stattfinden, wo Menschen ihre Zeit verbringen: Bei der Oma mit ihren schlechten Augen im Altersheim, bei der Nichte morgens während der Morgenroutine und beim Onkel in der Mittagspause beim Kaffee im Büro.

Hannelore Battenberg: Es erschließt sich mir nicht, wie ein solches Angebot (Gebete, Bibelverse, Meditation, Glockengeläut) Bildung fördern kann. Dazu fehlen mir Hintergrund, Debatte und die dazugehörige Kontroverse. Was genau kann denn mit diesem Angebot entstehen? Das ist allenfalls eine Art von Verkündigung – aber wo bleibt der Austausch darüber?

Da kommt ein Gebet oder ein Bibelvers von Alexa, dazu Glockengeläut, und schon ist „religiöse Bildung“ entstanden? Brauchen wir dann künftig noch eine Kirche mit Gottesdiensten, lassen den persönlichen Kontakt außer Acht, nehmen einfach Alexa mit ihrem „spielerischen“ Angebot.

Wir würden uns viel Aufwand (und Geld) ersparen. Es sind doch gerade die jungen Leute, die unseren Kirchengemeinden fehlen – und die reduzieren wir dann auf das platte Angebot von Alexa? Das ist eine sehr seltsame Vorstellung von Zukunft…

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) möchte insbesondere mehr junge Menschen erreichen. Eignet sich Alexa dafür besonders gut?

Hannelore Battenberg: Besonders gut? Ich fürchte, dafür eignet sich Alexa nicht einmal gut. Was soll sich da entwickeln? Um junge Menschen zu erreichen, brauche ich nicht auch noch Alexa, denn alles, was Alexa anbietet, gibt es ja bereits: im Internet aufrufbar.

Und dennoch sind nicht mehr junge Leute in die Gottesdienste gekommen. Alexa gibt es jetzt – aber es gibt offensichtlich keinen Anstieg von Kircheneintritten junger Leute.

Alexa-Skill Evangelische Kirche

Der Alexa-Skill „Evangelische Kirche” bietet auch den Abruf von Friedensgebeten an. Das ist Teil der Aktion „fairständigen“  von der EKHN.

Was sind denn die Gründe des Fernbleibens junger Leute? Es ist das Angebot, das nicht anspricht – und jetzt bringt man genau dasselbe Angebot, nur eben digital. Nicht ein Pfarrer, eine Pfarrerin im Gottesdienst, sondern Alexa liest nun den Bibeltext vor.

Was soll daran „neu“ sein? Das ist alte Kommunikation in neuer Technik – hatte man damit jemals Erfolg? Meines Wissens nicht.

Leonie Mihm: Alexa ist dabei vielleicht ein Gerät aus der digitalen Landschaft, aber deswegen noch lange nicht nur für junge Menschen interessant.

Digitale Kirche sollte nicht die Suche nach der heißbegehrten jungen Zielgruppe als Kern haben. Nicht nur Menschen zwischen 13 und 18 haben ein Smartphone. Auch Dieter, 54 Jahre alt, kommuniziert gerne über WhatsApp, Facebook und Co. und hat sich vielleicht schon mit SmartHome Systemen beschäftigt.

Amazons Alexa in der Wohnung
gettyimages/eyecrave

Alexa kann also viele Menschen ansprechen, nicht nur Digital Natives.

Alexa gehört zum Amazon-Konzern. Das amerikanische Unternehmen steht in der Kritik, seine Mitarbeitenden schlecht zu entlohnen und Steuern weitgehend zu vermeiden. Ist es in Ordnung, dass die Kirche ungeachtet dessen diese Kommunikations-Plattform nutzt?

Leonie Mihm: Selbstverständlich darf bei einer Debatte über Alexa der Blick auf das Unternehmen Amazon nicht fehlen. Wem nicht bewusst ist, unter welchen Bedingungen Mitarbeitende des Riesenkonzerns arbeiten oder wie wenig Ernst Amazon Steuern und Datenschutz nimmt, sollte schleunigst die Suchmaschine des Vertrauens anwerfen. Eine kritische Haltung ist dem Thema gegenüber also definitiv angebracht.

Friedensgebete mit Alexa

Mit der Aktion „fairständigen“ der EKHN hat Alexa nun gelernt, auch gemeinsam für Frieden zu beten. Der Sprachbefehl für die neuen Friedensgebete lautet: „Alexa, frage Evangelische Kirche nach einem Friedensgebet.

Auch Kirche muss sich damit auseinandersetzen, wenn sie mit Amazon zusammenarbeiten will. Aber auch alle anderen Menschen, die eine Lieferung von Amazon dem Weg in die Innenstadt vorziehen, haben diese Reflexionsarbeit vor sich.

Die Kirche hat dabei als Institution in größerem Maße als jede Privatperson die Chance, Aufklärungsarbeit zu leisten und mit Amazon ins Gespräch zu kommen. Systeme verändern sich schließlich nicht dadurch, dass man sie ignoriert.

Hannelore Battenberg
privat

Hannelore Battenberg: Das ist absolut nicht in Ordnung, dass die Kirche diese Plattform nutzt. Aus welchem Grund sollte die Kirche diese negativen Informationen über Amazon unbeachtet lassen? Ich kenne keinen.

Hingegen gibt es doch sehr viele Gründe dafür, dass gerade die Kirche mit all den Erkenntnissen sehr kritisch umgehen und dann in ihrem Handeln auch sehr konsequent sein sollte. Und das schließt für mich eine Zusammenarbeit mit Amazon (und auch anderen Größen der Digitalwelt) kategorisch aus.  

Wie sollte Kirche im digitalen Raum kommunizieren?

Hannelore Battenberg: Nicht so einseitig, wie bereits oben beschrieben: nur Gebete, Bibelworte und Glockengeläut – und das ohne jeglichen Austausch, ohne Kommunikation, von der Kirche ja leben sollte. Wenn schon digital, dann auf digitalen Plattformen Austausch ermöglichen und ernstnehmen.

Keine vorgefertigten Texte anbieten, die Menschen (auch junge!) dann mit ihren Fragen wieder alleine lassen, wie das in unseren Gottesdiensten schon viel zu oft passiert. Es müsste also weniger einseitige Verkündigung geben, sondern mehr Gesprächsangebote. Und die bietet eine ablesende Alexa nun überhaupt nicht.

Leonie Mihm
privat

Leonie Mihm: Die Debatte, die die Gebete auf Alexa losgetreten haben, ist Teil einer größeren Fragestellung. Es geht darum, wie Kirche in Zukunft im digitalen Raum kommunizieren soll.

Aus Sicht von Menschen, die sich seit Jahren für digitale Kirche einsetzen, würde ich schätzen: So wie Menschen eben sprechen, und zwar an Orten wo Leben, Alltag und Austausch stattfindet. Also eben auch auf Alexa.

Kirche im digitalen Raum darf nicht der Versuch sein, hip und cool und fresh rüberzukommen, sondern muss authentisch und echt zu kommunizieren und sollte dabei eine nachvollziehbare kritische Haltung zu bewahren. Ansonsten kommt nämlich das Jugendwort 2021 zum Tragen: „Cringe”. Der Begriff steht für das Gefühl des Fremdschämens.

Das Internet ist keine ominöse Black Box, sondern vor allem das, was Menschen daraus machen. Es wäre schade, wenn Kirche dabei keine Rolle spielen möchte.

#digitaleKirche: Wo siehst du die (digitale) Zukunft der Kirche

Hast du eine Sprachassistentin zu Hause oder gleich mehrere? Oder traust du dem Braten nicht? Wie stehst du zu Alexa und Co. - soll die Kirche hier mitmischen? Schreib' es uns und erzähle, wie du die Sache siehst. Gerne in unseren Social-Media-Kanälen: 

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