Martin Schmidt öffnet die Tür in Espandrille-Hausschuhen. Ein Kapuzenpulli-Typ: blonder Wuschelkopf, gestutzter Bart, stahlblaue Augen, breites Lächeln. In seinem Brotberuf ist Schmidt Lehrer für Biologie und Sport in einer Stadt im Ruhrgebiet. In seiner Freizeit ist er YouTuber. Auf seinem Kanal „Martins Fische“ dreht sich alles um sein Hobby: die Aquaristik.
Seit mehr als 30 Jahren hält Schmidt Fische. Mehr als ein Dutzend Aquarien stehen in seinem Arbeitszimmer. Buntbarsche, flinke Salmler (ja, die schreiben sich wirklich so) oder glitzernde Regenbogenfische schwimmen darin. Es sind kleine Aquarien, daher hält er klein bleibende Arten. An den Becken und ihren schuppigen Bewohnern zeigt der Herr der Fische, welche Bedingungen die Tiere brauchen, wie er Aquarien einrichtet oder wie man Fische mit einem Kescher fangen kann, ohne sie allzu sehr unter Stress zu setzen.
"Ursprünglich habe ich einfach nur meinen Weg der Aquaristik zeigen und dokumentieren wollen", erzählt der 38-Jährige. Außerdem habe er sich mit anderen Aquarianern vernetzen wollen. In seiner Altersgruppe habe er keine gekannt. Das Hobby galt – oder gilt – als verstaubt, als nerdige Altherrenbeschäftigung.
Das scheint sich gerade zu ändern, so ist Schmidts Eindruck. Nicht nur, weil ihm auf YouTube viele junge Menschen folgen – die größte Altersgruppe seiner Follower sind die 20– bis 35-Jährigen. Keine Überraschung, ist die Videoplattform doch vor allem ein Medium der jungen Generation. Möglicherweise sei es der Trend des Aquascapings, das viele Jüngere in das Hobby ziehe, überlegt Schmidt. Aquascaper bauen unter Wasser kunstvolle Miniaturlandschaften, die aussehen wie ein Gebirge oder wie bekannte Filmkulissen.
Schmidts Ansatz ist ein anderer: Er baut in seinen Aquarien Biotope, die so natürlich wie möglich sind. Aus seinen Becken quillt reichlicher Pflanzenwuchs, das Wasser ist mitunter teebraun, weil viele seiner Fische ihre Heimat in morastigen Urwaldtümpeln haben.
Da komme er ja kaum drumherum, sagt er, wenn zum Beispiel das Herstellersignet im Film zu sehen ist oder wenn seine Follower ihn in den Kommentaren nach dem Namen eines Produkt fragten. Dann nenne er aber oft mehrere Hersteller, die infrage kämen. Und wenn er ein Produkt nicht gut findet, sage er das auch.
Wenn Schmidt auf Aquaristik-Messen geht, werde er jedes Mal erkannt, berichtet er: „Einerseits ist das schön, weil ich dann viele tolle Gespräche führen kann.“ Andererseits habe er kaum noch Zeit, sich auf Messen umzusehen – oder erst dann, wenn die Schauen ihrem Ende zugingen. Vor seinen Schülerinnen und Schülern habe er seine YouTube-Filme anfangs sogar geheim gehalten. Aber die hätten das irgendwann selbst herausgefunden. „Die gehen aber sehr locker damit um“, erzählt er.