Von Florian Riesterer
Die 22 Schüler der Joachim-Schumann-Schule sind still. Das liegt an Wiebke Bathe und dem, was sie zu erzählen hat. Eben erklärt die Bildungsreferentin des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Zehntklässlern aus dem hessischen Babenhausen die Geschichte des Schullandheims Wegscheide oberhalb von Bad Orb.
Erst kommen Polen, später Franzosen, Holländer und Belgier, ab 1941 russische Kriegsgefangene, Jugoslawen und schließlich Italiener. Zwischen 12 000 und 18 000 Gefangene fristen dort ihr Dasein, erzählt Bathe. Rund einen Kilometer südlich des Schullandheims sind etwa 1400 sowjetische Kriegsgefangene in Massengräbern beigesetzt. Steinkreuze markieren den Ort.
Nicht nur auf der Wegscheide, auch in anderen Lagern seien die sowjetischen Kriegsgefangenen entgegen der Genfer Konvention menschenunwürdig behandelt worden, was Nahrung und medizinische Versorgung betrifft, sagt Bathe.
Viele starben an Seuchen, etwa Tuberkulose oder an Unterversorgung.
Die Russen hatten die Genfer Konvention nicht unterzeichnet. „Das war für die Deutschen der Vorwand, die russischen Gefangenen so schlecht zu behandeln“, sagt Bathe. Wobei die Bezeichnung "russisch" nach heutigem Verständnis zu kurz greife. Unter den Gefangenen seien etliche Nationalitäten gewesen – von Ostukrainern über Kasachen bis hin zu Menschen aus Aserbaidschan. Anders als Gefangene westlicher Alliierten durften sowjetische Kriegsgefangene nicht in Kontakt mit der Zivilbevölkerung kommen. Statt in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe wurden sie in Arbeitskommandos eingeteilt.