Pro & Contra

Ackerboden oder Logistikzentrum?

Streitthema: Das neue Rewezentrum in Wölfersheim
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PRO CONTRA
Streitthema: Das neue Rewezentrum in Wölfersheim

In Wölfersheim wird um ein neues Rewe-Zentrum gestritten. Darf hier ein neues Logistikzentrum entstehen? Pro: Verantwortung ist vielfältig - Contra: das ist der falsche Platz. Was denkst du?

Es gibt Streit um ein geplantes Logistikzentrum des Handelsunternehmens Rewe im Wölfersheimer Ortsteil Berstadt. Rewe will an dem neuen Standort zwei kleinere Lager ablösen, die derzeit in Rosbach und in Hungen stehen. Dafür soll eine Fläche von mehr als 42 Fußballfeldern in der Wetterau versiegelt werden, deren Ackerböden zu den besten Europas zählen. An den Rändern der Großstädte wird immer mehr gebaut. Der Flächenfraß vernichtet immer mehr guten und dringend gebrauchten Ackerboden – einerseits. Andererseits muss gebaut werden, denn Menschen ziehen vermehrt in die Städte, und sie müssen schließlich irgendwo wohnen und arbeiten. Eine Abwägungssache also. Daniel Liebe und Volkhard Guth vertreten hier unterschiedliche Positionen.

Verantwortung ist vielfältig

Portrait von Daniel Liebe
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Daniel Liebe ist Gesamtprojektleiter Neubau Wölfersheim bei Rewe.

Pro: Verantwortung ist vielfältig

Das neue Rewe-Logistikzentrum in Wölfersheim löst die heutigen Standorte Hungen und Rosbach ab. Die Lager haben ihre kapazitiven Grenzen überschritten und arbeiten unter erschwerten Bedingungen. Sie werden nach der Inbetriebnahme von Wölfersheim nicht geschlossen. Der Neubau bringt Stabilität und ausreichend Kapazitäten. In Wölfersheim werden mindestens 550 Mitarbeiter sowie mindestens 20 Azubis wohnortnah ihre berufliche Heimat finden. Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben – im Gegenteil, das Stellenangebot wird durch zusätzliche Tätigkeiten ausgebaut.

„Keine Mehrbelastung durch Verkehr“

Logistik bedeutet natürlich auch Verkehr – aber in diesem Fall keine Mehrbelastung. Der Neubau wird geografisch zwischen den Bestandsstandorten errichtet. Durch die Lage direkt an der BAB 45 kann ein sehr hoher Anteil zukünftig direkt über die Autobahn abgewickelt werden.

Die Flächeninanspruchnahme lässt sich nicht leugnen. Wichtig ist aber auch, dass der Verwendungszweck in diesem Kontext gewürdigt wird. In Wölfersheim werden Lebensmittel für die Versorgung der angeschlossenen Supermärkte und somit für die Endverbraucher gehandelt. Rewe handelt nicht spekulativ oder experimentell. Das Unternehmen trägt eine vielfältige Verantwortung – für seine Mitarbeiter und Kunden, aber auch für die Ressourcenschonung. Es investiert freiwillig einen siebenstelligen Betrag, um in einem sehr aufwendigen Verfahren, unter Begleitung eines Experten für Bodenkunde, die wertvollen Oberböden und Teile der humushaltigen Unterböden abzutragen. Sie sollen ehemalige Braunkohletagebaue im direkten Umfeld, die nicht ordnungsgemäß aufgefüllt wurden, abdecken. Diese Maßnahme erleichtert die landwirtschaftliche Bearbeitung und erhöht die Ertragsfähigkeit der Zieläcker deutlich.

Volkhard Guth ist Dekan des Dekanats Wetterau.
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Volkhard Guth ist Dekan des Dekanats Wetterau.

Contra: Am falschen Platz

Als Kirche wissen wir um die Bedeutung von guten und auskömmlich bezahlten Arbeitsplätzen. Immer wieder wird von Rewe der Eindruck aufgebaut, dass Arbeitsplätze verloren gehen, wenn am Wölfersheimer Standort nicht gebaut werden kann. Das stimmt nicht. Die Arbeitsplätze bestehen weitestgehend heute schon an zwei Standorten und sollen lediglich zusammengezogen werden.

Das Rewe-Logistikzentrum wird am falschen Platz gebaut. Wir können bis heute nicht nachvollziehen, warum wider besseres Wissen dieser Standort beibehalten worden ist. Der biblische Auftrag an den Menschen lautet, diese wunderbare Schöpfung zu bebauen und zu bewahren, nicht zuzubauen und zu zerstören. Zur Reduzierung von 40 auf 30 Hektar ist der Konzern im Laufe des Verfahrens gezwungen worden. Eine weitere Teilreduzierung von 30 auf 28,5 ha erfolgte, weil Bodenbesitzer nicht verkaufen wollten. Die Idee des Bodenabtrags ist in einem gemeinsamen Gespräch mit der Konzernleitung in Rosbach geboren worden und wurde von den Kritikern selbst ins Gespräch gebracht.

„Nicht auf Wölfersheim angewiesen“

Die Vernichtung des Ackerbodens dient in erster Linie den Interessen des Konzerns, nicht denen der Arbeitnehmer. Rewe ist nicht auf den Standort Wölfersheim angewiesen. Es gibt durchaus Alternativen. Rewe hat sich die Entscheidung leicht gemacht.

Menschen, die sich um die Natur und die Umwelt bemühen, sind mit dem Bau des Logistikzentrums an dieser Stelle aus guten Gründen nicht einverstanden. Diesen Menschen hört Kirche ebenso zu, ist an ihrer Seite auch Sprachrohr und verhilft ihnen, sich Gehör zu verschaffen. Wir vermissen bisher jegliches Verständnis vonseiten des Rewe-Konzerns für die Ressource Boden, für die wir uns mit dem Bündnis Bodenschutz einsetzen. Die wertvollen Ackerflächen von weltweit bester Güte dürfen nicht verloren gehen.

Gastautor Daniel Liebe
Daniel Liebe Gastautor

redaktion(at)indeon.de
Volkhard Guth ist Dekan des Dekanats Wetterau.
Volkhard Guth Gastautor

redaktion(at)indeon.de