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Terror in Israel

Hamas möchte in Israel politische Ziele durchsetzen

55. Jahrestag der Volksfront zur Befreiung Palästinas in Gaza. Silhouette von einem Militär.
gettyimages/ramezhabboub
Die Hamas hat im Gaza-Streifen Israelis entführt, getötet und verletzt.

Schon lange tobt der Krieg um den Gaza-Streifen, mal mehr mal weniger stark. Eine Einordnung der aktuellen Eskalation im Nahost-Konflikt.

Die palästinensische Hamas aus Palästina hat Israel am 7. Oktober angegriffen. Der Nahost-Konflikt eskaliert mit Raketen, Terror und grausamer Gewalt. Doch worum geht es eigentlich?

Die Organisation übt laut der Frankfurter Politikwissenschaftlerin Claudia Baumgart-Ochse Terror für politische Ziele aus. Die islamistische Organisation will mit dem Massaker an Israelis möglichst großen Schaden und viel Leid anrichten, um Aufmerksamkeit zu bekommen, sagte die Bereichsleiterin des „Peace Research Institute Frankfurt“ (früher Hessische Stiftung Friedens-und Konfliktforschung) in Frankfurt am Main dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Palästina und Israel

Die Hamas nimmt dafür in Kauf, dass Israel einen massiven Gegenschlag ausführen wird, der viele Zivilisten in Gaza töten kann.

Infos zur Hamas

Die Hamas wurde 1987 von islamistischen Muslimbrüdern gegründet und hat seit 2007 die Macht über den Gaza-Streifen. In der Vergangenheit hat sie immer wieder massiv auf terroristische Gewalt gesetzt. In ihrer Charta hat die Hamas das Ziel formuliert, den Staat Israel gewaltsam zu vernichten.

Mit dem aktuellen Angriff verbindet die Hamas konkrete Ziele, sagt Claudia Baumgat-Ochs. Zum einen will die Hamas sich als einzige legitime Repräsentanz der Palästinenser inszenieren, die für Palästina kämpft. Die von der Konkurrenz-Organisation Fatah geführte Autonomiebehörde soll in der Westbank dagegen als bloßer Erfüllungsgehilfe der israelischen Besatzungspolitik erscheinen.

Die Entführung vieler Israelis als Geiseln in den Gazastreifen deute in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Hamas die mehreren Tausend palästinensischen Häftlinge in israelischen Gefängnissen freipressen möchte.

Ein weiteres politisches Ziel des blutigen Angriffs ist, die Annäherung arabischer Staaten an Israel zu verhindern. Nach der Aufnahme politischer und wirtschaftlicher Beziehungen von Israel zu Marokko, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Sudan in den vergangenen Jahren und angesichts laufender Verhandlungen Israels mit Saudi-Arabien, hätten die Palästinenser wohl das Gefühl, dass ihr Streben nach Unabhängigkeit vergessen werde, vermutet die Expertin.

Portrait von Claudia Baumgart-Ochse
Peace Research Institute Frankfurt
Claudia Baumgart-Ochse ist Programmleiterin des Bereichs Transnationale Politik am Peace Research Institute Frankfurt.

„Dass die Hamas jetzt zuschlagen, liegt daran, dass Israel als geschwächt erscheint angesichts der innenpolitischen Massenproteste in den vergangenen Monaten, die sich gegen den von der Regierung geplanten Justizumbau richten. Israel war mit sich selbst beschäftigt“, sagt die Politikwissenschaftlerin.

Ein weiterer Anlass könnte der Überraschungsangriff arabischer Nachbarstaaten auf Israel am Feiertag Jom Kippur vor 50 Jahren sein. Die Hamas greift jetzt am Feiertag Simchat Tora an.

Um aus dem begonnenen Krieg wieder herauszukommen, müssten die arabischen Staaten, die Beziehungen zu Israel geknüpft haben, auf die Palästinenser mäßigend einwirken, schlägt Baumgart-Ochse vor.

Diese Staaten müssten den Palästinensern dafür versprechen, ihre politische Eigenständigkeit von der israelischen Regierung als Bedingung für eine Normalisierung der Beziehungen zu fordern. Ob sich die Kriegsgegner darauf einlassen, sei eine andere Frage.

Die Hamas sei eng mit dem Israelfeind Iran verbündet, und die Koalitionspartner des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in der Regierung wollten einen palästinensischen Staat verhindern und die Westbank annektieren.

Kirchliche Vertreter:innen reagierten schockiert auf diese Eskalation des Nahost-Konflikts. Kirchenpräsident Volker Jung verurteilte den Angriff der Hamas und schloss sich der Forderung nach einem Ende der Gewalt an. Auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, und der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer verurteilten die Angriffe scharf. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bekundete seine volle Solidarität mit Israel und Außenministerin Annalena Baerbock äußerte ihre Sorge über die eskalierende Situation im Nahen Osten und betonte die Unterstützung der Bundesregierung für Israel.