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Emotionen

Männer weinen nicht? Aber ja doch!

Trauriger Mann, der getröstet wird.
Gettyimages/andreswd

Was ist dran am Klischee? Und wie beeinflussen Rollenbilder unseren Umgang mit Gefühlen? Ein Apell zu mehr Mut zum Weinen.

Wann hast du das letzte Mal öffentlich geweint? Ich kann mich gar nicht genau daran erinnern. Wahrscheinlich im Grundschulalter.

Jungen weinen seltener als Mädchen

Und dieses Verhalten ist wohl auch ziemlich „normal“, denn Jungen weinen ab dem 13. Lebensjahr weniger oft als Mädchen.

Geschlechterinklusive Sprache

Da es um klassische Rollenbilder innerhalb der binären Geschlechter geht, schreibe ich in diesem Text der Einfachheit halber über Männer und Frauen.

Trotzdem weine ich. Wenn auch nur heimlich und super selten. In diesem Frühjahr hat’s mich richtig erwischt: Liebeskummer. Mit allem, was dazugehört. Am Ende eines jeden Tages lag ich im Bett, habe mir meine warme Decke geschnappt, traurige Musik gehört und einfach drauflosgeheult. Und es tat richtig gut!

Nicht einfach: Vor anderen Menschen weinen

Eigentlich hätte ich auch vor meiner Familie weinen können… Aber wenn ich das Gefühl hatte: da kommt gleich was, habe ich mich lieber zurückgezogen oder bin an die frische Luft gegangen und habe dort vor mich „hingeweint“. Damals hätte ich mehr Mut gebraucht.

Heute versuche ich Tränen auch vor anderen Personen zuzulassen. Auch, wenn es mir wirklich schwerfällt.

Weinst du öffentlich?

Wie gehst du mit Tränen in der Öffentlichkeit um? Kannst du das, oder bleibst du lieber privat beim Weinen? Schreib uns via Social-Media:

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Daran sind wohl auch prägende Bilder aus der Kindheit Schuld. In unserer Gesellschaft gilt Weinen als Form der Schwäche. Du kennst bestimmt Sprüche, wie „Heul’ nicht rum“, „Sei kein Mädchen“ oder „Große Jungen weinen nicht“.

Mut zu mehr Tränen in der Öffentlichkeit

Buchautorin Frauke Angel macht Mut zu mehr Tränen in der Öffentlichkeit. „Das Gefühl nach dem Weinen, ist ein Gefühl von großer Erschöpfung“, erklärt sie. Und das sei für viele Menschen ein positives Gefühl. Mit ihrem Kinderbuch „Heul doch. Vom Heulen, Plärren und Flennen“ will sie schon bei den Jüngsten aufklären und den Klischees entgegenwirken.

Man könne eh nichts machen, wenn eine Person weint. Weinen sei per se auch kein Zeichen von Schwäche, erklärt Frauke Angel. Nur seien Zuschauende häufig einfach hilflos.

Wenn ein Mensch weint, kann man nur da sein.

Frauke Angel

Weinen sei ein Zeichen, zu seinen Gefühlen zu stehen und das sei unbedingt wichtig – bei allen Menschen. Auf jeden Fall auch für Männer, sagt Frauke Angel. Der Radiomoderator Benni Bauerdick geht mit gutem Beispiel voran.

Übrigens: Frauke Angel hat während ihrer Buch-Recherche folgende interessante Fakten herausgefunden:

  • Wir weinen lieber abends statt morgens.
  • Vor einer vertrauten Person fällt uns weinen leichter.
  • Lieblings-Ort zum Weinen ist das Klo.
Portrait von Frauke Angel
privat
Frauke Angel hat das Kinderbuch „Heul doch. Vom Heulen, Plärren und Flennen“ geschrieben.

Vor etwa 200 Jahren galt Weinen übrigens als richtig cool. Frauke Angel sagt, dass die Männer zu Zeiten der Romantik und Empfindsamkeit in jedem Theaterstück Rotz und Wasser geheult hätten. Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft beschäftigt sich seit Mitte des 19. Jahrhundert mit der Augenheilkunde und mit dem Weinen. In ihrem Auftrag hat die Oberärztin Elisabeth Messmer herausgefunden: Bei Frauen kullern im Schnitt ungefähr dreimal so oft im Jahr Tränen wie bei Männern.

Und allmählich verändere sich auch etwas in unserer Gesellschaft: „Ich glaube, dass die Männer dazugelernt haben“ und sich von den Klischees „frei machen“. Durch moderne Väter würde ein neues Bild von Gefühlen und vom Weinen an die nächste Generation weitergegeben.

Tränen sind nicht nur beim Weinen wichtig

Schließlich können alle Menschen gleichermaßen weinen. Oft ist es schlicht eine emotionale Reaktion des Körpers. Aber welche Funktionen haben Tränen?

Tränen als Alarmsignal

Basale Tränen weinen alle Menschen. Das ist eine kleine Menge Tränenflüssigkeit, die dauerhaft über unseren Augapfel fließt - auch in der Nacht.

Die sogenannten reflektorischen Tränen weinen wir meist in einer großen Menge. Nämlich dann, wenn unsere Augen einen physischen Reiz erfahren. Beispielsweise beim Zwiebelschneiden, oder wenn wir im Winter mit dem Fahrrad fahren.

Die emotionalen Tränen weinen wir aus einem Gefühl heraus. Was genau dahinter steckt, hat die Forschung bisher nicht gezeigt. Aber Gründe können entweder ein schönes Gefühl oder auch ein weniger schönes Gefühl sein.

Vor allem sind die emotionalen Tränen aber ein Zeichen für unsere Mitmenschen, vergleichbar mit einem Alarmsignal. Unsere Mitmenschen wissen dann etwa: Achtung, ich brauche gerade z.B. Hilfe, eine Umarmung oder ein Taschentuch.

Übrigens: Taschentücher brauchen wir so einige. Sowohl Frauen als auch Männer weinen in ihrem Leben laut Frauke Angel durchschnittlich ungefähr 100 Liter Tränen - das entspricht in etwa einer Drittel Badewanne.