Die Bilder aus Butscha, Irpin, Borodjanka und Kramatorsk machen fassungslos. Hunderte Menschen, getötet und zuvor teilweise gefoltert mutmaßlich von russischen Soldaten. Diese Gräueltaten verlangen nach einer Antwort. Die Frage ist, welche angemessen wäre.
Nach dem Massaker von Butscha hat die EU weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt. Man darf durchaus skeptisch sein, ob die zielführend sind, wenn der Import von Öl und Gas außen vor bliebe. Denn entscheidend für Putins Fähigkeit, den Krieg weiterzuführen, ist neben Geld sein Rückhalt in der russischen Bevölkerung.
Das Levada-Zentrum, ein einigermaßen unabhängiges russisches Meinungsforschungsinstitut, hat vor einigen Tagen festgestellt, dass Putins Zustimmungswerte seit Kriegsbeginn sogar gestiegen sind.
Die Zahlen stammem vom Levada Center, welches Umfragen in Russland durchführt, welches das einzige von der russischen Regierung unabhängige Meinungsforschungsinstitut ist und von der Regierung als „ausländischer Agent“ eingestuft wurde. pic.twitter.com/LlXoF6lhL7
— Julian Rüther 🌍 🇪🇺 🇩🇪 (@Julian81295) April 6, 2022
Mittlerweile unterstützen rund 81 Prozent der Russen den Überfall auf die Ukraine. Und das, obwohl die bisherigen Sanktionen die Menschen in Russland empfindlich treffen – oder genau deswegen. Die Kreml-Propaganda schafft es bislang ziemlich gut, die leeren Regale und die hohe Inflation als die Schuld des Westens darzustellen. Sanktionen schwächen Putin momentan also nicht, sondern stärken ihn.
Will man weitere Massaker verhindern, wäre es besser, die ukrainische Armee zu unterstützen. In Gebieten, die sie kontrolliert, können russische Soldaten nicht morden. Und militärische Niederlagen lassen den Rückhalt Putins bei seinen eigenen Leuten ziemlich sicher bröckeln.
Das hieße jedoch, dass der Westen mehr Waffen liefern müsste.
Für Christinnen und Christen ist das ein schwer verdaulicher Gedanke. Für die Kirche wäre eine Befürwortung von Waffenlieferungen eine Abkehr ihrer Haltung, die vor dem Angriff auf die Ukraine vorherrschend war, wonach Waffen dem Frieden grundsätzlich abträglich seien. Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann hat diese Haltung jüngst bekräftigt.
Vor der Hintergrund der internationalen militärischen Hilfen an die #Ukraine hat die Theologin Margot #Käßmann in ihrer Kolumne in der @BILDamSONNTAG ihre pazifistische Grundhaltung bekräftigt. #UkraineKrieg#Pazifismushttps://t.co/rvpNQ55yRx
— Evangelisch.de (@evangelisch_de) April 10, 2022
Gleichwohl haben einige Kirchenleute die harten Realitäten bereits anerkannt. EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus und der rheinische Präses Thorsten Latzel haben ihr Gewissen befragt und befunden, es sei nötig, der Ukraine Waffen zu liefern.
"Mit der bösen Tat tut man nicht nur dem Opfer etwas an, sondern auch sich selbst. Doch lässt sich im Krieg die Linie zwischen Opfern und Tätern so leicht ziehen?" - Annette Kurschus, EKD-Ratsvorsitzende, nähert sich den Gewissensfragen des Krieges.https://t.co/R5nzJuBODL
— chrismon (@chrismon_de) April 6, 2022
Thorsten Latzel sprach von „Verteidigungswaffen“.
Hier allerdings macht Latzel einen Unterschied, wo es oft keinen gibt. Luftabwehrraketen mögen recht eindeutig Verteidigungswaffen sein.
Bei einem Panzer ist das schon nicht mehr so klar, aber da die Ukraine mit Panzern angegriffen wird, braucht sie auch welche, um sich zu verteidigen, um verlorenes Territorium zurückzuerobern. Ob eine Waffe dem Angriff oder der Verteidigung dient, liegt in der Regel in der Hand des Soldaten, der diese Waffe abfeuert.
Antwort auf die Massaker im Ukraine-Krieg