Glaube

Ruhe statt Rushhour: So lebt ein Eremit

Eremit Norbert Cuypers kümmert sich um eine Kapelle
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Allein und zurückgezogen im Wald: so lebt der Eremit Norbert Cuypers. Einsam ist er in seinem Alltag aber trotzdem nicht.

von Fynn Dresler

Wer morgens in die volle Bahn versucht mit Kopfhörern den Lärm der Stadt zu überschallen, kann von Pater Norbert Cuypers etwas lernen. Wenn Cuypers morgens in seiner gedrungenen Hütte im Wald von zwitschernden Vögeln geweckt wird, beginnt seine Suche nach der Stille. Mitten im Wald, fernab vom Lärm unserer Welt.

Eremit: Allein mit Natur und Glaube

Cuypers ist Eremit. Das bedeutet, er lebt allein, um sich ohne Ablenkung seinem Glauben zu widmen. Am Morgen verlässt er kurz seine Klause, um die nahegelegene Kapelle aufzuschließen. Meist stehen dann schon ein paar Menschen vor der roten Holztür des weißen Gebetshauses. Die Dörnschlade ist in der Region bekannt. „Am liebsten würde ich am Morgen keine Menschen sehen, denn das stört meinen Fluss“, sagt der Pater. Deswegen zieht er sich danach auch umgehend zurück.

An die Tür seiner Klause hängt er ein Schild auf, das die Menschen bittet, doch einfach später nochmal wiederzukommen. Ohne Gespräche oder Musik sitzt er dann vor einer Ikone. Eine ganze Stunde Stille ist dann alles, was er sich vornimmt.

 

Wie wirkt Stille auf unsere Psyche?

Wer morgens betet oder meditiert, kann laut Studien den ganzen Tag davon profitieren. Sich zehn Minuten auf den eigenen Atem zu konzentrieren, sorgt für positivere Gedanken und mehr Gelassenheit im Laufe des Tages. In einer Studie der Universität Wuppertal und des Trinity College Dublin konnten die Proband*innen nach der Meditation besser konzentrieren und spürten eine größere Identifikation mit ihrer Arbeit.

Als Missionar in der Welt

Norbert Cuypers ist kein Mensch, der sich vor der Welt versteckt. Als Steyler Missionar hat er Bilanzen geschrieben und Meetings organisiert. In Papua-Neuguinea arbeitete er als Missionar und lebte in Österreich mit seinen Ordensbrüdern im Kloster.

Aber durch die Arbeit fehlte Pater Cuypers zunehmend der Bezug zum Wesentlichen: „Wir werden immer mehr zu Machern“, sagt er. „Dabei müssen wir im Glauben auf den Grund der Sache gehen.“ Es sind die ruhigen Momente, die Cuypers braucht, um zu sich selbst und mit der Welt eine Verbindung zu spüren.

Rückzug aus der modernen Welt

Norbert Cuypers wohnt in einer kleinen Klause neben der Kapelle Dörnschlade
Christian Spangenberg
Norbert Cuypers wohnt in einer kleinen Klause neben der Kapelle Dörnschlade

Sein persönlicher Wendepunkt wird eine Nacht alleine in einer Kapelle in Belgien. Als morgens die Vögel die Ruhe der Nacht durchbrechen, trifft der Ordensmann eine Entscheidung. Er will der Stille einen festen Platz in seinem Leben geben.

Der Orden erlaubt Cuypers das Leben als Einsiedler. Aber ein Ort muss her, an dem er ohne Auto leben kann. Als er 2020 auf die Lichtung bei Olpe tritt, sieht er die weiße Kapelle mit roten Holzbalken zum ersten Mal. Sofort weiß er, dies ist der richtige Ort ist für seine Einsiedelei. „Es war wie ein Herzenskick“, sagt er. „Ich wusste: Das ist es.“

Hilfe bei Einsamkeit

Wer sich einsam fühlt und mit psychischen Problemen kämpft, darf Hilfe annehmen. Die Hälfte der Menschen mit Depressionen, fühlt sich einsam. Da hilft es, sich Unterstützung durch nahestehende Personen zu suchen oder professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel in den psychologischen Beratungsstellen der evangelischen Kirche und der TelefonSeelsorge Deutschland rund um die Uhr unter 0800-111 0 111.

Wie man Eremit wird

Eremit ist er damit aber noch nicht. In einem Casting überzeugt er die Gemeinde, bekommt für seine Arbeit Gehalt und darf einziehen. Die Klause wird sein neues Zuhause.

Sein einfaches Leben stellt ihn vor neue Herausforderungen: Als Ordensmann war er es nicht gewohnt, einen eigenen Haushalt zu führen. Cuypers kocht selbst, bügelt seine karierten Hemden. Tagsüber schließt er die Kapelle auf, redet kurz mit Besuchenden, zieht sich dann zurück.

Die Kapelle Dörnschlade ist beliebt. 500 Kerzen zünden die Besuchenden hier jeden Tag an. Mehrmals täglich sammelt der Eremit ausgebrannten Teelichter ein, sorgt für Nachschub. „Ich musste auf Kerzen umstellen, die zwei Stunden brennen, statt vier“, sagt er. Sonst stapeln sich die Kerzen, „weil kein Platz mehr ist“.

Tagsüber ist er für alle Menschen ansprechbar. Das ist Teil seiner Philosophie, wie er sagt: „Ich bin einfach da, zu mir können die Menschen kommen, ohne einen Termin zu machen.“ Einmal stand ein Mann bei ihm vor der Kapelle, dessen Vater Suizid begangen habe. Der Familienvater habe immer wieder betont, dass er nicht zu Gott beten würde. Für Pater Cuypers egal, er hörte einfach zu. Im Gespräch weinte der Mann und sprach über seine Schuldgefühle gegenüber dem Vater. Jahre später traf er den Mann mit seiner Familie wieder in der Kapelle. Da erfuhr er, dass er nun der Held des Mannes sei.

Als Eremit ernen, mit Einsamkeit umzugehen

An der Türklinke von Cuypers‘ Klause hängen oft Papiertüten mit Kuchen oder Marmelade. „Ich habe seitdem ich hier lebe noch kein einziges Glas Marmelade gekauft.“ Manchmal so viel, dass er es gar nicht alles essen könne, sagt er lachend. Er freut sich trotzdem über den „tollen Liebesbeweis von den Menschen hier”.

Norbert Cuypers fühlt sich im Ort angenommen. Für manche Menschen sei seine Lebensart aber provokant. Alleinsein. Viele Stunden Stille. Keine wirtschaftliche Leistung. Daran müssten sich einige erstmal gewöhnen, sagt er. Er ist fest überzeugt, „dass wir in Kirche und Gesellschaft zugrunde gehen müssen“ – im besten Sinne. Wir sollten uns fragen: „Warum bin ich Mensch und was sind meine Grundwerte?“

Norbert Cuypers nimmt sich Zeit für die großen Fragen. Dafür ist er auf die Dörnschlade gezogen und beginnt und endet jeden Tag in Stille. Allein in seiner Klause sieht er die Chance, sich mit sich und seiner Rolle in der Welt zu beschäftigen, ohne dabei abgelenkt zu werden. Wer damit hadere allein zu sein, könne das von ihm lernen.

Norbert Cuypers wohnt in einer kleinen Klause neben der Kapelle Dörnschlade
Christian Spangenberg
Eremiten leben zurückgezogen. Auf der Suche nach Stille und Glaube.

Könntest du dir ein Leben als Einsiedler*in vorstellen?

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Alleine und trotzdem mit allem verbunden

Mit seiner Lebensweise möchte er zeigen, wie auch du für deine Werte leben kannst. Norbert Cuypers kann seinen Glauben leben. Dabei ist er vielleicht oft alleine, aber nicht einsam: „Ich spüre in der Stille die Verbundenheit mit den Menschen und der Schöpfung.”

Jeden Abend verriegelt Cuypers die rote Holztür der Dörnschlade. Auch wenn jemand noch eine Kerze anzünden wolle. Dann kehrt er zurück in die Klause. Zurück in seinen Gebetsraum, in die Stille.