Kultur

Film „Gotteskinder“ zwischen Menschlichkeit und Identität

Filmszene aus Gotteskinder: zwei erwachsene Männer taufen den Jugendlichen Timotheus
W-FILM
Timotheus wird von seinem Vater und Pfarrer getauft.

Ein bewegendes Drama über Glauben, Identität und den mutigen Kampf junger Menschen um Freiheit.

von Arik Sürek

Ist Homosexualität okay? Was ist richtig, was ist falsch? Und wie sollen Kinder und Jugendliche das wissen? Im Film „Gotteskinder“ lernen wir den 15-jährigen Timotheus kennen. Er glaubt, dass schwul sein eine Sünde ist. Als Kind einer Familie, die Mitglied in einer streng evangelikalen Freikirche in Deutschland ist, stürzt ihn das in eine schwere Identitätskrise.

Strenge Regeln in der Freikirche

Das Drama „Gotteskinder“ von Regisseurin Frauke Lodder, zeichnet zu Beginn einen scheinbar perfekten Alltag von zwei Teenagern. Timotheus (Serafin Mishiev) und seine Schwester Hannah (Flora Li Thiemann) scheinen in Harmonie mit den Regeln ihrer Kirche.

Doch der Druck durch die fundamentalistischen Erwartungen ist zu hoch. Jedes Abweichen von den strengen Regeln ihres Glaubens gilt als Sünde. Mit viel Freude teilt Hannah (Flora Thiemann) ihr religiöses Gedankengut mit jüngeren Mädchen ihrer Gemeinde. Sie stellt ihre ganze Identität in den Dienst ihrer Religion: Sie legt ein Keuschheitsgelübde ab und fügt sich ihren Eltern.

Als sie eines Tages den Nachbarn Max kennenlernt, kommt die scheinbar perfekte Welt ins Wanken.

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Kampf der Gefühle

Max (Michelangelo Fortuzzi) lebt im totalen Kontrast zu den Geschwistern nebenan. Er hält nicht viel von Glauben und würde am liebsten aus dem idyllischen Dorf zurück nach Frankfurt ziehen. Er schwärmt von Reisen nach Australien oder Partys in der großen Stadt. Damit lockt er Hannah aus ihrer christlichen Parallelwelt.

Sie entdeckt eine neue, ungeahnt offene Seite der Welt. Zum ersten Mal in ihrem Leben geht sie ins Kino und lügt ihre Eltern darüber an. Das stürzt sie in einen Gewissenskonflikt zwischen ihrer Religion und der neuen Welt mit Max.

Hannah dreht sich tanzend und sieht glücklich aus
W-FILM

Währenddessen führt ihr Bruder Timotheus einen Kampf mit sich selbst. Er steht auf seinen Mitschüler Jonas. Er ist sich sicher, dass seine Gefühle falsch sind. Das macht ihm große Angst.

Deswegen will er in ein „Seelsorgecamp“ gehen. Dort versucht er seine „unreinen“ Gedanken loszuwerden. Als Jonas dort auftaucht fühlt er Liebe, aber auch Selbsthass und Schuld.

Eigener Druck für Anerkennung

Im Laufe der Geschichte wird auf schmerzliche Art sichtbar, was passieren kann, wenn Jugendlichen die Freiheit genommen wird. Die innere Zerrissenheit der Geschwister hat mich tief bewegt: Wie fühlt es sich an, den eigenen Gefühlen nicht trauen zu können? Den Erwartungen von Familie und Umfeld zu wiedersprechen?

Film-Infos Gotteskinder

Spielfilm, Kinostart: 30. Januar 2025

Regie: Frauke Lodders

Drehort: Deutschland

Länge: 117 Minuten

Filmwebsite „Gotteskinder“

Beim Ansehen des Films wurde ich wütend auf dieses strenge System der Normen und wollte den Geschwistern aus dieser Situation heraushelfen. Die Perspektive von Max, Bestürzung, Wut und Sorge kam mir vertraut vor.

Fazit Filmkritik „Gotteskinder“

Frauke Lodder gelingt ein tiefer Einblick in die Welt junger Menschen, wenn sie dogmatisch aufwachsen. Der Coming-of-Age-Film rückt die Innenwelt alltäglicher Momente, wie den Kinobesuch oder das Fußballtraining, in den Mittelpunkt.

Ich empfehle „Gotteskinder“ allen, die in eine erschreckend echte Realität eintauchen möchten, in der Glaube das Leben einer Familie sehr prägt. Die Lust haben, auf eine aufwühlende Geschichte zwischen Bestätigung und Freiheit.

Kritik an Film „Gotteskinder“

Doch ist der Film auch was für queere Menschen? Aus unserer Community auf unserem Instagramkanal ist die Kritik an dem Film deutlich: Dadurch, dass der Film kein Ziel verfolgt und viele Diskriminierungen und Gewalttaten darstellt, sei er zumindest problematisch. Deswegen habe es auch keine Kooperationen mit landeskirchlichen Einrichtungen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zu dem Film gegeben. 

Die EKHN positioniert sich selbst als aufgeschlossene Kirche. So heißt es auf der Website ausdrücklich: Homosexualität, Bisexualität, Trans- und Intersexualität, non-binäre und queere Lebensformen sind ein Teil der Schöpfung. Vor wenigen Jahren hat sie ihre Schuld gegenüber queeren Menschen eingestanden und will „Gleichberechtigung und Solidarität mit Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und Identität“.

Deswegen nehmen wir den Hinweis aus unserer Community auch wichtig: Evangelisch ist nicht evangelikal, nicht jede Freikirche ist so dogmatisch, wie in dem Film dargestellt. Wir sollten Brücken bauen und keine Gräben ziehen.