Wenn Annette Kurschus jetzt eine Impfpflicht gegen das Coronavirus fordert, ist die frisch gewählte Ratsvorsitzende schlecht beraten – aus mehreren Gründen:
„Es drängt die Zeit“, sagt die Ratsvorsitzende, damit hat sie recht. Es ist aber auch klar, dass eine Impfpflicht für die vierte Welle viel zu spät kommt. Wenn überhaupt, würde sie die Lage erst im nächsten Jahr entlasten.
Versprechungen der Politik in Sachen Impfpflicht
Das frühe Versprechen der Politik, auf eine Impfpflicht zu verzichten, erscheint jetzt wie ein Bumerang. Schließe niemals etwas aus in einer Pandemie, sagen die einen. Zu Recht, aber eine Kehrwertwende bei der Impfpflicht wäre nichts anderes als ein Vertrauensbruch. Schon jetzt ist die Gesellschaft gespalten, das Vertrauen in die Politik schwindet, eine Impfpflicht würde diesen Prozess weiter beschleunigen.
Wollen wir Impfgegner mit der Polizei abholen?
Wie soll eine Impfpflicht aussehen? Wollen wir Impfgegner mit der Polizei abholen? Was würden mögliche Bußgelder bewirken? Eine Impfpflicht würde die Gemüter weiter erhitzen. Wer sich nicht impfen lassen will, verharrt aus Trotz in seiner Position, und viele der Geimpften pflegen dann erst recht ihre Empörungsrhetorik.
Die Impfung ist der einzige Weg aus der Corona-Pandemie
Um es nochmal ganz deutlich zu sagen: Die Impfung ist der einzige Weg aus der Pandemie! Wirksamer als eine Impfpflicht wären jedoch konkrete Regeln: Flugreisen und Fernbahnreisen nur noch für Geimpfte oder Menschen mit Attest, eine 2G-Regel für die Mobilität.
Politische Maßnahmen in der Pandemie kommen jedes Mal zu spät
Doch wie immer kommen die politischen Maßnahmen in der Pandemie viel zu spät. 3G am Arbeitsplatz hätten wir schon im Sommer haben können, 2G im Freizeitbereich war längst überfällig. Natürlich darf man Denkfehler revidieren, dann hätte die Politik in dieser Pandemie aber viel zu tun.
Den Weg aus der Corona-Pandemie finden wir nur mit Debatten, mit klugen Argumenten und mit Überzeugung. Wenn das Werben und Aufklären für die Impfung laut einer Studie keinen Sinn mehr machen würde, dann wäre dies die Bankrotterklärung nach einem vertanen Sommer. Politik und wir alle hätten für die Impfung mehr und ansprechender werben müssen. Denn es geht um Glaubwürdigkeit, eine Kernkompetenz auch der Kirche.
Deshalb zielt der Schuss der neuen Ratsvorsitzenden ins falsche Lager: Kurschuss trifft diejenigen, die Impf-Skeptiker auf Augenhöhe mitnehmen, ja überzeugen wollen. Wenn die Impfpflicht kommt, glaubt diesen Menschen niemand mehr.