Soziales

Soziale Tier-Not-Hilfe: Wenn der Tierarzt zu teuer ist

blinder Hund bei der Tier-Not-Hilfe
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Was tun, wenn das Haustier krank ist, aber nicht genug Geld für die Behandlung da ist? Die Soziale Tier-Not-Hilfe unterstützt im Notfall.

Frankfurt im Winter 2009. An der Hauptwache ist es auch damals laut, hektisch und vor allem voller Menschen. An diesem ersten Samstag im Monat wird die Geräuschkulisse sogar noch heftiger, denn unter der Straßenmusik eines Saxophonspielers, das Flattern der Stadttauben und das Reden der Fußgänger mischt sich Hundegebell.

Seit 2009: Soziale Tier-Not-Hilfe in Frankfurt

Auch Jackpot kläfft ab und zu. Zusammen mit seinem Herrchen Tobi wartet der große graue Schäferhund gemeinsam mit anderen Haustieren und ihren Besitzer*innen. Jackpot ist bereits vor ein paar Monaten in einem Bach in eine Glasscherbe getreten und hat sich eine tiefe Wunde an der linken Hinterpfote zugezogen. Mittlerweile ist alles wieder verheilt, aber Tobi besteht darauf, dass Jackpot nochmal durchgecheckt wird. Der Hund ist sein Ein und Alles. Unter normalen Umständen hätte sich Tobi die Behandlung seines Vierbeiners nicht leisten können, denn er lebt auf der Straße. Deshalb sind die beiden auf das Angebot der sozialen Tier-Not-Hilfe angewiesen.

Tobi, ein dünner Mann mit Glatze und grauem Vollbart, streichelt seinen schwarzen Labrador Paul in der Hauptwache in Frankfurt
Selina Groß
Tobi hilft ehrenamtlich bei der sozialen Tier-Not-Hilfe in Frankfurt

Haustier-Hilfe in der Hauptwache

Heute, 16 Jahre später, ist Tobi wieder an der Hauptwache. Diesmal ist er mit Paul, seinem schwarzen Labrador, hier. Aber nicht mehr nur als jemand, der Hilfe benötigt, sondern auch als jemand, der selber mit anpackt. Tobi arbeitet heute ehrenamtlich für die Tier-Not-Hilfe. „Wenn wir hier um 13 Uhr loslegen, muss alles schnell gehen“, sagt Tobi, während er in Eile ein Info-Banner aufbaut und sich die neongelbe Warnweste überzieht. „Wir sind an der Hauptwache, weil der Platz hier einfach zu erreichen ist. Für das Team, für die Klienten. Für alle.“

Tier-Not-Hilfe: Jeden ersten Samstag im Monat in Frankfurt

Der 53-Jährige ist für den Aufbau des mobilen Behandlungs- und Wartebereichs in der B-Ebene der Hauptwache verantwortlich. Hier werden gleich die Haustiere von bedürftigen Tierhaltern medizinisch untersucht. „Es ist wichtig, dass alles schon steht, wenn die Tierärzte kommen“, verrät Tobi aufgeregt. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ So hebt der Mann mit Glatze und Vollbart zusammen mit anderen Helfern zügig die schweren, faltbaren Behandlungstische von einem Rollbrett, klappt sie auf und stellt Desinfektionsmittel und Tücher bereit. Heute werden wieder um die 50 Klienten und ihre Tiere erwartet.

Tier-Not-Hilfe wird über Spenden finanziert

„Während der eigentlichen Behandlungszeit gehe ich dann mit der Spendenbüchse herum und bin Ansprechpartner“, sagt Tobi. Immer an seiner Seite: sein Hund Paul. Die beiden sind komplett gegensätzlich, passen aber gut zueinander. Tobi ist leicht aus der Ruhe zu bringen, voller Tatendrang, Paul lässt das aber kalt. Der Rüde ist eher gemütlich. „Er kuschelt echt mit jedem gerne. Die Aufregung an der Hauptwache macht ihm gar nichts aus“. Und so erklärt Tobi in Begleitung von Paul auch an diesem Tag, dass sich hinter dem vierbeinigen Trubel kein Hundetreff, sondern eine soziale Aktion zum Tierwohl versteckt.

Tobi steht mit Warnweste und Spendendose für die soziale Tier-Not-Hilfe in der Hauptwache in Frankfurt
Selina Groß
Tobi war selbst wohnungslos und hat die soziale Tier-Not-Hilfe in Frankfurt in Anspruch genommen

Gründerin der Sozialen Tier-Not-Hilfe

Die Frankfurter Tierärztin Maja Firlé gründete den Verein.

  • Maja betreibt ihre Praxis im Frankfurter Stadtteil Bockenheim.
  • Sie begann 2008, die Hunde wohnungsloser Frankfurter kostenlos zu versorgen.
  • Wir haben Maja bei ihrer Arbeit vor ein paar Jahren mit der Kamera begleitet.

„Das wusste ich gar nicht, dass es sowas auch hier in Frankfurt gibt. Ich finde das so eine tolle Idee“, sagt eine Fußgängerin, während sie Paul hinter den Ohren krault und danach einen Fünf-Euro-Schein in die Spendendose wirft. Tobi grinst. Jeder Schein zählt. Er ist stolz darauf, ein Teil des Projektes zu sein, sagt er. Aber auch aus Dankbarkeit helfe er heute mit: „Die soziale Tier-Not-Hilfe hat damals so viel für mich und meine Tiere getan und tut es teilweise immer noch.“

Paul kennt den Verein und seine Gründerin Maja Firlé schon seit den Anfängen ihrer Arbeit auf den Straßen Frankfurts. „Da hatte sie den Verein noch gar nicht. Man hat sich damals unter den Obdachlosen mit Haustieren von ihrer Hilfe erzählt, und so sind wir dann nach und nach alle zu ihr gegangen“, erinnert er sich. „Meine Hunde sind dank ihr steinalt geworden.“

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Auch wenn Tobi mittlerweile einen festen Wohnsitz hat, besucht er mit seinem Hund noch immer die offene Sprechstunde. „Jedes halbe Jahr stehen wir zur Routinekontrolle auf der Liste.“ Paul sei eigentlich kerngesund, aber für sein Herrchen stehe sein Wohl trotzdem an oberster Stelle: „Die Sorge um die Hunde ist etwas, was man immer hinkriegt, das hat automatisch Priorität.“ Tobi ist selbst kein offizielles Vereinsmitglied und auch selbst immer noch bedürftig. Dennoch unterstützt er die Tier-Not-Hilfe leidenschaftlich.

Hunde-Sprechstunde auf der Straße

Wer die Behandlung der sozialen Tiernothilfe für sein Tier in Anspruch nehmen möchte, muss mehrere Kriterien erfüllen. Die Tierhalter*innen müssen zur Erstaufnahme aktuelle Nachweise über ihre empfangenen Leistungen und den Wohnsitz in Frankfurt mitbringen. Die Tiernothilfe kontrolliert außerdem, dass die Tierhalter*innen im Impfpass des Tieres mit den Unterlagen bei der Anmeldung übereinstimmt und dass maximal zwei Tiere pro Halter*in versorgt werden.

Sorge um die Tiere hat Priorität

„Die Tier-Not-Hilfe übernimmt einen Großteil der Kosten für die tierärztliche Grundversorgung“, erklärt Tobi. „Das bedeutet: Impfungen, Antiparasitika, Wurmkuren und Routinekontrollen.“ Rentner*innen und Bürgergeldempfänger*innen zahlen im Gegenzug 10 Euro Eigenbeteiligung. Für Wohnungslose ist das Angebot kostenlos. Auch wenn es in Deutschland zum Beispiel keine gesetzliche Impfpflicht für Hunde gibt, sei es Teil der Verantwortung eines Besitzers, sein Tier ausreichend zu schützen, sagt Tobi. „Die Sorge um die Tiere, die hat bei uns allen einfach Priorität.“

Grund für steigende Tierarzt Kosten

Tierarztkosten haben sich aufgrund einer Änderung der tierärztlichen Grundverordnung (GOT) merklich erhöht. Die dort angegebenen Gebühren gelten für Tierärzte als Richtlinie, die sie einhalten müssen. Einfache Untersuchung einer Katze kostet jetzt 23,62 Euro. Vor der Änderung kostete sie 8,98 Euro. Die alten Angaben waren aus dem Jahr 1999 und stimmten nicht mehr mit den aktuellen Ausgaben der Tierärzte überein.

Hilfe für Tier und Mensch

Kleine Beschwerden, wie beispielsweise zu lange Krallen oder leichte Augenprobleme, werden vor Ort versorgt. Die Kosten werden durch Spendengelder und Mitgliedsbeiträge finanziert. Viele Medikamente bezahlen die Tierärzte aber auch aus eigener Tasche. Bei Bedarf gibt es diese zum Mitnehmen nach der Behandlung.

Aber nicht immer kann Haustieren sofort geholfen werden: „Tiere, die nicht vor Ort versorgt werden können, werden in eine Praxis unserer Tierärzte überwiesen“, sagt Tobi. Dort würde zum Beispiel operiert oder, im äußersten Fall, auch eingeschläfert. Wenn der Verein einem Haustier nur noch mit der Erlösung helfen könne, übernehme man auch das. Die Helfer, die selbst oft auch Haustiere haben, seien dann auch für diese Klienten da, berichtet Tobi. „Ich hatte letztens die Situation, da saßen ein Halter eines sehr alten Hundes, ein Besitzer eines gerade verstorbenen Hundes und ich zusammen und wir haben uns gegenseitig ausgetauscht.“

Laut des Vereins sind die Tiere nicht selten der letzte Sozialpartner im Leben der Klienten. Das kennt auch Tobi. Ein Haustier gibt eine Routine vor, auch wenn alles andere aus den Fugen gerät. Um ihren Tieren das Bestmögliche zu bieten, legen die Klienten der sozialen Tiernothilfe einen großen Teil ihrer finanziellen Mittel zur Seite. Man kauft lieber das beste Futter und spart dafür an anderer Stelle, sagt Tobi. Aber vor allem sparen die Klienten an sich. Nach dem Tod ihrer Tiere, bleiben viele Klienten der sozialen Tier-Not-Hilfe auch weiterhin verbunden. Sie sammeln zum Beispiel Spenden, geben übrig gebliebenes Futter oder Zubehör ab, damit es andere weiterverwenden können. Oder sie werden selbst Mitglied. Aus Dankbarkeit.

Ist dir das Angebot der Tiernothilfe in der Frankfurter Innenstadt schon mal aufgefallen, oder hast du noch nie davon gehört?

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