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Freundschaft bis in den Tod

Gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier

Gemeinsame Bestattungen von Mensch und Tier
epd/Heike Lyding

Mit Hund oder Katze ins Grab? Wir waren auf einem Friedhof, wo Menschen und Tiere gemeinsam bestattet werden.

Roswitha Schupp und ihr Mann Manfred haben vorgesorgt. „Wir haben ein Freundschaftsgrab für zwei Menschen und vier Tiere reserviert“, sagt Roswitha Schupp. Zwei Briard-Hündinnen gehören zur Familie. Als ich sie treffe, leben die 14-jährige Anka und die zweijährige Luna bei den Schupps. Das Ehepaar und die beiden Hündinnen werden eines Tages auf dem Friedhof „Unser Hafen“ in Brauchbach bestattet werden.

Auf diesem Friedhof liegen Urnen von Menschen und Tieren im gleichen Grab. Er liegt etwa 20 Kilometer südlich von Koblenz auf dem Gelände eines ehemaligen Bundeswehrdepots: Bewaldete Hügel, Wiesen und Felder und ein großes Gelände, auf dem das Familienunternehmen „Deutsche Friedhofsgesellschaft“ neben dem Friedhof „Unser Hafen“ bereits seit 2001 ein Krematorium betreibt.

Auch Hamster und Schildkröten können beigesetzt werden

Bis jetzt gibt es auf dem Friedhof bislang nur Hunde und Katzen gemeinsam mit den Menschen. Prinzipiell könnten aber auch die Urnen von Hamstern oder Schildkröten beigesetzt werden. „Eben alles, was eingeäschert werden kann“, sagt Wilhelm Brandt, Sprecher der „Deutschen Friedhofsgesellschaft“.

Ich treffe auf Dieter Wiese. Er besucht seine Frau Angelika. Auf einer Grabplatte stehen die Namen von Dieter, Angelika und Nero. Seit dem Tod seiner Frau komme er jeden Samstag mit Hund Nero auf den Friedhof, erzählt Dieter Wiese. Das Grab haben er und seine Frau sich gemeinsam ausgesucht.

Urnen der Hunde im eigenen Grab

Roswitha Schupp erzählt mir, sie habe ihr ganzes Leben lang Hunde besessen und immer eine enge Bindung zu den Tieren gehabt. Auch ein Urlaub ohne die Tiere sei für sie nicht vorstellbar. „Dann würde ich immer weinen, wenn ich einen Hund sehe.“ Das Ehepaar Schupp ist über 70 Jahre alt. Wenn ihr Haus einmal verkauft wird, sollen die späteren Eigentümern keine aktuellen Hundegräber im Garten finden. „Das wäre makaber“, sagt Roswitha Schupp.

Die Möglichkeit, die Urnen der Hunde im eigenen Grab zu haben, sei für sie deshalb perfekt. Sterbe etwa Anka zuerst, „bewahren wir die Urne so lange auf, bis der erste Mensch stirbt“, schildert sie. Auch für den Fall, dass die jüngere Luna erst stirbt, wenn Frauchen und Herrchen bereits tot sind, ist alles geregelt. Sie komme dann eben später in das Freundschaftsgrab.

Beziehung zum Tier wird öffentlich gewürdigt

Den „Hafen“ gibt es seit 2015. Die Einrichtung war der Auftakt für eine ganze Reihe weiterer Friedhofsbetreiber, die die gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier anbieten, etwa in Görlitz und Aschersleben, in Jena und Magdeburg, Grefrath und Bergisch Gladbach. Auch in Hamburg gibt es seit 2019 Mensch-Tier-Bestattungen.

Torsten Schmitt, Rechtsreferent der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas, nennt zwei Trends in der Bestattungskultur: den zur günstigen Bestattung und den zur Individualisierung. Dazu gehören auch gemeinsame Gräber für Menschen und Tiere. Früher, sagt Schmitt, haben Bestatter schon mal das geliebte Haustier unter der Hand in das Grab eines Menschen mit reingelegt. Heute werde die Beziehung zum Tier öffentlich gewürdigt.

Ein Herzenswunsch, vor dem man Respekt haben muss

Laut einer repräsentativen Umfrage von Aeternitas aus dem Jahr 2019 wünscht sich nur noch jeder Vierte ein klassisches Grab. Trotzdem gibt es keinen großen Andrang auf die gemeinsamen Gräber. Für Jutta von Zitzewitz, Kulturreferentin der „Stiftung Deutsche Bestattungskultur“, sind die Mensch-Tier-Bestattungen auch Ausdruck eines „tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels“. Bei zunehmender Vereinsamung im Alter werde das Haustier immer häufiger zum Sozialpartner. Gemeinsam mit dem Tier bestattet zu werden, sei dann „ein Herzenswunsch, vor dem man Respekt haben muss“.

Hoffnung auf die Erlösung der ganzen Schöpfung

Die gemeinsamen Gräber stehen nach Meinung einiger Menschen allerdings für eine zu große Nähe zwischen Mensch und Tier. Auch Theologen sind in dieser Frage gespalten. Für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) etwa sagt deren Sprecher Volker Rahn, dass die Trauer beim Tod eines Haustieres in erster Linie eine Frage an die Seelsorge sei, die es ernst zu nehmen gelte. Dennoch seien die gemeinsamen Beisetzungen „immer Grenzüberschreitungen“. Die Bibel rücke im ersten Schöpfungsbericht Mensch und Tier sehr nahe aneinander - aber unterscheide sie auch deutlich voneinander.

Eine gemeinsame Beisetzung nimmt die Beziehung, die zu dem Tier besteht, wertschätzend auf.

Natalie Ende

Die evangelische Theologin Natalie Ende vom Zentrum Verkündigung der EKHN hat mit der Beisetzung von Mensch und Tier in einem Grab kein Problem. „Eine solche Beisetzung nimmt die Beziehung, die zu dem Tier besteht, wertschätzend auf“, sagt sie. Aus theologischer Sicht seien Menschen und Tiere durch das „Geschöpf-Sein“ und die Endlichkeit des Körpers verbunden.  Auch die „Hoffnung auf die Erlösung der ganzen Schöpfung“ gelte für alle Lebewesen.

Trauer um ein geliebtes Tier
pixabay/Jacques GAIMARD

Friedhöfe sind ein Spiegelbild der Gesellschaft

Die evangelische Theologin bestätigt die Aussage von Aeternitas: Im Verborgenen habe es die gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier schon immer gegeben. Zum Beispiel, „wurde und wird nicht selten das Grab einer Försterin oder eines Jägers zufällig dann frisch bepflanzt, nachdem der Hund gestorben ist.“

Der katholische Theologe Michael Rosenberger ergänzt: „Friedhöfe sind Abbild sozialer Beziehungen, und wenn diese Tiere einschließen, ist es an sich naheliegend, die Tiere im Menschengrab mit zu beerdigen“. Rosenberger ist Moraltheologe an der Katholischen Privatuniversität Linz. Theologisch spreche ebenfalls nichts dagegen, aber viel dafür.

Für Roswitha Schupp zumindest war es „wie eine Erlösung“, als sie die Möglichkeit der Mensch-Tier-Bestattung entdeckt hat: „Eine große Last war weg.“