Montagmorgen, kurz vor halb sieben. Die Arbeit ruft. Im letzten Jahr habe ich mein Abitur gemacht. Viele meiner ehemaligen Mitschüler verbringen ein Jahr im Ausland, machen Pause oder studieren. Ich kenne niemanden, die oder der eine Ausbildung in der Altenpflege- und Betreuung macht. Warum eigentlich? Um das herauszufinden, starte ich nach Oberursel, dort verbringe ich zwei Tage im Haus Emmaus, einem Alten- und Pflegeheim.
Als mich Altenpfleger Michael empfängt, ist es ruhig. Die Bewohnerinnen und Bewohner schlafen noch. Er bringt mich in die erste Etage, insgesamt gibt es fünf. Michael übergibt mich an Mariola. Sie ist seit 13 Jahren Pflegerin im Haus. Wir klopfen an der ersten Tür. Es ist das Zimmer von Herrn K. Als wir reinkommen und die Vorhänge aufziehen, reibt er sich die Augen. Langsam kommt er zu sich und Mariola beginnt, ihn aus dem Bett zu heben.
Meine Schicht an Tag zwei startet um 12 Uhr. Pflegefachwirtin Steffi empfängt mich im Bereich Betreuung. Sie scherzt:
Mein Job ist es, Spaß zu machen.
Während der Fahrt spreche ich mit einer Bewohnerin aus dem Nachbarhaus. Sie ist gut gelaunt. Wir fahren an ihrem alten Wohnhaus vorbei. Die Stimmung sinkt etwas ab, ist fast gedrückt. Ich frage sie, ob sie traurig ist, nicht mehr in ihrer Wohnung zu leben. Sie erzählt mir, dass es besser so sei. Sie sei froh, dass sie im Heim Unterstützung erfährt.
Wir schauen aus dem Bus in Richtung Himmel. Auf der linken Seite ist er blau, die andere Seite ist bedeckt. „Das ist wie im Leben - man muss immer die gute Seite sehen“, sagt die alte Dame. Ich merke, die Gespräche mit den Bewohnern liegen mir.
Im Kurpark habe ich aber das Gefühl, ich blamiere mich gerade aufs Schärfste. Denn ich weiß nicht, wie ich die Bremsen des Rollstuhls gelöst bekomme. Zum Glück hilft mir jemand. Wir gehen und rollen durch den ganzen Park.
Frau M. blüht regelrecht auf, ein toller Moment für mich. Hut ab, was die Bewohnerinnen und Bewohner mitmachen und wie fit viele sind. Als wir am Café ankommen, merken wir, dass einige nicht hinterhergekommen sind. Wir gehen zurück und sammeln sie mit Rollstühlen auf. An diesem Tag komme ich ins Schwitzen.
Gemeinsam mit Steffi ziehe ich ein Fazit: Mir sind die Bewohnerinnen und Bewohner schnell ans Herz gewachsen. Ich musste oft schmunzeln, manchmal wurde ich sehr nachdenklich. Die Pflege ist intensiv und kann auf Dauer anstrengend sein, die Betreuung könnte ich mir als Beruf vorstellen. Auch Steffi sieht das so. Ich jedenfalls bin sehr zufrieden, ein wenig Anteil genommen und einen Einblick in das Leben und die Arbeit im Alten- und Pflegeheim genommen zu haben.