Familie

Child of Deaf: Aufgewachsen bei gehörlosen Eltern

Janine und ihre Eltern stehen draußen. Janine hat ein Fahrrad in Händen.
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Janine ist bei gehörlosen Eltern aufgewachsen – und arbeitet heute an der Staatsoper Stuttgart.

von Juliane Eberwein

Janine Grellscheid, 46, lebt in Stuttgart-West und hat eine bemerkenswerte Karriere. Sie arbeitet an der Staatsoper Stuttgart als Choreografin, Bewegungscoach und für die Statisterie.

Sie ist der kreative Kopf hinter den Bewegungen auf der Bühne und arbeitet eng mit Regisseur und Darstellern zusammen. „Der Regisseur sagt mir, was er sehen möchte, und ich erarbeite das mit den Darstellern. Wenn zum Beispiel zwei Sänger Walzer tanzen sollen, bringe ich ihnen das bei“, erzählt Janine lächelnd.

Aufgewachsen in einer gehörlosen Familie

Ihre eigene Geschichte ist ebenso faszinierend wie die, die sie auf der Opernbühne zum Leben erweckt. Janine wuchs in einer gehörlosen Familie auf – ihre Mutter wurde gehörlos geboren, ihr Vater verlor das Gehör mit wenigen Monaten. Für Janine und ihren Bruder, die beide hören konnten, war es normal, zwischen der Welt der Hörenden und der Gehörlosen zu wechseln.

„Bei uns zu Hause wurde immer mit den Händen gesprochen“, sagt Janine. Sie erzählt, wie sie ihre Stimme ausschaltete, wenn sie mit ihren Eltern kommunizierte, und diese für Gespräche mit Hörenden wieder benutzte. „Ich kenne es nicht anders“, sagt sie und fügt hinzu: „Für mich war es normal, für meine Eltern zu übersetzen oder das Telefon zu übernehmen.“

Die Herausforderung, sich in zwei Welten zu bewegen, zeigte sich auch in emotionalen Momenten. Janine beschreibt, dass es manchmal schwierig war, bestimmte Feinheiten auszudrücken – besonders in der Pubertät, als Gefühle intensiver wurden. „Aber meine Eltern konnten ja nichts dafür, dass sie nicht hören konnten“, erinnert sich Janine.

Trotz dieser Hürden betont Janine, wie liebevoll und unterstützend ihre Eltern immer waren. „Wenn ich einen Turnwettkampf hatte, waren sie immer dabei. Mein Vater filmte fast immer, meine Mutter schaute zu..“

Janine steht draußen und lacht in die Kamera.
Evangelisches Medienhaus

Praktische Herausforderungen und clevere Lösungen in einer gehörlosen Familie

Im Alltag einer gehörlosen Familie gibt es natürlich praktische Herausforderungen – doch Janine fand clevere Lösungen. Eine ihrer Lieblingsgeschichten handelt von einer kleinen „Manipulation“ an den Lichtern im Haus: „Wir hatten in jedem Zimmer eine Glühbirne, die blinkte, wenn es an der Tür klingelte.“

Lachend erzählt sie: „Wenn ich wusste, dass ich abends abgeholt werde, habe ich tagsüber die Glühbirne etwas locker gedreht, damit sie nicht mehr blinkte. So konnte ich raus, ohne dass meine Eltern es merkten.“

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Was manchen Menschen paradox erscheint, ist für Janine ein natürlicher Weg. Sie lebt in der Welt der Musik, einer Kunstform, die ohne Hören schwer zugänglich scheint, aber gleichzeitig hat sie ihre Wurzeln in der gehörlosen Welt.

„Mein Job hat viel mit Erklären und Beibringen zu tun – mit Händen, Füßen und Geduld“, erklärt sie. In gewisser Weise fühlt sich Janine in ihrem Job wie in ihrer Kindheit: Sie vermittelt zwischen Welten und bringt anderen Menschen Dinge bei – nur dass es heute um Tanz und Bewegung geht.

Zwischen stiller Welt der Gehörlosen und lauter Welt der Hörenden

Janine sitzt auf dem Rang in der Stuttgarter Oper
Evangelisches Medienhaus
Janine in der Oper in Stuttgart

Janine Grellscheid bewegt sich mit Leichtigkeit zwischen der stillen Welt ihrer Eltern und der lauten, musikalischen Welt der Staatsoper. Und auch wenn es manchmal herausfordernd war, sieht sie die Vorteile: „Ich bin dankbar, dass ich in beiden Welten zu Hause bin. Das macht mich zu dem, was ich heute bin.“

Am Ende ist Janine eine Vermittlerin – sowohl auf der Bühne als auch im Leben. Sie erklärt, sie bringt bei, und sie bewegt sich. Und das alles mit einer Leidenschaft, die ansteckend ist.