Gesellschaft

Flaschenweise Courage: Wein gegen Rassismus

Lukas Krauß mit seinem "Wein gegen Rassismus"
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Winzer Lukas macht sich gegen rechte Parolen stark. Sichtbares Zeichen ist sein „Wein gegen Rassismus“. Die gleichnamige Initiative im Internet vernetzt die Weinszene.

„Von vielseitigen Trauben für solidarische Menschen und grenzenlosen Genuss.“ Das steht auf dem „Wein gegen Rassismus“, den Winzer Lukas Krauß verkauft. Die Weißweincuvée ist sicht- und trinkbarer Teil des gleichnamigen Projekts, das zehn Jahre alt ist.

Lukas Krauß ist 2015 auf einer Fahrt von Hamburg zurück in die pfälzische Heimat. Unterwegs hört er Radionachrichten aus unterschiedlichen Sendegebieten – das Thema ist aber überall das gleiche: Anschläge oder auch verhinderte Anschläge auf Flüchtlinge, blockierte Busse, Brände. „Die Stimmung kippte von einer eigentlich sehr schönen Willkommenskultur hin zu was Negativem.“

Gesicht zeigen gegen Rassismus

Köpfe auf der Website "Wein gegen Rassismus"
Florian Riesterer
Die Homepage „Wein gegen Rassismus“.

Als er zu Hause ist, setzt er einen Facebook-Post ab unter dem Hashtag „Winzer gegen Rassismus“. Die ersten Reaktionen sind überwältigend. Was kann ich tun, wie kann ich helfen, fragen ihn Menschen aus der Weinszene. 

Kurz darauf ist „Wein gegen Rassismus“ geboren. Jochen Stange von der Werbeagentur „medienagenten“ aus Bad Dürkheim setzt eine Homepage auf. Hier zeigen Menschen ihr Gesicht gegen Rassismus. Und es entsteht Stück für Stück ein Netzwerk, das Menschen bewegt.

Erlös für politische Bildungsprojekte

„Wir bekamen überzählige Flaschen aus Weinverkostungen geschenkt, haben sie zu Paketen geschnürt, mithilfe von Weinhändlern verkauft und den Erlös gespendet für Projekte im Bereich der politischen Bildung“, berichtet Krauß von den Anfängen.

Mittlerweile gibt es den eigenen „Wein gegen Rassismus“. Zwei Euro von jeder Flasche gehen an die Amadeu Antonio Stiftung. Zwischen 3.000 und 5.000 Euro pro Jahr kommen so zusammen. 2022 erhält Lukas zusammen mit Jochen Stange für das Projekt den Preis der Deutschen Weinkritik.

Lukas Krauß fährt mit einem Erntehelfer durch den Weinberg
Florian Riesterer
Mit dem Traktor im Weinberg: Lukas Krauß

Doch ein „Wein gegen Rassismus“ schmeckt nicht jedem, sagt Krauß und spielt dabei nicht auf die Traubensorten an. Das Interesse von Gastronomen habe zuletzt abgenommen. 

Weil man ja mittlerweile fast Angst haben muss, mit einem Wein gegen Rassismus 50 Prozent der Bevölkerung und damit der Käufer zu verschrecken, wenn man sich aktuelle Wahlumfragen ansieht.“ Immer wieder hört oder liest er, etwa in Google-Rezensionen: „Muss denn Wein auch noch politisch sein?“

Für Lukas Krauß ist die Antwort klar: 

Jeder Einkauf ist ein politisches Statement – ob wir wollen oder nicht.

Und er hat für sich entschieden: „Ich will gar keinen Wein an Menschen verkaufen, die nicht klarkommen damit, dass ich sage: Es gibt Menschenrechte und die haben wir zu respektieren und zu akzeptieren und zu pflegen und zu hüten wie ein rohes Ei.“

AfD-Shitstorm überstehen

So verkauft er den Wein vor allem über einen Händler aus Mainz, „aber weniger an Gastronomen und noch weniger an der Weinstraße“. Dafür gehören Kirchen und Gewerkschaften zu seinen Kunden, auch der Landtag hat Abgeordneten schon den Wein zu Weihnachten geschenkt.

Lukas Krauß versteht, dass nicht jeder von sich aus so deutlich seine Meinung sagt. Es brauche Courage, sagt Krauß, der wie befreundete Winzer mit gleicher Haltung schon den einen oder anderen AfD-Shitstorm im Netz überstehen musste.

Harald Krauß lädt Kisten mit Weintrauben ab
Florian Riesterer
Teilt das Engagement seines Sohns: Winzer Harald Krauß

Klare Kante gegen rechts

Sein Papa, mit dem er gemeinsam die neun Hektar Weinberge rund um Lambsheim bewirtschaftet, trage sein Engagement mit. „Auch wenn er sich vielleicht manchmal wünschen würde, ich wär etwas weniger laut“, sagt Lukas und schmunzelt.

Dass das Thema aufgegriffen wird und Raum bekommt, freut ihn. „Auch wenn’s mir lieber wäre, es bräuchte uns gar nicht.“ Lukas Krauß hält Vorträge, eingeladen vom Friedensbeauftragten der Evangelischen Kirche der Pfalz. Im Projekt „Alternative Weinstraße“, das die NS-Wurzeln des pfälzischen Tourismus-Projekts zeigt, ist er ebenfalls dabei.

Flüchtlinge ernten Wein

Warum er sich gegen Rassismus stark macht? Im Herbst vor 2015 „haben uns zehn Leute aus Irak, Iran und Syrien bei der Handlese im Weinberg geholfen“. Von diesen Leuten seien inzwischen fünf Leute selbstständig, hätten Firmen gegründet, machten Jobs, die andere nicht machen wollten, hätten selbst Stellen geschaffen, Leute angestellt.

Vier hätten es in andere Firmen geschafft, nur einer habe nicht Fuß fassen können. „Die meisten haben Kinder mit hervorragenden Schulabschlüssen. Die sind hier aufgewachsen, die werden uns in Zukunft wahnsinnig unterstützen und uns helfen."