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Beziehungen führen

Ghosting: Wenn Freundschaften enden

Nicht immer halten Freundschaften ein Leben lang. Wenn sie enden hinnterlassen sie Schmerz
Getty Images/Vladimir Kononok
Wenn Freundschaften enden, ist das oft genauso schmerzhaft, wie wenn eine Liebe zerbrich.

Es schmerzt, wenn Freundschaften zerbrechen. Wenn sie für eine Seite grundlos und ohne Erklärungen enden, bleiben Ratlosigkeit und Trauer zurück.

Plötzlich herrschte Funkstille. Keine spontane Nachricht, kein gemeinsamer Aperol auf der Terrasse, kein Shoppingausflug am Samstag. Nichts. Nicht mal ein Winken aus der Ferne.

Die beste Freundin ist keine beste Freundin mehr. Die engste Gefährtin ist keine mehr. Mehr noch, sie ist aus deinem Leben verschwunden. Es scheint fast so, als habe sie sich in Luft aufgelöst. Ganz plötzlich, ganz unerwartet. Ohne ein Wort. Ohne eine Erklärung. Was bleibt, ist ein Gefühl der Leere, des Verlorenseins und viele Fragezeichen. Aber was ist eigentlich passiert?

Ghosting: Kein neues, aber häufiges Phänomen

Warum hören zwei Menschen, die sich mögen, miteinander lachen und einander vertrauen, plötzlich damit auf? Darüber hinwegkommen, einfach die Freundschaft abhaken, fällt uns schwer. Denn ohne richtigen Abschluss bleibt der Bruch der Beziehung.

Vielleicht nicht bei jedem für immer, aber zumindest sehr lange ein offenes Thema: Wir träumen von der ehemaligen Freundin, wir spielen in Gedanken auf der Suche nach einer Antwort unsere letzten Treffen nach, wir führen imaginäre Gespräche mit ihr. Doch im echten Leben finden wir keine Erklärung, auf den unerwarteten Bruch.

Was ist eigentlich Ghosting?

Ihr seid befreundet, versteht euch gut, verbringt Zeit miteinander, geht durch Höhen und Tiefen des Lebens. Und dann plötzlich: Funkstille. Du hörst nichts mehr von dein:er Freund:in. Keine Anrufe, keine WhatsApp-Nachricht, kein Treffen, keine Reaktion - nichts. Es scheint als hätte sich dein:e Freund:in in Luft aufgelöst. Oder in einen unsichtbaren Geist, englisch Ghost. Keine Worte, keine Erklärung. Als Ghosting wird ein Kontakt- oder Kommunikationsabbruch ohne Ankündigung oder ohne Angabe eines Grundes gegenüber Freund:innen, Familienmitgliedern oder (Dating-)Partner:innen bezeichnet. Dazu zählt die totale Vermeidung von direktem Kontakt und die Ignorierung aller Versuche zur Kommunikation. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov vom Oktober 2021 ist Ghosting besonders bei den 18- bis 24-Jährigen verbreitet: Lediglich rund 27 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe gaben an, noch nie jemanden geghostet zu haben. Bei den  45- bis 54-jährigen Befragten waren es rund 71 Prozent.

„Es viele Gründe, warum Freundschaften enden“, sagt Psychologin Ulrike Neufeld-Duke. Manchmal verläuft die Beziehung einfach im Sand, neben Beruf und Familie bleibt einfach kaum noch Zeit für die Gefährtin, die Vertrautheit schwindet. „Manchmal verliert man sich aus den Augen. Dann ist es häufig nicht gewollt, dass eine Freundschaft endet, aber es passiert Leben verändern sich, wir gehen andere Wege“, sagt die Psychologin.

Ghosting aus Selbstfürsorge

Aber auch ein heftiger Streit über die unterschiedlichsten Dinge, kann eine Freundschaft von heute auf morgen beenden. Sind die Fronten verhärtet, wollen oder können wir einfach nicht mehr zusammenkommen.

Aber was, wenn eine Freundschaft ganz plötzlich und ohne ersichtlichen Grund in die Brüche geht und die Freundin sich ohne eine Erklärung zurückzieht?

Psychologin Neufeld-Duke erklärt: „Der plötzliche Bruch kann auch mit Selbstfürsorge zusammenhängen, wenn beispielsweise eine Person oft verletzt wurde.  Es muss nicht böswillig sein, dass sie die Freundschaft beendet, aber irgendwann muss sie den Weg  gehen, der für sie der Beste ist. Und das kann manchmal ohne die bisherige Freundin sein.“

Ist Ghosting okay oder ein No-Go?

Ist es also okay, andere zu ghosten? Die Antwort ist nicht einfach. Die meisten von uns machen sich intensive Gedanken, wie sie eine Freundschaft beenden wollen und treffen ihre Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen. Es gibt sicher Menschen, die sich aus dem Staub machen, weil sie sich selbst schützen wollen, weil sie andere nicht verletzen wollen.

Das ändert nichts daran, dass es sich für die Person, die geghostet wurde, sehr schmerzlich anfühlt. Ganz einfach, weil sie nicht versteht, was gerade passiert ist. Es ist egal, ob wir 86  oder 14 Jahre alt sind, wenn eine Freundschaft endet. Es tut immer weh. Platonische Beziehungen können uns eben genauso viel bedeuten wie Liebesbeziehungen. „Für den, der übrig bleibt, ist es eine schwere Situation, vor allem dann, wenn sie nicht weiß, was los ist“, sagt Ulrike Neufeld-Duke.

Ein neues Phänomen ist Ghosting nicht. Schon immer hätten sich Menschen sprichwörtlich aus dem Staub gemacht. „Freundschaften endeten schon immer, auch plötzlich. Und schon immer fiel es uns schwer, über Gefühle zu sprechen“, so die Psychologin.

Warum ghosten Menschen?

„Wir rennen weg, weil wir den Konflikt scheuen“, sagt Neufeld-Duke und fügt an: „Wir haben verlernt, miteinander über Inhalte zu streiten und dabei nicht die gesamte Person oder gleich die Freundschaft infrage zu stellen.“ Die Person, die die Freundschaft beendet, möchte das, sicherlich schmerzvolle, Trennungsgespräch vermeiden. Die Person, die zurückbleibt, soll selbst erkennen, dass die Freundschaft Geschichte ist.

Du bist nicht Schuld am Ghosting!

Ghosting hat mehr mit der Person, die ghostet zu tun hat als mit der, die geghostet wird. Gründe, warum Menschen andere ghosten:

  • Konfliktvermeidung
  • mangelnde emotionaler Reife
  • Angst vor Zurückweisung oder Selbstschutz
  • narzistisches Verhalten

Wie gelingt der Schlussstrich unter die Beziehung

Ergibt es Sinn, der Freund:in hinterherzurennen? Das Gespräch einzufordern? „Es kann sein, dass wir es bereuen, wenn wir nicht versucht haben, einen Schritt aufeinander zuzugehen“, sagt Neufeld-Duke. Doch, wenn die andere partout der Erklärung für den Bruch ausweicht und ihr Verhalten nicht erklären will, dann ist es wichtig, das Ende der Freundschaft zu akzeptieren. 

„Wenn ich als Geghostete merke, das alles, was ich mache, nichts bringt, mein Entgegenkommen zu keiner Reaktion führt, ich  gar keine Kontrolle über das hat, was passiert, dann zerstört dies mein Selbstwertgefühl, dann fühle ich mich kleiner und kleiner.“ Denn, wenn etwas ungeklärt bleibt, grübeln wir und finden keine Ruhe: Habe ich mir vielleicht nur eingebildet, dass wir Seelenverwandte waren? Bin ich unausstehlich geworden? Was habe ich falsch gemacht?

Mit Ghosting umgehen

Jetzt ist es wichtig, innezuhalten und zu sagen: Ich nehme das Ruder wieder in die Hand. „Ich habe die Hand gereicht, habe vielleicht einen Brief geschrieben, aber es hat nichts gebraucht. Dann muss ich die Beziehung überwinden und einen neuen Weg für mich finden", erklärt die Psychologin.

Die Kündigung einer Freundschaft bedeutet Verlust und Trauer. Während es über das Ende von Liebesbeziehungen Filme, Bücher und Songs ohne Ende gibt, kommen Trennungen im Freundeskreis in den Medien kaum bis gar nicht vor. Und so haben wir keine Vorbilder, keine Worte, die wir übernehmen können, Doch, wie finde ich nach diesem Verlust meinen inneren Frieden wieder? Ulrike Neufeld-Duke macht Mut:

Das ist nicht leicht, aber es ist möglich.

Sie schlägt vor, zum Beispiel ein Abschiedsritual zu überlegen. Vielleicht alte Briefe der Freundin oder gemeinsame Fotos in eine Kiste packen, bei einem Waldspaziergang Abschied zu nehmen. Und danach sich ganz bewusst auf etwas anderes, auf etwas Neues zu konzentrieren.

So schließt du mit einer Freundschaft ab, die ohne Erklärung endet

Eine wirklich allgemeingültige Lösung gibt es nicht. Ulrike Dukes Tipp: „Es ist wichtig zu schauen, was passt jetzt für mich, womit fühle ich mich wohl.“ Und das kann eben ganz individuell sein. Ganz wichtig: Nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Sondern auszuprobieren, wohin der Weg dich führt.

  • Akzeptiere, dass eine Freundschaft enden kann.
  • Habe keine Angst, loszulassen.
  • Lass dir Zeit beim Verarbeiten deiner Gefühle.
  • Stelle die Dankbarkeit für das gemeinsam Erlebte über deine Enttäuschung.

Das Ende einer Freundschaft bedeutet nicht, dass alles, was ihr zusammen erlebt habt, nichts mehr wert ist. Es bleiben schöne und wertvolle Erinnerungen. Nach Jahren der Freundschaft war nicht alles, was war falsch oder blöd. Ulrike Neufeld-Duke rät deshalb: „Wir müssen das, was war, wertschätzen und das Gute im Herzen bewahren.“

So beendest du gut eine Freundschaft

Die schlechte Nachricht ist, vor Ghosting kannst du dich nicht schützen. Im Grunde hast du keinen Einfluss darauf, ob dich ein:e Freund:in eines Tages ghostet. Nicht miteinander zu reden, ist oft der leichte Weg. Doch das dieser Weg eine Freundschaft zu beenden für alle Beteiligten sehr schmerzhaft ist, ist klar.

Wie geht es besser? So kannst du eine Freundschaft für alle Seiten gut beenden:

  • So schwer es ist, rede mit deine:r Freund:in darüber. Wenn dir vor einem Treffen zu sehr graut, dann schreib einen Brief.
  • Erkläre, wie du dich fühlst, warum du dich mit der Freundschaft nicht mehr wohlfühlst.
  • Vermeide Vorwürfe und bleibe respektvoll.
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Wurdest du schon mal geghostet?

Ist bei dir schon mal eine Freundschaft in die Brüche gegangen und du weißt eigentlich gar nicht so genau warum? Wie bist du mit dem Schmerz umgegangen? Erzähl mir davon. Ich freue mich über deine Nachricht. Oder schreibe mir uns via Social-Media: 

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