Lieferkettengesetz

Saubere Lieferketten: Freiwillig klappt das nicht

Renate Haller
Kommentar von Renate Haller

Wie hoch ist der Druck auf die Unternehmen beim Lieferketten-Gesetz? Es geht um Menschenrechte und unsere Umwelt.

Schokolade ist lecker, egal ob als Tafel, Riegel oder demnächst wieder als Nikolaus. Sie ist süß, schmilzt im Mund, schenkt ein heimeliges Gefühl. Das sehen in Deutschland viele Menschen so, deshalb werden rund zehn Prozent der weltweiten Kakaoernte hierzulande zu Süßwaren verarbeitet.

Was uns den Alltag versüßt, geht auf die Knochen von etwa zwei Millionen Kindern auf den Kakaoplantagen in Westafrika. Von dort kommt der weltweit größte Anteil an Kakaobohnen. Die Kinder arbeiten mit Macheten, schleppen viel zu schwere Säcke und sind giftigen Pestiziden ausgesetzt.

Kakaoproduktion nur eines von vielen Beispielen

Die Produktion von Kakao ist nur eines von vielen Beispielen, wo auch deutsche Firmen Geschäfte machen mit Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit und mangelnden Umweltstandards. Andere sind der Anbau von Tee in Indien, die Textilindustrie in Asien, der Abbau von Metallen in südafrikanischen Minen oder von Bauxit in Guinea, wo Familien ihr Ackerland zugunsten der Minen genommen wurde.

Mit Freiwilligkeit kommt man hier nicht weiter

Abhilfe schaffen kann ein Lieferkettengesetz, am besten auf internationaler Ebene. Einige Länder sind dran, andere müssen überzeugt werden. Deutschland aber muss endlich zu Potte kommen. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD steht, dass gesetzliche Maßnahmen geprüft werden, sollte bis 2020 klar sein, dass weniger als die Hälfte der großen Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen.

Laut Frankfurter Rundschau hat eine Untersuchung der Bundesregierung ergeben, dass nur 17 Prozent der Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden die UN-Leitprinzipien zur menschenrechtlichen Verantwortung der Wirtschaft umsetzen. Mit Freiwilligkeit scheint man an diesem Punkt nicht weiter zu kommen.

Streit um die Konsequenzen

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) und ihr Parteikollege, Arbeitsminister Hubertus Heil, machen sich stark dafür, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aber stört sich daran, dass Unternehmen, die billigend Menschenrechtsverstöße in ihrer Lieferkette in Kauf nehmen, laut erstem Entwurf zivilrechtlich belangt werden können. Außerdem will sein Haus das Gesetz erst ab einer Unternehmensgröße von 5000 Mitarbeitenden verabschieden.

Gesetz als Papiertiger

Welchen Sinn aber macht ein derart verwässertes Gesetz? Bei der Größe von 5000 Mitarbeitenden gälte es für gerade mal 280 Unternehmen. Bei mangelnder rechtlicher Drohkulisse bleibt es ein Papiertiger.

Der Druck für ein Lieferkettengesetz ist da und muss weiter verstärkt werden. Drei Viertel der Deutschen haben sich laut einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap für ein solches Gesetz ausgesprochen. Auch die christlichen Kirchen fordern, die Pflicht zur Einhaltung von Menschenrechten und ökologischen Standards entlang der Lieferketten in ein Gesetz zu gießen.

Im September haben sich 230 katholische Bischöfe aus 43 Ländern, darunter auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing, hinter die Forderung nach einer „Sorgfaltspflicht für globale Lieferketten“ gestellt. Selbst die Liste der Unternehmen wächst, die solch eine gesetzliche Pflicht fordern. In einer Erklärung verweisen 65 Unternehmen unter anderem darauf, dass ein Gesetz zu Rechtssicherheit und gleichen Wettbewerbsbedingungen beitragen würde.

Die Bundesregierung täte gut daran, sich an ihren eigenen Absichten messen zu lassen. Profit durch Ausbeutung, Gewinne ohne Moral sind keine guten Gewinne. Deutschland als Exportweltmeister lebt vom globalen Handel und muss an diesem Punkt vorangehen. Damit Schokolade auch den Kindern in Westafrika eines Tages im Mund schmilzt und ihnen ein gutes Gefühl gibt.