Anzeige
Anzeige
Mütter

Warum Mütter eine gute Kinderbetreuung brauchen

Auf einer Zeichnung steht eine Frau mit hängendem Kopf und einer Aufziehschraube im Rücken.
gettyimages/VectorMine
Bitte einmal neu aufziehen: Wenn das mit dem Kraft tanken nur so einfach wäre.

Blumen, ein gemaltes Bild. Das sind schöne Aufmerksamkeiten. Tatsächlich brauchen Mütter aber Betreuungsmöglichkeiten für ihr Kind.

Wenn Laura aus ihrem Alltag erzählt, wird schnell deutlich, warum sie zur Rehabilitation in der Klinik Werraland in Bad Sooden-Allendorf ist. Die Mutter von drei Kindern ist erschöpft. „Ich stehe um 6 Uhr auf, dann habe ich einen Moment der Ruhe“, erzählt die 26-Jährige, die ihren richtigen Namen nicht veröffentlicht sehen möchte.

Was ab 6.30 Uhr folgt, ist eine dichte Abfolge von

  • Kinder wecken
  • anziehen
  • Frühstück machen
  • mit den Kindern unterwegs sein

Wenn sie ihre sechsjährige Tochter in die Kita bringt, muss sie die vierjährige Tochter und den fast zweijährigen Sohn mitnehmen. Die beiden jüngeren Kinder bringt sie wieder mit nach Hause, denn sie haben keinen Kita- oder Krippenplatz.

Von Mental Load sind vor allem Mütter betroffen

Und was keiner sieht: Während all dessen läuft Lauras Kopf auf Hochtouren, sie plant, organisiert, überlegt, was alles noch erledigt werden muss: Geschenk für den Kindergeburtstag kaufen, Essensplan erstellen, Schulhefte kaufen, Arzttermine wahrnehmen, Fahrgemeinschaft zum Sport organisieren und und und.

Es scheint so als habe Laura eine permanent ratternde Liste im Kopf, mit der sie den Familienalltag aufrechterhält. Mental Load, nennen dies Fachleute Gemeint sind damit die vielen unsichtbaren To-dos, die Mütter täglich abarbeiten. Unter Mental Load leiden vor allem Frauen. Grund dafür scheint ihre Sozialisation zu sein: Frauen wird bis heute eingeprägt für den Familienalltag verantwortlich zu sein. Und das ganz unabhängig von der Tatsache, ob und wie viel sie erwerbsmäßig arbeiten.

Mütter sind immer früher erschöpft

Laura lebt in einem Dorf in Niedersachsen. Sie und ihr Mann haben sich direkt nach der Geburt ihrer Kinder für einen Kitaplatz beworben, genützt hat das wenig. Für die Vierjährige gab es vor ein paar Monaten von der Kommune das Angebot für einen Zweistundenplatz in der Mittagszeit in zwölf Kilometern Entfernung.

Die Mutter hat es ausprobiert. Sie musste die ältere Tochter früher von der Kita abholen, um pünktlich in der Einrichtung für die Jüngere anzukommen. Während der Eingewöhnung mussten die Geschwisterkinder im Auto sitzen bleiben, weil sie nicht mit in die Kita durften. „Das war zu stressig, wir haben das abgebrochen.“ Zumal es sich auch im Idealfall kaum gelohnt hätte, nach Hause zu fahren und zum Abholen wieder mit den Kindern pünktlich zurück zu sein. Man habe ihr daraufhin gesagt, nun stehe sie auf der Warteliste wieder hinten. Laura klingt verzweifelt und auch wütend.

Ohne Kinder einkaufen, ist Luxus

Sie verbringt ihre Tage mit:

  • Essen zubereiten
  • mit den Kindern spielen
  • sich um die Schwiegereltern kümmern
  • dem Haushalt

Erschwert ist das Familienleben durch die Neurodermitis einer Tochter. „Ich muss extra für sie kochen, laufe von Arzt zu Arzt und niemand kann helfen“, sagt Laura. Ihr Mann geht morgens um 4 Uhr aus dem Haus und ist um 15 Uhr zurück. „Er ist müde, wenn er nach Hause kommt“. Manchmal geht sie abends um 20 Uhr, wenn die Kinder im Bett sind, alleine einkaufen: „Das ist dann Luxus.“

Was sie am dringendsten braucht? „Einen Kitaplatz“, sagt sie. Dann könne sie auch wieder in ihrem Beruf als Pflegeassistentin arbeiten.

Eltern-Kind-Kuren

Eine Mutter- oder Vater-Kind-Kur ist eine stationäre medizinische Behandlung für Mütter und Väter, die aufgrund ihrer familiären Situation gesundheitlich belastet sind. Die Mutter oder der Vater werden dabei von ihren Kindern begleitet. Dennoch hat die Kur vor allem die gesundheitliche Genesung und Erholung des Elternteils zum Ziel. Die Kinder werden tagsüber betreut. Der Aufenthalt dauert drei Wochen. Eine Kur muss von einem Arzt oder einer Ärztin verschrieben werden. Die Werralandklinik ist eine Adresse in Hessen. Anbieter von Kuren sind die Diakonie Hessen oder das Müttergenesungswerk.

Laura ist kein Einzelfall. „Frauen brauchen Entlastung durch Kinderbetreuung“, betont Anette Kiss, Leiterin der Psychosozialen Abteilung der Klinik Werraland. Die Klinik ist Mitglied der Diakonie Hessen. Nach deren Angaben bietet die Klinik als einzige in Hessen Mutter-Kind- und auch Vater-Kind-Kuren an.

Arbeit in der Familie

Psychologin Anette Kiss verweist den „riesigen Fachkräftemangel“ in Kita, Hort und Grundschule. Diesen Mangel führt sie auf fehlende Anerkennung sowie schlechte Bezahlung zurück und bedauert die Folgen für Familien, vor allem für Frauen. Daran ändere auch der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nichts.

„,Carearbeit‘ braucht Anerkennung“, sagt Kiss und fordert eine bessere Aufteilung der Arbeit in den Familien zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit. Noch immer berichteten die Frauen in der Klinik, dass sie sich um die Kinder kümmern und die Männer ihrem Beruf nachgingen, weil diese mehr verdienen. Obwohl die meisten Mütter einen Beruf haben, wirke das traditionelle Mutterbild weiter fort.

Ein Ziel der Klinik sei es es, den Frauen zu vermitteln, das Kinder keine perfekten Mütter brauchen. Sie müssten auch nicht rund um die Uhr verfügbar sein, sagt Kiss. Dann, wenn sie sich um die Kinder kümmern, sollten sie ihnen Eltern allerdings die volle Aufmerksamkeit schenken.

Als Elternteil von Social Media nicht unter Druck setzen lassen

Erschwert werde das Leben von Müttern auch durch die Sozialen Medien, merkt die Psychologin an. Die perfekte und heile Welt, die auf vielen Plattformen präsentiert werde, entspreche nicht der Wirklichkeit. Aber sie setze die Mütter unter Druck. Sie hätten das Gefühl, etwas nach außen transportieren zu müssen, was nicht vorhanden sei. „Sie wollen, dass in ihren Familien auch alles so hübsch und harmonisch ist“, wie in den Videos der Influencerinnen.

Als Beispiel nennt Kiss die Regenbogentorte, die zum Kindergeburtstag aus mehreren verschieden eingefärbten Tortenböden zusammengesetzt wird. „Die Frauen sollten besser mal fünf Muffins kaufen, als viel Zeit für die perfekte Regenbogentorte zu opfern“, empfiehlt sie.

Eltern erschöpft, wenn Kinder noch nicht mal zwei Jahre alt

In der Klinik stelle man fest, dass die Frauen heute früher kommen als vor einigen Jahren. „Die Erschöpfung setzte ein, wenn die Kinder etwa drei Jahre alt waren. Heute sind Frauen soweit, bevor ihre Kinder zwei Jahre alt werden“, sagt Kiss. Derzeit sei das jüngste Kind in der Klinik acht Monate alt.

In der  Klinik Werraland  bleiben Mütter oder auch Väter mit ihren Kindern in der Regel drei Wochen. „Sie können hier eine Pause machen, Kraft schöpfen und sich neu sortieren“, sagt Kiss.

Pause machen, Kraft tanken, neu sortieren

Die Zeit von Laura in der Klink ist fast vorbei. Ob sie sich erholt habe? Eigentlich kaum, sagt sie bedrückt. Ihre vierjährige Tochter sei selten in der Kinderbetreuung geblieben. Durch den fehlenden Kitaplatz und ihre Erkrankung sei sie stark auf die Mutter fixiert. Ohne baldige Eingewöhnung in eine Kita werde das immer schlimmer, befürchtet Laura.

Eines habe sie sich allerdings vorgenommen: Sie wolle mit ihrem Mann sprechen, damit er die Kinder täglich eine Stunde übernimmt.

Du magst Hintergrundgeschichten wie die zum Muttertag? Oder kennst eine Mutter, die eine Stärkung braucht? Dann teile doch diesen Artikel über deine oder unsere Social-Media-Kanäle: 

Instagram

Facebook oder

Twitter.