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Oratorium EINS

Zu Besuch bei der Aufzeichnung einer Uraufführung

Oratorium EINS: Orchester, Chor und Schauspiel trotz Corona zum Kirchentag 2021
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Corona macht es möglich, schon vor der Uraufführung kannst du dabei sein und einen Blick hinter die Kulissen einer Musik-Produktion werfen.

von Jörg Echtler

Konzentration und Anspannung liegen in der Luft. Immer wieder, oft nach nur wenigen Takten, muss Dirigent Valentin Kunert abbrechen, weil die Klänge nicht zusammenstimmen. Wir sind zu Gast bei der Generalprobe des Oratoriums EINS.

 

Was ist ein Oratorium?

Ein Oratorium ist eine mehrteilige, episch-dramatische (meist kirliche) Komposition für Chor, Solo-Sänger:innen und Orchester. 

Generalprobe unter strengen Corona-Auflagen

Musiker und Musikerinnen der Neuen Philharmonie Frankfurt, eine fünfköpfige Band, Chorsänger und Solisten sitzen und stehen in weiten Abständen. Es sind rund 50 Personen in einem Saal der Frankfurter Messe. Normalerweise passen hier mehrere hundert Menschen Platz.

Jakob Haller ist Referent beim 3. Ökumenischen Kirchentag
Jörn von Lutzau
Jakob Haller ist Referent beim 3. Ökumenischen Kirchentag

Wir sind bei der letzten und entscheidenden Phase dabei, denn die Produktion unter Corona-Schutzauflagen ist eine Herausforderung für alle Beteiligten. „90 Minuten Musik in zwei Tagen proben und aufzeichnen – eigentlich ein Unding“, sagt Jakob Haller. Er ist Kulturreferent für den Dritten Ökumenischen Kirchentag. Der Kirchentag hat dieses Musikwerk beauftragt. Er ist sich sicher: „Das wird ein Zeitzeugnis dieses Jahres.“

Der vermeintlich weltweit größte ökumenische Chor

Warum? Weil das Oratorium den weltweit größten ökumenischen Chor zusammenbringen soll. Ein 80-köpfiges professionelles Ensemble soll das Rückgrat der Aufführung bilden. Außerdem sind Erwachsenen-, Kinder- und Bläserchöre aus ganz Deutschland zur Teilnahme eingeladen, und auch das Publikum soll mit einstimmen.

Eugen Eckert
Jörn von Lutzau
Eugen Eckert

„Ein großes Oratorium zum Mitsingen und Mitspielen“, sagt Textdichter Eugen Eckert. Hinter dem Musikstück steckt ein ökumenisch besetztes Viererteam. Für den Text ist auch der Franziskanerpater Helmut Schlegel zuständig. Beide haben schon hunderte geistliche Lieder geschrieben. Unterstützt werden sie vom Frankfurter Organist und Chorleiter Peter Reulein und der Kirchenmusiker Bernhard Kießig. Die gemeinsame Arbeit an einem Werk ist komplex aber auch reizvoll und spiegelt wiederum die Kernbotschaft wider. „Wir gehen den Weg der Ökumene exemplarisch miteinander“, sagt Reulein dazu.

Biblische Botschaft im Oratorium

Eine zentrale biblische Aussage fanden Eckert und Schlegel im vierten Kapitel des Epheserbriefes, in dem der Schreiber die Gemeinde auffordert, die „Einheit des Geistes“ zu wahren und den „Frieden, der euch zusammenhält“ beschwört. Im Anschluss sind die Kernstücke der Gemeinsamkeit auf die berühmte Formel gebracht: „Ein Gott – ein Glaube – eine Taufe“.

Dirigent Valentin Kunert bei der Generalprobe in der Frankfurter Messe
Jörn von Lutzau

Ausgehend vom Konflikt zwischen Juden- und Heidenchristen in der Urgemeinde haben die Autoren ihre Geschichte entwickelt: Zwei Erzählerinnen führen durch die Geschichte. Junia ist im Römerbrief als „Stammverwandte“ und „berühmt unter den Aposteln“ benannt. „Sie ist eine Galionsfigur der feministischen Theologie“, erläutert Eckert. Im Oratorium EINS wird sie zur Protagonistin für die Rolle der Frau in der Kirche (ein Hauptthema der Ökumene, wie auch die Aktivitäten von „Maria 2.0“ zeigen).

Anna Prokop
Jörn von Lutzau
Anna Prokop alias Julia

Als modernes Pendant tritt Julia auf, eine Journalistin, die über Botschaft und Vision der Christen berichten soll und sich mit ihren kritischen Fragen auf Zeitreise begibt. Männliche Hauptfiguren sind die Apostel Petrus und Paulus. Sie beziehen Position zu den Anfragen der Frauen und tragen den für die Kirchengeschichte so zentralen Gegensatz zwischen „Gesetz“ und „Freiheit“ aus.

Die Dramatik, die sich daraus entwickelt, kulminiert in der Szene der Steinigung des Stephanus. Dem gegenüber stehe, so Eckert,  die Frage Martin Niemöllers: Was würde Jesus dazu sagen?

Wie lange können sich die Kirchen den Dissenz noch leisten?

Mit dem Appell „Lasst uns eins sein“, der Hoffnung und dem Ziel der Ökumene aus Sicht der Autoren, schließt das Oratorium.

Oratorium soll zum Mitsingen einladen

Musikalisch mischen die beiden Komponisten klassische Idiome mit Elementen aus Jazz, Rock, Folklore und Klezmer. Vielfältige Übergänge und Mischungen machen das Zuhören reizvoll. Der Chor spielt eine zentrale Rolle. Stücke wie der Choral „Sonne der Gerechtigkeit“ haben einen hohen Mitsingfaktor. Die sinfonische Orchestrierung klingt teilweise an Filmmusik an und gibt eine Ahnung davon, welche Wirkung das Stück im Stadion wohl gehabt hätte.

Wie die Corona-Pandemie Proben & Uraufführung verändern

Nun feiert der Ökumenische Kirchentag vom 13. Bis 16. Mai zwar in Frankfurt, aber sehr reduziert und größtenteils digital und dezentral. Das betrifft in großen Teilen das Kulturprogramm und damit auch das Oratorium.

Musiker und Musikerinnen der Neuen Philharmonie Frankfurt
Jörn von Lutzau

Das Oratorium EINS soll als Beitrag und nach dem Willen der einladenden Kirchen – Bistum Limburg und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) – aber zum Klingen kommen. „Wir wollten auf keinen Fall resignieren“, betont Eckert. „Wir versuchen, die Spielräume zu nutzen, die noch bleiben.“ Die gewohnten Arbeitsabläufe funktionierten nicht mehr, ergänzt Komponist Reulein. Man müsse sich auf neue Herausforderungen einlassen. „Ziel ist, ein Ergebnis zu produzieren, mit dem alle zufrieden sein können.“

So wird nun also eine gekürzte Version als Film produziert und am 14. Mai, dem Kirchentagsfreitag, online gezeigt. „Wir geben der Musik Bilder mit“, sagt Uwe Hausy. Er ist Referent für Spiel und Theater im Zentrum Verkündigung der EKHN. „Etwas, das sich anzuschauen und anzuhören lohnt.“ Außerdem sende die Oratorienproduktion auch ein Signal in die von der Pandemie dramatisch beeinträchtigte Kulturszene, sagt Kulturreferent Haller. „Musiker und Techniker sind froh, endlich mal wieder arbeiten zu dürfen.“