Flüchtlinge

Musik schenkt ukrainischen Kindern ein bisschen Frieden

Ein Kinderchor mit ukrainischen Jungen und Mädchen singt Lieder in einer Kirche.
Valentin Teufel
Geflüchtete Jungen und Mädchen aus der Ukraine treten in Deutschland mit Liedern aus der Heimat auf.

Die Flucht aus der Ukraine belastet geflüchtete Kinder. Eine Musikerin hilft ihnen, wenigstens für einen Moment ihre Sorgen zu vergessen.

von Valentin Teufel

Im Hochtaunuskreis, ihrer neuen, vorübergehenden Heimat, sind Tatiana Ilchenko und ihre älteste Tochter Dascha in Sicherheit. In ihrer Heimat sind sie es nicht.Denn in der Ukraine sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs Luftalarm, Raketenbeschuss und Nächte in Bunkern zur Realität geworden.

Tatiana Ilchenko (rechts) und ihre Tochter Dascha (links)
Valentin Teufel
Tatiana Ilchenko (rechts) und ihre Tochter Dascha (links) sind aus der Ukrainie geflohen. In Deutschland leiten sie einen Chor.

Tatiana Ilchenko wollte dieses Leben nicht für sich und ihre Kinder: Gemeinsam verließen sie bereits kurz vor Kriegsbeginn das Land. Doch auch in Deutschland prägt der russische Angriffskrieg ihr Leben. Viele Nachrichtenchats auf dem Smartphone kreisen um die Fragen: Lebt ihr noch? Wird irgendwo Hilfe benötigt? Braucht ihr was?

Das Leben als Kriegsflüchtlinge

Die Kommunikation mit der Heimat ist wichtig. Davon profitiert auch ein hessischer Chor: Die unter anderem von Ilchenko geleitete Volksliedgruppe „Bozhedary” erhält für den Kinderchor nämlich Unterstützung aus der Ukraine. Von dort kamen Pakete mit traditioneller Kleidung - um den nach Deutschland geflücheten Kindern ein Heimatgefühl zu geben.

Tatiana Ilchenko versammelt bis zu 40 Kinder, um mit ihnen jede Woche Musik zu machen. Dann vergessen sie für eine kurze Zeit die Wirren des Kriegs in ihrer Heimat und die Sorgen. Vor kurzem kamen für einen Kurzbesuch sogar Kinder aus der Ukraine für ein gemeinsames Konzert. Nicht alle Familien können dauerhaft aus der Ukraine flüchten.

Chorleiterin Ilchenko sieht ihre Situation in Deutschland pragmatisch, jammert nicht und blickt sogar hoffnungsvoll in die Zukunft:

Wenn ich keine Hoffnung habe, wäre es schwer weiterzuleben.

Ihr Antrieb: „Ich habe verstanden, dass ich helfen muss, wo ich kann.” Hilfe anbieten in einem Lebensabschnitt, indem sie auch viel Unterstütung empfängt: „Ich bin einfach nur dankbar, dass wir in Deutschland so viel Hilfe bekommen.” Mit ihren Kindern ist sie in Bad Homburg untergekommen. Dort wird sie so lange bleiben, wie der Krieg eben dauert.

Doch ein Projekt, wie so ein großer Kinderchor, ist ohne Unterstützung nicht möglich. Und so kam die evangelische Kirche um Pfarrer Dietmar Diefenbach aus Bad Homburg ins Spiel. Er organisierte Proberäume, kümmerte sich um den Chor - auch finanziell.

Unterstützung für ukrainische Geflüchtete

Dabei nutzte er seine Kontakte zum Frankfurter Private-Equity-Unternehmen Vertevis. Die Tochter von Vertevis-Gründerin, Sheeza Sukhera, beschreibt das Engagement der Firma: „Jeder Mitarbeiter soll bei uns ein Teil seiner Arbeitszeit in soziale Projekte stecken. Als wir von dem Kinderchor gehört haben, sind wir direkt auf Suche nach Geld gegangen.“

Weniger Spenden für Menschen aus Ukraine

Spenden einzutreiben sei schwieriger geworden, berichtet sie. Außerdem sei es für manche schwierig, sich mit heiklen Themen, wie dem Nahostkonflikt, dem Erdbeben in der Türkei oder dem russischen Angriff auf die Ukraine auseinanderzusetzen.

Die Menschen, die in der Ukraine wohnen oder aus der Ukraine stammen haben keine Wahl. Die Jugendlichen des Chors sprechen regelmäßig über den Krieg, berichtet Tatianas Tochter Dascha: „Wir lesen andauernd irgendwelche Nachrichten. Mit den Kleineren sprechen wir nicht darüber, aber die Älteren verstehen natürlich die Situation", erzählt sie über die Chorproben. Sie fügt an:

Es ist schwer momentan hier zu leben, während die Leute in der Ukraine sterben.

In Kiew wurde Dascha geboren. Bis zu ihrem 14. Geburtstag hat sie dort gelebt. „Als ich hierhergekommen bin, konnte ich nicht Hallo und Tschüss sagen”, sagt sie in fast akzentfreiem Deutsch.

Die Kinder singen voller Inbrunst und Leidenschaft die ukrainischen Lieder. In den Proben und bei den Konzerten entsteht für die Besucher und Besucherinnen kurz der Eindruck, als sei die Welt in Ordnung. Für die kleineren Chormitglieder ist es das auch, sie verstehen die Zusammenhänge noch nicht vollends. Doch die Jugendlichen wissen genau: Ohne diesen Überfall der Russen wären wir wohl nicht im Hochtaunuskreis zu Gast, sondern immer noch in Kiew, Charkiw, Petrow oder Luhansk. Daheim eben.

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