Soziales

Ein Dorf macht's vor: Ein inklusiver Spielplatz für alle

Levin, Quentin und ihr Bruder in einer Nestschaukel
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Die Nestschaukel ist ein inklusives Gerät auf dem Spielplatz.

Endlich ohne Hindernisse spielen: Der neue Spielplatz in Dreieich-Götzenhain macht Kindern im Rollstuhl Spaß und entlastet ihre Eltern.

Große Pfützen und matschiger Boden sind auf Spielplätzen normal. Nach einem Ausflug können Eltern ihre Wohnung erstmal putzen. Das erzählt jedenfalls Michelle Steinhäuser. Sie ist Mama von drei Söhnen.

Zwei Jungs im Rollstuhl
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Quentin und Levin (von links) sind durch ihre Rollstühle mobil unterwegs.

Während die meisten Kinder zu jeder Jahreszeit auf dem Spielplatz toben können, müssen Kinder im Rollstuhl an nassen Tagen oft zuhause bleiben. Ohne feste Wege können sie nicht zu den Geräten hin. 

Fehlende Spielplätze für Kinder mit Behinderung

So wie Michelle geht es vielen Familien. Laut einer Untersuchung der Aktion Mensch von 2023 sind rund 80 Prozent der Spielplätze in Deutschland so gebaut, dass Kinder mit Behinderung nur zuschauen können. Besonders problematisch: Wenn Sand und Hackschnitzel am Boden liegen.

Nur zwei Prozent der Plätze habe befahrbare Wege, sagt Sprecherin Christina Marx. Gegenüber dem evangelischen Pressedienst (epd) betont sie, dass „das Thema Inklusion auf Spielplätzen mehr ins Bewusstsein rückt“, aber sie kritisiert auch: „In der konkreten Umsetzung passiert immer noch viel zu wenig.“

Wie ein barrierefreier Spielplatz entsteht

Nicht so in Götzenhain: Hier hat sich für Michelle und ihre Zwillinge Levin und Quentin etwas massiv verändert. Der Spielplatz wurde umgebaut. Das Motto: „Hier soll jedes Kind Spaß haben – egal, ob es im Rollstuhl sitzt oder nicht“. So entstand ein barrierearmer Ort: Mit neuem Bodenbelag und Geräten, die alle Kinder nutzen können.

Michelle Steinhäuser vor weißer Wand
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Michelle Steinhäuser ist die Mutter von drei Söhnen. Zwei von ihnen sitzen im Rollstuhl.

Levin kann mit Mamas Hilfe laufen und konnte so vorher schon einige Spielgeräte nutzen. Sein Bruder Quentin hingegen „roppte“ beim Spielplatzabenteuer nur durch Sand und Gras, erzählt Michelle.

Herausforderung Spielplatz für die Familie

Auch für Michelle war es eine Herausforderung: ein Kind auf den Geräten unterstützen, gleichzeitig aufpassen, dass das andere nicht „irgendwo steckenbleibt oder heulend liegt“. Und dann hat sie noch ihren dritten Jungen, der nicht im Rollstuhl sitzt.

 

Ich gehe ungerne alleine auf den Spielplatz.

Michelle Steinhäuser

Deswegen hat sie versucht, immer eine andere Mutter oder ihren Mann mitzunehmen.

Dass Spielplätze für Kinder mit Behinderung oft nicht nutzbar sind, zeigt auch das Beispiel von Metin aus Düsseldorf. Er ist zehn Jahre alt, fährt Rollstuhl – und findet in seiner Stadt mit 430 öffentlichen Plätzen kaum einen, den er nutzen kann.

Warum Inklusion wichtig ist

Metin sitzt im Rollstuhl und pumpf an einem der Wassergeräte Wasser.
epd-bild/Guido Schiefer
Metin spielt auf dem Wasserspielplatz im Düsseldorfer Zoopark.

„Wenn ich mit Freunden auf den Spielplatz gehe, sehe ich Schaukeln im Sand. Da komme ich nicht dran. Oder eine Wasserpumpe mit Stufen – da habe ich keine Chance“, erzählt er.

Fachleute betonen: Inklusion heißt nicht, Sondergeräte für Kinder mit Behinderung aufzustellen. Entscheidend sei, dass Spielgeräte so gestaltet werden, dass alle Kinder sie nutzen können. „Es muss nicht jeder alles können, aber es muss für jeden etwas dabei sein“, sagt Roland Koenig, Planer von Spielplatzgeräten dem epd.

Ein Ort der Begegnung

Die Kirche in Götzenhain ist für alle da, sagt Ulrike Lenz vom Kirchenvorstand. Und auch der Spielplatz ist ein wichtiger Ort der Begegnung. Sie will, dass alle Kinder den Ort nutzen können. Eltern mit behinderten Kindern sollen auch mal loslassen können. Sie sollen beobachten, wie ihre Kinder von anderen Kindern aufgenommen werden.

Kinder zeigen sich sorgsam und unterstützend gegenüber behinderten Kindern.

Ulrike Lenz

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Bundesweit zeigen Beispiele: Wo inklusive Spielplätze existieren, werden sie gut angenommen. Sie sind nicht nur Treffpunkte für Kinder, sondern auch für Familien – und tragen dazu bei, dass Vielfalt im Alltag selbstverständlich wird.

Mit anderen Eltern zu quatschen, ist sehr wichtig, sagt Michelle Steinhäuser. Auch ihre Kinder können auf dem Spielplatz Freundschaften schließen. Deswegen findet sie es gut, dass sich die Gemeinde für inklusive Orte einsetzt. So wird das Thema auch in der Gesellschaft präsenter.

Banner mit Aufschrift der Kampagne "Inklusion für Alle"
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Die Kirchengemeinde Götzenhain hat den Umbau des Spielplatzes vorangetrieben.

Seit Mai 2025 ist der neue Spielplatz geöffnet. Bei der offiziellen Eröffnung in der Rheinstraße probierten Kinder und Eltern die sieben neuen Inklusionsgeräte aus – vom Sandspieltisch bis zur Nestschaukel. „Es war einfach nur schön, die Kinder zusammen spielen zu sehen“, sagt Vanessa Bauch von der Kirchengemeinde. Im Juni folgte ein großes Spielfest mit Familiengottesdienst, Spielmobil und buntem Programm.

Für Michelle Steinhäuser ist besonders der neue befestigte Weg ein Gewinn. So können die Jungs selbstständig auf dem Spielplatz rumfahren und barrierefrei mit anderen Kindern spielen sowie Freundschaften schließen