Anzeige
Anzeige
Umgang mit Schlechten Nachrichten

Doomscrolling: Die Sucht nach Bad News

Auf der Suche nach schlechten Nachrichten
gettyimages / fizkes

Kriege, Klimakrise, Inflation: Eine schlechte Nachricht nach der anderen, aber du scrollst trotzdem weiter. Das kannst du gegen „Doomscrolling“ tun.

Mann sitzt am Handy und macht Doomscrolling
red
Doomscrolling ist wie eine Sucht

Du kennst das bestimmt: Du scrollst von einer schlechten Nachricht zur nächsten: neue Nachrichten zum Israel-Konfilkt, Ukraine-Krieg, zur Klima-Krise, oder zur Inflation... Die ganze Welt besteht gefühlt aus Krisen. Lauter „Bad News“ auf deinem Smartphone. 

Und deine Aufmerksamkeit ist viel Wert, denn Zeit ist die Währung des Internets. Du folgst dem Sog der schlechten Nachrichten. Ein ernüchternder Beitrag folgt auf den nächsten, und hinter jeder Verlinkung zu einem anderen Artikel versteckt sich ein neuer Angstmacher.

Das nennt sich: Doomscrolling.

Person im Bett starrt aufs Handy und hat massive Augenringe und miese Laune
gettyimages/Micah Watson

„‚Doom“ heißt so etwas wie ‚nahender Untergang‛ und „Scrolling“ beschreibt die Wischbewegung, die wir machen, um unser Smartphone zu bedienen‟, erklärt die Technikethikerin und Sozialwissenschaftlerin Paula Helm von der Universität Tübingen.

Doomscrolling: Die Sucht nach Bad News

Zusammengenommen beschreiben die Wörter die ständige Suche nach und den konstanten Konsum von deprimierenden Medieninhalten. Die Wortneuschöpfung hat mit der Corona-Pandemie rasant Karriere gemacht. Und das Phänomen ebbt nicht ab: Kriege, Klimakatastrophen, Inflation, Rechtsruck - eine angstmachende Nachricht folgt auf die Nächste.

Was tun gegen Doomscrolling & den Sog der schlechten Nachricht?

Smartphone-Regeln gegen das Doomscolling

Mach dir selbst Regeln für dein Smartphone-Verhalten. Das könnte zum Beispiel so aussehen:

  • Die erste halbe Stunde am Morgen nicht aufs Smartphone schauen. 
  • Gezielt positive Nachrichten suchen.
  • Nachrichten nur bei bestimmten Anbietern konsumieren.
  • Feste Zeiten für Nachrichten einplanen. 

Vielleicht ist es einen Versuch wert morgens das Gerät NICHT als erstes in die Hand zu nehmen, sondern mindestens eine Stunde Digital Detox, bevor der Tag startet? Und wenn dann das Smartphone an ist, überlege dir genau: Was tut dir gut?

Manchen Menschen hilft das sogenannte Gleefreshing (Englisch für: „Entzücken neu laden“). Dabei konsumierst du gezielt nur positive Nachrichten.

Ein weiterer Tipp: Begrenze die Nutzung bestimmter Apps zeitlich.

Gute Nachrichten zum Ausgleich

Gefährliche Entwicklungen in der Welt zugunsten der psychischen Gesundheit der Menschen zu verschweigen, gehe natürlich nicht, sagt die Kölner Cyberpsychologin Catarina Katzer. Gleichzeitig sei Angst aber kein guter Ratgeber“. Suche aktiv nach guten Nachrichten, um deine Stimmung zu heben. Es gibt so viele positive Dinge in der Welt, du findest sie nur oft nicht. 

Warum wir es lieben, nach schlechten Nachrichten zu suchen

Deshalb machen wir Doomscrolling

Doomscrolling ist laut Catarina Katzer kein neues Verhalten. „Es ist unser Instinkt, nach negativen Nachrichten zu suchen‟, erklärt sie. Nur wer wisse, welche Gefahren drohten, könne der Steinzeitlogik nach entsprechende Schutzmechanismen entwickeln.

Zu viele schlechte Nachrichten im Netz

Bei der großen Menge an bedrohlichen Nachrichten im Internet habe es heute aber einen gesundheitsschädlichen Effekt, diesem Instinkt zu folgen, erklärt Katzer. Weil die ganzen Informationen langfristig zu einer kognitiven Überlastung führten, habe sich eine „Häppchenmentalität“ entwickelt.

„Studien haben gezeigt, dass wir nur zehn bis fünfzehn Prozent der Inhalte im Internet überhaupt lesen", sagt sie. Dabei filtere das Gehirn ganz gezielt nach negativen Meldungen.

Schlechten Nachrichten bedeuten Stress

Dass der übermäßige Konsum schlechter Nachrichten Stress verursacht, zeigte schon eine Studie von Forscherinnen der University of California aus dem Jahr 2013. Darin untersuchten sie die Auswirkungen der Berichterstattung über den Anschlag auf den Boston-Marathon.

Ihr erstaunliches Ergebnis: Befragte, die sich in der Woche nach dem Angriff täglich sechs oder mehr Stunden der Berichterstattung über das Ereignis aussetzten, fühlten demnach sogar mehr akuten Stress als die Menschen, die den Anschlag direkt miterlebt hatten.

In einer weiteren Studie, organisiert unter anderem von der Harvard School of Public Health, berichtete etwa ein Viertel der mehr als 2.500 befragten US-Amerikanerinnen und -Amerikaner von großem Stress im vorhergegangenen Monat. Als einen der stärksten Verursacher dieses Stresses nannten sie den Konsum von Nachrichten.

Doomscrolling passiert unterbewusst

Dass viele Menschen dennoch das Smartphone nicht aus der Hand legen können und keinen Weg aus der unendlichen Reihe der schlechten Nachrichten finden, hat verschiedene Gründe.

Zum einen sei die Wischbewegung beim Scrollen für die meisten Menschen eine routinierte und unterbewusste Tätigkeit geworden, sagt die Tübinger Sozialwissenschaftlerin Helm.

Suchtpotenzial von Social Media

Zum anderen programmierten Social-Media-Plattformen wie Facebook ihre Algorithmen so, dass die Nutzer:innen möglichst lange auf der Seite blieben. Erreichen lasse sich dies am besten durch „Hype und Empörung“: „Schreckensnachrichten und Polarisierung fesseln die Menschen am besten“, sagt sie.

Doomscolling wissenschaftlich

Obwohl uns die Nachrichten eher die Laune verderben, klicken wir dennoch auf sie. Doomscrolling ist nichts anderes als „das verdammte Scrollen“.  Die Studien über das Doomscrolling zum Weiterlesen:

Studie zum Doomscrolling Bosten

Doomscrolling-Studie von Harvard

Bloß keine Nachricht verpassen

Dazu komme der Druck, konstant informiert sein zu müssen, sagt Psychologin Katzer. „Es wird erwartet, dass jeder sofort auf Neues reagieren kann.“ Seien Menschen nicht auf Nachrichtenseiten unterwegs, hätten sie das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen.

Gleichzeitig seien Neuigkeiten, die gerade noch aktuell waren, schnell wieder überholt. Daher verstärkte die Corona-Krise das „Doomscrolling“: „Allein bei den ganzen Pressekonferenzen ist es unmöglich, alles mitzubekommen", sagt Katzer.

Hoffnung auch in den sozialen Medien

Was macht dir Hoffnung? Welche Nachricht hat dich in den letzten Tagen positiv berührt? Und welche Erfahrung hast du bisher mit Doomscroling gemacht? Wir hören dir zu! Schreibe uns auf

Instagram
Facebook oder
Twitter.