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Beautyfilter auf TikTok

Psychologin warnt vor Filter „Bold Glamour“

Junge Frau macht ein Selfie
Gettyimages/AleksandarNakic

Der neue Beautyfilter „Bold Glamour“ auf TikTok sorgt für Kritik. Zu Recht, sagt Psychologin Ada Borkenhagen.

Die Selbstdarstellung auf Social-Media hat einen Sog. Nicht nur junge Erwachsene haben damit zu kämpfen. Im Interview mit Psychologin Ada Borkenhagen wollen wir wissen: Warum sind Beautyfilter so gefährlich?

Frau Borkenhagen, was halten Sie von dem neuen Trend-Filter „Bold Glamour“ auf TikTok?

Ada Borkenhagen: Die Filter werden immer realistischer. Das wird dazu führen, dass wir noch leichter unser Idealbild von uns selbst entwerfen können. Die Versuchung ist groß, dieses Idealbild auch mit den Möglichkeiten der Schönheitsmedizin umzusetzen- und die kann das inzwischen auch immer besser. 

„Bold Glamour“ macht Frauen unsicher

Wir alle haben Idealbilder von uns selbst, also wie wir sein wollen - vor allem auch körperlich. Das versuchen wir zu erreichen. Das ist auch normal. Problematisch wird es aber, wenn es virtuell erreichbar zu sein scheint. Der Schritt, dass ich das auch im realen Leben umsetzen möchte, ist eher klein.

Für junge Frauen ist der Druck riesig.

Gerade für junge Frauen wird der Druck immer weiter erhöht. Wir können das so vergleichen: Wenn ich ein Kleid von Chanel an mir getragen sehe, kann ich es mir besser vorstellen und die Versuchung, es zu kaufen, ist viel größer, als wenn ich es nur irgendwo sehe. 

Selbstinszenierung auf Instagram

Carina und Lotte mit Beautyfilter
privat
Carina und Lotte aus dem indeon-Team probieren den neuen Filter „Bold Glamour“ aus.

Warum lassen wir uns mit Beautyfiltern so hinters Licht führen? 

Ada Borkenhagen: Bilder haben einen sehr unmittelbaren Einfluss auf uns. Durch die sozialen Medien sind wir ständig von bearbeiteten Bilder umgeben, das ist unser Vergleichsmaßstab. 

Da hilft es zwar, dass wir wissen: Da ist das und das an der Person gemacht. Aber früher war das anders, da waren Models die schönen Menschen. Da wussten wir: Das sind Ausnahmepersönlichkeiten. So wie Claudia Schiffer oder Naomi Cambell. Heute wird uns durch Influencerinnen und auch durch Frauenzeitschriften suggeriert: Die Frau von nebenan kann auch so aussehen und zwar in jeder Minute ihres Lebens.

Influencer:innen gaukeln perfektes Aussehen vor

Bei Models wussten wir, dass das Foto inszeniert ist. Influencerinnen posten aber oft Fotos in häuslicher Umgebung, im familiären Kreis, bei Freizeitaktivitäten und dadurch denken wir: So können wir im Alltag auch aussehen. Wir vergessen dann eben doch, dass das alles inszeniert ist. Influencerinnen sind täglich 24 Stunden damit beschäftigt uns eine ideale Welt vorzugaukeln. Das ist ihr Job.

„Bold Glamour“

Der neue KI-Filter „Bold Glamour“ geht gerade auf TikTok viral.  Der Beautyfilter legt einen Make-up-Effekt in die Gesichter der Benutzer:innen. Inzwischen gibt es bereits einige Influencer:innen, die den Filter kritiseren und teilweise sogar ein Verbot fordern. 

Warum ist das gerade für junge Mädchen gefährlich?

Ada Borkenhagen: Gerade junge Menschen sind ja noch in der Entwicklungsphase, wo es darum geht, eigene Werte für sich zu finden. Man orientiert sich an der Peer-Gruppe. Heutzutage gehören in diese Gruppe auch Influencerinnen.

Zur Person

Ada Borkenhagen ist Psychologin und Psychoanalytikerin in Berlin sowie Privatdozentin an der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Magdeburg. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Körperoptimierung, Schönheitsmedizin, Identitäts- und Persönlichkeitsstörungen.

 

Bei Jugendlichen spielen Vorbilder eine große Rolle. Und wenn die Idealzustände so propagieren, dann ist das ein Problem, weil man wirklich glaubt, so muss man aussehen und man nicht hinterfragt, dass das vielleicht alles Fake ist.

Wir haben ein kognitives und ein emotionales Wissen.

  • Kognitiv weiß man: Das ist inszeniert.
  • Emotional erscheint es trotzdem so, als wäre es möglich so auszusehen.

Und gerade das fotobasierte Instagram ist problematisch, da wir hier nur über Fotos kommunizieren. Wir schreiben nicht, wie es uns geht, sondern wir posten ein Foto, das zeigt, wie es uns geht.

Inszenierung und Realität kaum noch zu unterscheiden

Und durch die vielen Filter denken wir: So könnte ich aussehen. Und wenn das technisch umsetzbar ist, muss das doch auch in der Realität möglich sein. Und wenn ich ein Bild mit einem Filter poste, wächst der Druck natürlich, dass ich real auch so aussehen muss, sonst wären die anderen ja enttäuscht.

Genau das greifen Schönheitsmediziner auf. Und man kann eine Menge machen: Die Haut glätten, die Lippen vergrößern. Aber eben nicht alles.

Schönheit bedeutet nicht Glück

Ada Borkenhagen ist Psychologin in Berlin
privat
Ada Borkenhagens Forschungsschwerpunkte sind Körperoptimierung und Schönheitschirurgie.

Wie entkommen wir denn diesem „Sog“?

Ada Borkenhagen: Soziale Medien sind für uns noch relativ neu. Wir müssen immer noch lernen, mit ihnen umzugehen und sie besser zu verstehen. Dazu gehört Medienkritik im Unterricht.

Zum anderen ist es wichtig, sich auf persönlicher Ebene klarzumachen, dass ein schönes Aussehen nicht unbedingt gleich bedeutend ist mit persönlichem Glück. Das wird uns suggeriert, aber dem ist ja nicht so.

Medienkritik gehört an die Schulen.

Instagram entfernt krasse Beautyfilter

Wusstest du, dass Instagram einige, extreme Beauty-Filter aus dem Angebot entfernt hat? Die sogenannten AR-Filter lassen User:innen so aussehen, als hätten sie sich einer Schönheitsoperation unterzogen.

Man kann sich auch schnell darin verlieren, perfekt aussehen zu wollen und darüber das Leben vergessen.

Wenn mein Kind bei Instagram ist - was tun?

Eltern sollten ihren Kindern alternative Angebote machen zu den sozialen Netzwerken. Etwas anbieten, wo sie etwas erleben und Beziehungserfahrung machen können zum Beispiel im Umgang mit der Natur oder Sport. Da, wo sie etwas erleben können, was sie in der virtuellen Welt nicht können.

Wenn ich zum Beispiel Spaß bei einem Schwimmbadbesuch habe, dann komme ich in dem Moment nicht auf die Idee, mich ständig abzulichten, weil ich im Erleben drin bin. Denn darum geht es ja auf Instagram, dauernd zu zeigen, wie glücklich man ist. Aber wenn man das ständig zeigen will und Fotos davon macht, ist man ja gar nicht mehr im Erleben.

„Bold Glamour“ oder #nofilter?

Nutzt du Beautyfilter auf Instagram und TikTok? Oder siehst du das Aufpimpen von Selfies auch als problematisch? Schreib uns über unsere Social-Media-Kanäle: 

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