Steve Kröger ist einer, der sich hohe Ziele setzt – im wahrsten Sinne des Wortes: Die Besteigung der höchsten Berge aller sieben Kontinente, die sogenannten „7 Summits“. Für einen Jungen aus dem flachen Hamburger Umland ein erstaunliches Vorhaben.
Aber 2007 macht er Ernst. Die Bergbesteigungen werden zu seinem Lebensinhalt – und verändern ihn für immer.
Aufgewachsen als Sohn einer philippinischen Mutter und eines deutschen Vaters, erlebt Steve Kröger ein Zuhause voller Erwartungen: Wer gelobt werden will, muss etwas leisten: Gute Noten, sportliche Erfolge, angepasstes Verhalten – das zählt.
Ich habe früh gelernt, dass Liebe nicht bedingungslos ist.
Geliebt fühlt er sich vor allem dann, wenn er im Fußball viele Tore schießt oder sehr gute Noten nach Hause bringt.
Seine Mutter versucht, ihm als Katholikin den Glauben nahezubringen, lässt ihn taufen. Doch Steve kann damit nichts anfangen. Mit 18, frisch im Besitz des Führerscheins, fährt er als Erstes ins Gemeindebüro – um aus der Kirche auszutreten.
Ein prägendes Kindheitserlebnis bleibt: Steve ist fünf Jahre alt, sitzt auf dem Rücksitz, als sein Vater fragt: „Was willst du später einmal werden?“ Vor seinem inneren Auge tauchen zwei klare Bilder auf: schneebedeckte Berggipfel – und er selbst als Redner auf einer Bühne. Beides scheint damals unrealistisch. Er war noch nie in den Alpen, hatte noch nie einen Vortrag gehalten. Doch die Bilder bleiben – und begleiten ihn.
Zunächst führt sein Weg nicht in die Berge, sondern ins Fitnessstudio. Kröger arbeitet als Personal Trainer in Hamburg, betreut Manager und Unternehmer – Menschen mit Geld und Einfluss, die dennoch oft unzufrieden wirken. Er merkt: Hinter vielen äußeren Erfolgen steckt eine innere Leere. Das bringt ihn dazu, sich mit Motivation, Lebenszielen und Sinnfragen zu beschäftigen.
Weihnachten 2006: Kröger sitzt auf dem Sofa, als eine Dokumentation über den Mount Everest läuft. Fünf Folgen sieht er an einem Stück. Mit jeder Minute wird das alte Kindheitsbild klarer. „Ich wusste plötzlich: Das will ich machen. Ich will wissen, ob ich das kann. Und ich hatte immer die Fantasie, dass ich oben glücklich bin“, erinnert er sich.
Für dieses Ziel stellt er sein Leben um. Fast alles, was er besitzt, verkauft er. Übrig bleibt ein 35-Liter-Rucksack: zwei Jeans, fünf Unterhosen, ein Laptop, ein paar Shirts. „Ich wollte mich nur noch auf das Wesentliche konzentrieren.“ Drei Monate im Jahr ist er unterwegs: trainieren, reisen, planen. Das Projekt kostet ihn über 250.000 Euro – finanziert durch seine Arbeit als Coach und Redner und durch Unterstützung von Freunden.
Er schafft sechs der sieben Summits – nur der Mount Everest bleibt unbestiegen. Doch gerade dort erlebt er den wohl wichtigsten Moment seines Lebens.
2014 steht Kröger im Basislager des Everest, vor ihm der Khumbu-Eisbruch – eine gefährliche Passage aus instabilen Eistürmen und Gletscherspalten. Plötzlich hört er eine klare innere Stimme:
Dreh um. Es ist zu gefährlich.
Er gehorcht – ohne zu wissen, warum. Schweren Herzens bricht er die Expedition ab. Zwei Tage später fegt eine Lawine über genau diese Stelle hinweg. 16 Bergsteiger sterben. Es ist eine der schwersten Katastrophen in der Geschichte des Everest. Wäre er weitergegangen, wäre er vermutlich unter den Opfern gewesen. Damals nennt er es Intuition, heute sagt er: Das war Gott.