Wir feiern zum dreißigsten Mal die Deutsche Einheit: Einheit und Freiheit sind für uns untrennbar miteinander verbunden. „Wir sind das Volk“ – mit diesem Ruf sind die Menschen in der DDR für ihre Freiheit auf die Straßen gezogen und letztlich brachten sie damit uns allen die Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990.
Es war die friedliche Revolution, die in den Kirchen in Ostdeutschland begann. Was zunächst als Kampf für die Freiheit gedacht war, mündete schnell in der Einheit des Landes. Von der großen Mehrheit mit Tränen, Pathos und Feuerwerk gefeiert – bleibt für manche bis heute ein bitterer Beigeschmack: Sie hätten sich schlicht eine andere, eine bessere und freie Deutsche Demokratische Republik gewünscht.
Wir Demokraten müssen diese Demonstrationen aushalten. Sie bestätigen gewissermaßen unsere freiheitliche Ordnung. Aber: Mit der Freiheit verhält es sich wie mit der Gesundheit. Wenn sie uns plötzlich fehlt, spüren wir, wie wichtig sie ist. So sind populistische Demonstrationen auch wie ein Geschwür, denn einige der Demonstranten fordern nichts anderes, als die Abschaffung unserer demokratischen Ordnung.
Mit der Freiheit verhält es sich wie mit der Gesundheit: Wenn sie uns fehlt, wird es unbequem.
Freiheit und Gesundheit – beides ist für uns Menschen gleichermaßen wichtig: Das hat uns die Corona-Pandemie nochmal bizarr vor Augen geführt: Gesundheit und Freiheit – beide können schwerlich gegeneinander ausgespielt werden. Es galt abzuwägen: für Gesundheit, gegen Freiheitsrechte, für Risikogruppen, gegen Künstler und Unternehmer. Weil der Schutz der Gesundheit wichtiger gewertet wurde, als die Freiheitsrechte so mancher Kulturschaffender, Kneipenbesitzer oder Unternehmer, sind heute vielerorts Menschen in ihrer Existenz bedroht – die Folgen noch völlig unklar.
In einer freien Demokratie ist deshalb die Frage erlaubt: Ist in der Corona-Pandemie immer richtig abgewogen worden? Ich verstehe also, wenn Menschen Kritik an den Corona-Verordnungen üben – ihr persönliches Schicksal durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wiegt schwer. Trotzdem gilt es mit jeder polkitischen Entscheidung, auch die Ausbreitung des Virus zu verhindern und Risikogruppen zu schützen. Demokratie braucht Kompromisse des Handelns. Freiheit und Gesundheit – für beides gilt es gleichermaßen zu streiten. Daran erinnert uns dieser 30. Jahrestag der Deutschen Einheit in einem Jahr der Corona-Pandemie.
Die hart erkämpfte Freiheit auch während Corona hochhalten