Gesellschaft

Landwirtschaft pur: Warum Ferien auf dem Hof bei der Jobwahl helfen

Der Jugendliche Alexander Rischke kniet im Stall auf Heu und streichelt eine Kuh, während er in die Kamera blickt. Die anderen Kühe fressen Heu.
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Kühe melken, Kälber füttern: Diese Ferien auf dem Bauernhof zeigen echte Berufe. Mit „Landleben-live” lernen Jugendliche den Job als Landwirt kennen.

von Peter Dietrich

Sich in den Sommerferien nur an den Strand legen, dafür ist Alexander Rischke nicht der Typ. Stattdessen arbeitet er zwei Wochen lang auf dem Hof Rothfuß in Gäufelden-Tailfingen (Kreis Böblingen) mit

Der 16-Jährige aus Schwäbisch Hall füttert die über 50 Kühe und Kälber und hilft bei der Ernte. Oder er putzt den vollautomatischen Melkroboter, über den er sehr froh ist. Weil die Kühe sich dort rund um die Uhr melken lassen können, angelockt von Kraftfutter, beginnt der Arbeitstag des Teenagers im Stall erst um 7.30 Uhr. 

Für die Landwirtschaft früh aufstehen

Alexander erzählt von einem Bauernhof im bayerischen Altusried, in dem er schon zweimal im Ferieneinsatz war. Dort gab es einen solchen Melkroboter nicht. Deshalb musste er bereits um 6 Uhr morgens zum Melken antreten. Einen Frühaufsteherzuschlag gab es nicht, auch keinen Arbeitslohn. Die Einsätze auf dem Bauernhof sind eine sogenannte „erlebnispädagogische Maßnahme“ mit Taschengeld.

Ein Jugendlicher im grünen T-Shirt und kurzer Hose steht im Kuhstall und gibt den Kühen Heu
Evangelisches Medienhaus Stuttgart
Alexander gibt den Kühen Heu zum Fressen.

Jugendliche kommen wieder

Alexander ist nicht der erste „Wiederholungstäter“ im „Landleben-live”-Programm des Evangelischen Bauernwerks in Württemberg. Auch andere Jugendliche zieht es zurück auf den Bauernhof - entweder auf denselben oder einen neuen. 

Veronika Grossenbacher vom Bauernwerk organisiert das seit mehr als 20 Jahren mit. Jedes Jahr vermittelt sie durchschnittlich 60 bis 70 Jugendliche und junge Erwachsene an landwirtschaftliche Betriebe. Sie müssen keine Vorkenntnisse mitbringen. Neugier ist wichtig.

Landleben-live

Landleben-live ist ein Programm des Evangelischen Bauernwerk in Württemberg. Es gibt folgende Teilnahmebedingungen:

  • für Jugendliche ab 14 Jahren
  • Dauer: 2-8 Wochen
  • Zeitraum: meist in Schulferien von Frühling bis Herbst
  • Gastfamilie kümmert sich um Unterkunft & Verpflegung

Es gibt ein nach Alter abgestuftes Taschengeld.

Wenn du dir das auch mal vorstellen könntest: Die meisten teilnehmenden Höfe gibt es Württemberg, ein paar auch in Bayern. Aber: Du kannst über ein Partnerprogramm in die Schweiz gehen. 

Veronika kennt jeden Betrieb und jede Familie persönlich und führt mit jedem Bewerber ein ausführliches Gespräch. Schließlich soll der „Match“ bei der Vermittlung gut gelingen: „Was ist das für ein Typ? Wo könnte der reinpassen?“ Sie betreut die Matchs so nahtlos, dass sie nie jemanden an die Ostseeküste vermitteln würde. „Es muss so sein, dass ich bei Bedarf hinfahren könnte.“

Familie auf Zeit

Während der zwei Wochen ist Alexander ein Familienmitglied auf Zeit. Zur Familie Rothfuß gehören drei Kinder, und die achtjährige Elena freut sich über den zusätzlichen großen Bruder. Der begleitet Elena auch beim Ausritt mit ihrem Pony Susi. 

Der Teenager verbringt auch die Wochenenden auf dem Hof. Er sitzt dort aber nicht fest: Die Familie stellt ihm ein Fahrrad zur Verfügung, das er nach Feierabend für Touren in die Umgebung nutzt.

Landwirtschaft in Hochsaison unterstützen

Sein Einsatz kommt für Familie Rothfuß zur richtigen Zeit: Durch den nassen und kalten Juli 2025 hat sich die Ernte nach hinten verschoben. Alexander kam im August und konnte in der Hochsaison helfen. „Der Mähdrescher ist von sieben Uhr am Morgen bis Mitternacht unterwegs“, sagt er. 

Es ist ziemlich anstrengend, aber man kriegt es hin.


Einmal landeten die selbst geernteten Kartoffeln gleich am Mittag auf dem Teller. 

Berufsorientierung auf dem Bauernhof

Am liebsten arbeitet Alexander mit den Kühen und Kälbern, gleich an seinem zweiten Tag wurde ein Kalb geboren. Seine Freunde finden den Einsatz cool und freuen sich über lustige Geschichten, die er zu erzählen hat. Könnte er sich vorstellen, selbst Landwirt zu werden? „Das weiß ich noch nicht.“

Für manche Teilnehmer ist „Landleben-live“ eine Berufsorientierung. Besonders dann, wenn sie sich für die sich eine landwirtschaftliche oder hauswirtschaftliche Ausbildung interessieren. 

Das Programm wirkt in mehreren Richtungen nachhaltig: Manchmal entstehen Freundschaften fürs Leben, Familienfeste werden künftig zusammen gefeiert. „Es haben sich auch Partner kennengelernt, bis hin zur Ehe mit drei Kindern“, erzählt Veronika Grossenbacher.

„Landleben-live” soll Spaß machen

Es soll beiden Seiten Spaß machen“, sagt sie. Sie zitiert eine zufriedene Familie: „So einen dürfen Sie mir wieder schicken.“ Auch Kathrin Rothfuß ist mit ihrer Verstärkung zufrieden. „Für uns ist er eine Entlastung. Alex war vorher schon in einem anderen Betrieb und kam mit realistischen Erwartungen. Ich kann ihm Verantwortung übertragen.“

Ein Jugendlicher im grünen T-Shirt steht neben einer Frau und deren Tochter auf einer grünen Sommerwiese. Alexander hält einen weißen Eimer in der Hand.
Evangelisches Medienhaus Stuttgart
Alexander hat Kathrin und Elena bei der Kartoffelernte unterstützt.

Schon im Vorjahr war ein Mädchen durch „Landleben-live“ auf dem Hof Rothfuß, Alexander soll nicht der letzte Teilnehmer sein. Kathrin Rothfuß wünscht sich, dass Bürokraten in Brüssel und anderswo die Landwirtschaft genauso nah erleben würden wie diese jungen Menschen. Sie findet viele Vorschriften wüchsen ins Unendliche – und seien dabei fachlich oft wenig sinnvoll.

Kannst du dir auch vorstellen mal auf einem Bauernhof mitzuhelfen? Teile uns deine Meinung in unseren sozialen Medien mit.

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