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Klimaprotest

Letzte Generation klebt fest

Renate Haller
Kommentar von Renate Haller

Sie kleben sich auf Straßen und an Bilderrahmen. Aktivisten der "Letzten Generation" verlangen mehr Klimaschutz.

In einigen Städten haben sich junge Menschen an Rahmen alter Gemälde geklebt. In Dresden an die „Sixtinische Madonna“, einem der wertvollsten Werke der dortigen Sammlung Alter Meister. Zur Begründung erklärte die hinter der Aktion stehende Gruppe „Letzte Generation“: „Alles was uns lieb ist, wird durch die Klimakatastrophe zerstört werden.“ In Frankfurt ging es um das Bild „Gewitterlandschaft mit Pyramus und Thisbe“. In diesem Fall hieß es, das Bild stehe symbolisch für den zerstörerischen Kurs der aktuellen Politik. Damit haben die Aktivisten zum Teil leider Recht, auch wenn die Verantwortung vor allem bei früheren Regierungen liegt.

Klimaaktivisten protestieren gegen zu viele Treibhausgase

Es gibt Aufrufe zum Energiesparen, vor allem wegen der Abhängigkeit vom russischen Gas. Aber erst vergangene Woche hat der Expertenrat für Klimafragen festgestellt, dass im Gebäude- und Verkehrssektor noch immer zu viele Treibhausgase ausgestoßen werden und die Sofortprogramme nicht ausreichen, diese zu reduzieren. Die Politik kann nicht schlagartig verbieten, was schlecht ist für die Umwelt. Dem stehen wirtschaftliche Interessen entgegen und vielen Bürgerinnen und Bürgern fehlt die Einsicht, was nicht mehr geht auf diesem schönen Planeten, den wir so sehr heruntergewirtschaftet haben. Vielen Menschen macht die Klimaerwärmung aber zu recht Angst. Die Formen ihres Protestes der "Letzten Generation" mögen nicht immer richtig sein, aber sie haben allen Grund, wütend zu sein.

Autofahrer völlig entnervt vom Klimaprotesten

In die Museen kamen Polizisten und lösten die festgeklebten Menschen von den Bilderrahmen. Die Beamten wissen inzwischen wie das geht. Die bundesweit agierenden Aktivisten der „Letzten Generation“ – der Name bleibt hoffentlich symbolisch – kleben sich seit Monaten auf Straßen fest. Kilometerlange Staus mit völlig entnervten Autofahrern und -fahrerrinnen sind die Folge.

Scholz und Lindner stehen nicht in den Staus

Der Aufschrei ist laut. Der Hauptvorwurf: Mag das Anliegen der Gruppe auch noch so ehrenwert sein – ihr Protest trifft die Falschen. In den Staus stehen nicht Kanzler Olaf Scholz oder Finanzminister Christian Lindner. In den Staus stehen Menschen, die zur Arbeit müssen, die vielleicht sogar lieber mit Bus oder Bahn fahren würden. Das aber nicht können, weil der öffentliche Nahverkehr nun mal nicht gut ausgebaut ist.

Es geht der "Letzte Generation" um öffentlichen Druck

Also ja, es trifft die Falschen. Aber wo bleibt der kollektive Aufschrei, wenn Kitas wochenlang dicht sind, weil die Mitarbeitenden für bessere Arbeitsbedingungen streiken? Was passiert, wenn Lokführer und Lokführerinnen höhere Gehälter durchsetzen? Es trifft die Falschen! Es geht immer um den öffentlichen Druck, der die politisch Verantwortlichen zum Handeln bringen soll. Wohlgemerkt: Es geht hier um gewaltfreie Protestkationen, nicht um tätliche Angriffe gegen Politiker, Poliitkerinnen und Andersdenke oder Aufrufe dazu.

Deine Meinung zählt!

Wie weit darf Klimaprotest gehen: Was hältst du von den Aktionen der "Letzten Generation"? Ist es okay für den Klimaprotest Kunstwerke berühmter Maler eventuell zu beschädigten? Oder geht das für dich zu weit? Diskutiere mit uns auf unseren Social Media-Kanälen:

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Jesuitenpater Jörg Alt klebt sich aus Protest fest

Unter die Aktivisten hat sich Jesuitenpater Jörg Alt gesellt. Er klebte sich auf einer Straße in Nürnberg fest. Seine Begründung: „Wenn ich nett bin, werde ich ignoriert.“ Auch er kämpft um Aufmerksamkeit für das, was alle angeht: steigende Temperaturen, Dürren, abschmelzende Polkappen, auftauender Permafrost und Überflutungen. Das alles führt dazu, dass die Erde in Teilen in absehbarer Zeit unbewohnbar wird. Mit den dazugehörigen Massenfluchtbewegungen.

Wie viel Zeit bleibt zum Umsteuern?

Der Streit der Wissenschaft dreht sich nicht mehr um das „ob“ der Klimaerwärmung, sondern um die Frage, wie viele Jahre uns noch bleiben, um die Folgen einzudämmen. „Warum bremsen wir nicht, obwohl die Wand sichtbar vor uns steht, auf die wir zurasen?“, fragt Pater Alt in seinem Buch „Widerstand“. Die Frage ist berechtigt.