Stell dir vor, du fühlst dich den ganzen Tag kraftlos, hast Herzrasen und Schmerzen im ganzen Körper. Nachts kommst du auch nicht zur Ruhe und kannst nicht schlafen. Auf kleinste Anstrengungen, wie zum Beispiel Treppensteigen, reagiert dein Körper heftig.
Morgen ist es wieder so. Und übermorgen auch. Alle Symptome werden noch schlimmer. Selbst Licht ist für dich dann unerträglich. Arbeiten, Hobbys, soziale Kontakte, all das ist nicht mehr vorstellbar. Dein Leben ist plötzlich komplett anders und keine Medikamente schlagen an. Für Betroffene der Krankheit ME/CFS ist das die Realität.
Die 5-fache Oma fuhr Motorrad, spielte Klavier und sang im Chor, war auf Reisen, arbeitete ehrenamtlich in ihrer Kirchengemeinde und hatte viele Freunde. „Mein Tag hatte früher nicht genug Stunden. Ich war immer auf Achse“, erinnert sie sich. „Heute kann ich das Haus nicht mehr verlassen, ohne mich intensiv darauf vorzubereiten. Zu Hause liege ich meistens im Halbdunkel im Bett. Umweltreize sorgen dafür, dass ich kollabiere.“
Was für andere Menschen im Alltag nebenbei passiert, ist für Menschen mit ME/CFS ein Kraftakt, erzählt Renate Knapp. Sie müsse an manchen Tagen abwägen, ob sie zum Beispiel besser kochen oder duschen, etwas aus dem Keller holen oder das Bett neu beziehen will.