Gesellschaft

Mit 18 beim Bund: Ihre klare Haltung zur Wehrpflicht

Floriane steht draußen vor einem grünen Strauch. Die blonde Frau lächelt in die Kamera.
Jona-Bennet Rübner

Floriane hat nach dem Abitur 16 Monate einen freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr geleistet. Sie sagt, das sollte jede*r machen müssen.

von Jona-Bennet Rübner

„Du kommst aus der Schule und stehst vor dem Nichts“, sagt Floriane mit fester Stimme. 12 Jahre lang war ihr Leben vom Schulalltag geprägt: Jeden Tag dieselben Menschen, jeden Tag dasselbe Umfeld. Nach dem Abitur, so erzählt sie, will sie raus aus ihrer Bubble. Raus aus der eigenen Komfortzone ins „echte Leben“.

Raus aus der Bubble, rein in die Kaserne

Floriane in ihrer Bundeswehruniform
privat

Kurzentschlossen verpflichtet sie sich bei der Bundeswehr für den Freiwilligen Wehrdienst. „Keiner hat gedacht, dass ich das durchziehe.“ Damals ist Floriane 18 Jahre alt. Aber sie beißt sich durch und bleibt dabei - insgesamt 16 Monate lang. 

Ihre Grundausbildung absolviert sie bei der Luftwaffe. Später geht sie für zwei Monate zur Marine. Eine Zeit lang wird sie von ihrer Einheit an die NATO ausgeliehen. Für Floriane war das der unumstrittene Höhepunkt. In NATO-Verbänden dienen Soldat*innen aus allen Mitgliedstaaten des Militärbündnisses zusammen. Für viele Bundeswehrangehörige ist das eine einmalige Chance, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten. 

Warum sprechen wir über die Wehrpflicht?

Seit Ende des Kalten Krieges wurde die Deutsche Bundeswehr immer kleiner. 1985 dienten laut Bundeswehr noch fast 500.000 Soldat*innen bei der Truppe. Ende 2023 waren es nur noch knapp 200.000.

Mehr Menschen wollen mehr Verteidigungsausgaben

Durch den Überfall Russlands auf die Ukraine wird die sogenannte Verteidigungsfähigkeit wieder wichtiger. So denken laut einer Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Zeitschrift „Internationale Politik“ rund 70 Prozent der Menschen in Deutschland. 

Auch, dass sie mehr Geld für die Verteidigung befürworten. Doch aus mehreren Berichten des Verteidigungsministeriums geht hervor: Aktuell könnte Deutschland sich im Falle eines Angriffs von außen nicht ausreichend militärisch verteidigen.

Seit 2022 gibt aus der Politik und vor allem auch von der Bundeswehr die Forderung, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Diese ist 2011 ausgesetzt worden. Das heißt, die Wehrpflicht wurde nicht offiziell abgeschafft. Es wurde in den vergangenen 14 Jahren einfach niemand mehr zum Militärdienst eingezogen. 

Am 1. Januar 2026 soll der Wehrdienst nun zurück kommen. Das hat die Bundesregierung aus CDU und SPD beschlossen. Junge Männer (ab Jahrgang 2007) werden verpflichtet, einen Fragebogen auszufüllen– mehr erstmal nicht. Mit diesen Antworten will die Bundeswehr feststellen, wer für den Militärdienst tauglich ist und wie viele geeignete Menschen der Bund im Verteidigungsfall sofort beordern könnte. Es wird also geprüft, wen die Bundeswehr im Falle eines Angriffs sofort als Soldat*in einzieht. 

Wie soll erneuter Wehrdienst in Deutschland aussehen?

Das bedeutet: Zunächst wird niemand unfreiwillig eingezogen. Nur wer möchte und geeignet ist, kann freiwillig zum Wehrdienst gehen. Sollte das nicht klappen, wird der Dienst an der Waffe wieder zur Pflicht, sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Frauen bekommen den Fragebogen auch zugeschickt. Sie müssen ihn aber nicht verpflichtend ausfüllen. 

Floriane in ihrer Uniform
privat

Für Floriane war bei ihrem Dienst eines besonders wichtig: Die Menschen bei der Truppe. Mit ihnen hat sie zusammengearbeitet, gegessen, die Abende nach Dienstschluss verbracht und mit ihnen ist sie manchmal durch knietiefen Matsch gestapft. „Das Wort Kameradschaft kommt nicht von ungefähr“, betont Floriane.

Geld & Vorteile bei der Bundeswehr

Die ehemalige Wehrdienstleistende schwärmt von ihrer Zeit bei der Bundeswehr: Sie und ihre Mitstreiter*innen seien „richtig zusammengewachsen und zu einem tollen Team“ geworden. Sie ist sich sicher, mit diesen Menschen kann sie durch dick und dünn gehen.

Freiwilliger Wehrdienst

Im Juli 2025 dienen bei der Bundeswehr circa 11.000 im Rahmen des sogenannten Freiwilligen Wehrdienstes. Dieser geht 7 bis 23 Monate und war ursprünglich als freiwillige Alternative zur 2011 ausgesetzten Wehrpflicht gedacht. Jede*r FWDLer*in erhält den für Soldat*innen üblichen Sold (Gehalt).

Diesen Zusammenhalt sollte jeder junge Mensch erfahren, sagt Floriane. Deswegen ist sie für den Wehrdienst für alle: Und zwar verpflichtend. 

Mindestens sieben Monate bei der Truppe hält die ehemalige Soldatin für sinnvoll. In diesem Zeitraum können junge Soldat*innen sich an militärische Abläufe gewöhnen und verschiedene Bereiche der Bundeswehr kennenlernen.

Neben der Kameradschaft spielt aber auch das regelmäßige Einkommen bei der Bundeswehr eine Rolle: „Es fühlt sich gut an, das erste Mal im Leben sein eigenes Geld zu verdienen“, erzählt Floriane.

Portrait von Floriane. Sie ist blond, die Haare reichen über die Schultern. Sie trägt mehrere Ketten.
Jona-Bennet Rübner
Nach 16 Monaten bei der Bundeswehr befürwortet Floriane die Wehrpflicht.

Die Lebenshaltungskosten sind für die meisten Soldat*innen gering, denn die Unterkunft wird gestellt. Ausgenommen davon sind nur die sogenannten Heimschläfer*innen, die freiwillig nicht in der Kaserne übernachten. 

Außerdem ist die Verpflegung in der Truppenküche sehr günstig und die Zugfahrt am Wochenende nachhause kostenfrei - allerdings nur in Uniform. „Dadurch kann man das meiste vom verdienten Geld zur Seite legen und zum Beispiel nach der Zeit bei der Bundeswehr von dem Ersparten auf Reisen gehen und sich die Welt anschauen“, erklärt Floriane. Das mache in ihren Augen den Wehrdienst zu einer guten Alternative zum klassischen Work & Travel.

Was ist ein*e Reservist*in?

In der Regel werden alle, die bei der Bundeswehr gedient haben, nach ihrer Zeit als aktive Soldat*innen als Reservist*innen gelistet. Auch Floriane. Das bedeutet, dass sie bei Bedarf wieder als Soldat*in eingesetzt werden. Als Reservist*in kann man freiwillig an sogenannten Reserveübungen teilnehmen. Wer nicht als Reservist*in geführt werden will, kann nachträglich den Kriegsdienst verweigern. Das ist besonders wichtig für alle, die bis 2011 zum Wehrdienst einberufen wurden.

Die Wehrpflicht solle nicht nur für Männer gelten, sagt Floriane. „Wir kämpfen für die Gleichberechtigung aller Geschlechter. Da ist es auch nur fair, wenn auch alle die gleichen Pflichten haben.“ Sie ist überzeugt, dass „männlich und weiblich genau gleich viel kann – ob durch Kopf oder Kraft“.  

45 Prozent der Deutschen sind für eine Wehrpflicht für Männer und Frauen. 17 Prozent finden, dass nur Männer zur Bundeswehr gehen sollten. Ein Drittel ist gegen den Wehrdienst. Das sagt eine repräsentative Umfrage der ZDF-heute von April 2025.

Jedoch sind generell eher ältere Menschen für die Wiedereinführung. Menschen, die vermutlich im sogenannten Verteidigungsfall zum Dienst an der Waffe gerufen werden. Von den 18- bis 34-Jährigen lehnen mehr als die Hälfte die Wehrpflicht ab. 

Floriane befürwortet die Wehrpflicht
Jona-Bennet Rübner

Als Frau bei der Bundeswehr sei es durchaus ein Vorteil, eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein mitzubringen. „Ich habe mich im Dienst nie unsicher gefühlt, nur, weil ich eine Frau bin“, sagt Floriane. 

Gleichzeitig gibt sie zu, dass es aber durchaus auch unangenehme Situationen während ihrer Dienstzeit gegeben habe. Es sei nie zu körperlichen Übergriffen gekommen, aber ein paar dumme Sprüche habe sie sich anhören müssen, sagt Floriane. 

Frauen in Uniform – die Realität 

Schließlich ist der Frauenanteil innerhalb der deutschen Streitkräfte verhältnismäßig gering. Und das birgt immer noch Probleme im kameradschaftlichen Miteinander. Von 182.000 deutschen Soldat*innen sind laut Bundeswehr gerade mal 13 Prozent Frauen. 

In anderen Armeen sieht das mittlerweile anders aus. Ein prominentes Beispiel ist Israel. Dort gilt die Wehrpflicht bereits seit 1949 für Männer und Frauen. Diese dauert zudem 36 Monate. 

Für alle, die möglicherweise mit Sorge auf den Wehrdienst blicken, hat Floriane klare Worte: „Es ist absolut machbar. Niemand muss Angst haben.“ Aber sie räumt ein, dass besonders die „Allgemeine Grundausbildung“ (AGA) sowohl körperlich als auch psychisch anstrengend ist.

Vorbereitung für die Bunderwehr. Was Floriane empfiehlt

  1. Grundsportlichkeit aufbauen. Für den Sporttest zu Hause schon trainieren.
  2. Sich bewusstmachen, dass es nicht nur Spaß machen wird, Soldat*in zu sein. Besonders in der AGA.
  3. Dienstgrade lernen. Das gefällt besonders den Ausbilder*innen.

„Man kommt an seine Grenzen. Aber man darf nicht vergessen, dass man immer sein Team um sichherumhat.Du stehst niemals allein in der Scheiße.“, sagt die Reservistin lachend.

Viel Verantwortung: Umgang mit der Waffe 

Kannst du dir den Dienst an der Waffe vorstellen? Für viele ist das undenkbar. Für Floriane war nur das erste Mal mit der Waffe ungewohnt, dann habe sie sich dran gewöhnt. Später waren für die ehemalige Soldatin die Tage auf der Schießbahn „mit am besten“. 

Als Soldat*in muss man keine Angst vor den Waffen haben. Aber ein gesundes Maß an Respekt vor der Waffe und Verantwortungsbewusstsein sei wichtig, sagt Floriane.

Nach ihrer Zeit beim Bund zieht sie Bilanz: „Ich würde es sofort wieder tun.“ Keinen Tag bereut sie, als Soldatin in den Reihen der Bundeswehr gedient zu haben. 

Mittlerweile studiert Floriane BWL und trägt ihre Uniform nur noch selten - eigentlich nur noch zu Reserveübungen. Dann ist sie meist mehrere Tage am Stück wieder im Einsatz.

Dienstpflicht für alle?

Wenn Deutschland sich heute militärisch verteidigen müsste, würdest du in den Krieg ziehen? 

Bei dieser Frage zögert Floriane keine Sekunde: „Ja, natürlich. Das ist schließlich mein Job.“ Sie hofft, dass dieser Fall nicht eintrifft. Aber „niemand in der Truppe ist scharf auf Krieg“, versichert die Studentin. Aber dennoch seien sie als Soldat*innen dafür ausgebildet, das Land im Ernstfall zu verteidigen.

„Es muss schließlich einfach gemacht werden“, betont Floriane. Sie ist dankbar, in Deutschland leben zu können und möchte ihrem Land etwas zurückgeben. „Das sollten wir alle“, fordert die Wehrdienstbefürworterin. 

Würdest du in den Krieg ziehen?

Wie stehst du zur Bundeswehr oder zur Dienstpflicht? Was wärst du bereit, für Deutschland zu tun? Schreib uns deine Gedanken via Social-Media: 

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