Der evangelische Pfarrer Samuel Schelle wurde als Susanne in eine traditionelle katholische Familie hineingeboren. Doch als Frau fühlte er sich im Katholizismus nicht willkommen. Er konvertierte, wurde evangelische Pfarrerin, sein Traumberuf - und war trotzdem todunglücklich. Irgendwas mit dem Liebesleben funktionierte bei ihm nicht. Bis er begann sich mit Transsexualität auseinanderzusetzen.
Die Kindheit von Susanne Schelle ist behütet. Ein katholisches Elternhaus. Doch in dieser Konfession fühlt sie sich nicht wohl. Sie konvertiert und folgt ihrer neuen Leidenschaft: Susanne wird Pfarrerin.
Doch trotz Traumberuf ist sie todunglücklich. Das mit dem Liebesleben klappt immer noch nicht so richtig und sie beginnt sich „mit dem Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein“ zu beschäftigen. Aus Susanne wird Samuel und damit ein Mensch, der im Alter von 37 Jahren endlich seine Identität gefunden hat.
Von allen Namen in der Welt, die dir zur Verfügung stehen, warum hast du ausgerechnet Samuel gewählt?
Samuel: Samuel heißt aus dem hebräischen übersetzt „von Gott erbeten“ oder „Gott erhört mich“. Also die Bedeutung des Namens ist für mich auch was richtig Schönes.
Welcher Typ Mann bist Du?
Samuel: Ich setze mich dafür ein, dass es keine „Typen“ gibt. Ich bin als Pfarrer ein ganz anderer Mensch, als wenn ich Fußball spiele oder wenn ich mit Leuten etwas trinken gehe. Wenn ich den Schabernack spiele und Leuten auf die Nerven gehe, bin ich wieder jemand anderes.
Mich gibt’s in sehr vielen Varianten. Manchmal sind die unpassend. Aber ich freu mich dann immer, wenn mir das jemand dann sagt.
Mit welchen Vorurteilen wirst Du am meisten konfrontiert?
Samuel: Ich glaube damit, dass „man sich das einbildet“. Oder: Dass von Gott ein Geschlecht vorgegeben ist, und dass der Mensch nicht das Recht hat, das zu verändern.“
Das wissen wir doch: Wir haben alle weibliche und männliche Anteile.
Samuel: Genau. Warum soll es dann nicht auch eine männliche Seele, männliche Identität, männliche Eigenschaften, männliches Denken und Fühlen in einem weiblichen Körper geben? Warum sollte Gott sich da begrenzen?
Zugleich frage ich: Wenn Menschen leiden, warum sollten wir die medizinischen, psychologischen Dinge, die uns zur Verfügung stehen, dann nicht nutzen, um Leid zu mindern? Das tun wir in so vielen anderen Bereichen auch und das finde ich gut. Und das finde ich auch in diesem Bereich gut.
Wie fühlt es sich an, von Östrogen auf Testosteron zu wechseln?
Samuel: Das ist etwas sehr Individuelles. Für mich fühlt sich das unglaublich befreiend und gut an. Unter den Östrogenen habe ich sehr gelitten. Ich hoffe sehr, dass es sich für biologische Frauen anders anfühlt, als es sich für mich angefühlt hat. Für mich ist das Leben mit Testosteron etwas Großartiges. Ich erlebe das als motivierend, bestärkend, befreiend und habe auch bessere Laune.
Mein Körper passt endlich zu mir und gibt mir die Signale, die mein Kopf erwartet und nicht die falschen Signale, wie vorher.
Zum Beispiel, wenn mich Menschen aus Versehen als Junge oder als Mann erkannt haben. In solchen Momenten hat sich das gut angefühlt und ich habe gedacht: „Ja. Das stimmt. Da will ich nicht widersprechen.“ Ganz anders war es, wenn ich als Frau Komplimente bekommen habe. Da habe ich gedacht „Was für ein Quatsch.“