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Interview

Zocken und Computerspiele gegen die Trauer

Mädchen spielt Computerspiel
GettyImages/Prostock-Studio

Wie funktionieren Tod und Trauer in Computerspielen? Und welche Rolle kann das Zocken bei der Trauerbewältigung spielen? Ein Experte gibt Tipps.

Welches Spiel hast du als letztes gespielt? Auch in unserer Redaktion daddeln einige regelmäßig am Handy. Und wenn du dir die Zahlen anschaust, dann zocken 40 Prozent der Deutschen regelmäßig. Nicht immer geht es einfach nur ums Zeit vertrödeln. Arno Görgen ist Kulturwissenschaftler und sagt: Einige Computer- und Videospiele können beim Trauern helfen

Computerspiele und Trauer: Wie das zusammen passt

Arno Görgen
Peter Neher

Inwieweit können Computerspiele in der Trauerbewältigung helfen?

Arno Görgen: Computerspiele können natürlich kein Allheilmittel sein, sondern sind nur ein kleines Element. Aber es öffnet Wege auf die ein oder andere Weise sich mit dem Tod zu befassen.

Es kann auch sein, dass man sich mit dem Spielen erstmal ganz profan ablenkt von der Trauer. Und allein die Reflexion über die Trauer, allein das Sprechen über Trauer, kann schon helfen.

Wie Death Positivity Games wirken

Was sind Death Positive Games?

Diese Spiele wollen Tod und Trauer aus der Tabuzone rausholen. Dafür soll spielerisch offen über den Tod gesprochen werden. Die Idee: Dadurch, dass wir unsere Gedanken rund um die Angst vor dem Tod teilen, finden wir Nähe und auch Trost mit anderen Menschen. Das Ziel ist es, dem Tod den Schrecken zu nehmen.

Wie genau funktioniert Trauerbewältigung im Computerspiel?  

Arno Görgen: Was ich mir angeschaut habe, ist ja nur ein kleines Spektrum von Computerspielen. Ich habe mich vor allem auf sogenannte Death Positivity Games konzentriert. Die sprechen ganz offen darüber und haben einen realistischen Blick darauf und holen den Tod aus der „Schmuddelecke“ raus.

Ein großer Vorwurf an westeuropäische Länder ist ja, dass der Tod stigmatisiert wird, die Kranken in die Krankenhäuser und Heime abgeschoben werden. Da wollen die Spiele entgegenwirken und eine Diskurs-Ebene öffnen.

Den Tod aus der „Schmuddelecke“ holen.

Spiel mit dem Tod: Death Positivity Games

Serious Games

Videospiele können nicht nur Spaß machen, sondern auch informativ und lehrreich sein. Der passende Fachbegriff lautet Serious Games. Death Positivity Games sind ein Beispiel dafür. 

Mehr Informationen findest du beim Verband der deutschen Games-Branche 🎮

Welche Computerspiele können Sie da als Beispiele nennen?

Arno Görgen: Es gibt eine ganze Reihe von Spielen. Und im Moment wird auch vieles entwickelt. Man muss auch unterscheiden, zwischen kommerziellen Spielen, bei denen Tod und Trauer eher im Hintergrund laufen, und denen, die sich ganz bewusst mit dem Thema auseinandersetzen.

👉🏼 Ein Beispiel ist „Guardians of the Galaxy“. Eigentlich ein Spiel, wo Spaß und Blödsinn im Vordergrund stehen. Über all dem steht aber der Tod einer oder mehreren geliebten Personen. Und über die Kommunikation der verschiedenen Charaktere darüber wird versucht, ein Weg der Trauer darzustellen. Hat für mich ganz persönlich funktioniert.

👉🏼 Ein anderes Beispiel: „A Morticians's Tale“: Die Geschichte einer Bestatterin. Da lernt man wie mit toten Körpern umgegangen wird, auf ganz vorsichtige Art und Weise. Keine Totenschau. Man lernt die einzelnen Schritte kennen: zum Beispiel im Krematorium und die verschiedenen Arten des Trauerns. 

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Studie: Die Deutschen zocken

Nach dem starken Wachstum im Corona-Jahr 2020 stieg das Interesse am Gaming in Deutschland auch im Jahr 2021 weiter an. So griffen 6 von 10 der Deutschen (59 Prozent) im Alter von 6 bis 69 Jahren auf PC-, Konsolen- oder Mobile Spiele zurück (Quelle: Verband der deutschen Games-Branche)

Weniger Tabus Dank Computerspielen

Warum muss das Tabu-Thema Tod erst im Computerspiel auftauchen? 

Arno Görgen: Das Spannende ist, es wird ja nicht so richtig tabuisiert. Wir erleben auf der einen Seite viel Tod in den Medien, den Nachrichten, Comics, der Literatur. Der Mensch möchte damit einen Umgang finden.

Auf der anderen Seite im Privaten wird dann doch oft verdrängt. Man ist jung und denkt nicht dran. Später will man damit nichts zu tun haben, weil es wirklicher wird.

Und es ist ja durchaus so, dass Menschen in Krankenhäusern sterben und nicht zu Hause oder wie man sich das sonst wünscht. Und das macht Angst.

Serious Games stehen nicht so in der Öffentlichkeit.

Und aus diesem ambivalenten Verhältnissen muss man raus. Dafür sind die Spiele gut geeignet. Und da wird gerade viel entwickelt.

Therapie mit Computerspielen

Aber: Die Szene ist unfassbar groß, man hat keinen Überblick mehr. Gerade wenn es um Serious Games geht, finden die oft außerhalb der Öffentlichkeit statt. Wenn, auf Empfehlung von Therapeuten. Das finde ich schade!

A Mortician's Tale ist ein storybasiertes todespositives Videospiel
laundrybear.com

Gaming-Forscher Arno Görgen

Arno Görgen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute of Design Research an der Hochschule der Künste Bern. Seine Forschungsschwerpunkte sind Medizingeschichte und Bioethik in der Populärkultur sowie Medikalisierung in digitalen Horrorspielen.

Death Positivity Games  werden also in der Therapie eingesetzt!?

Görgen: Eher in den USA. In Deutschland hängen wir etwas hinterher. Die Spielekultur in den USA oder auch in Japan spielt eine viel größere Rolle, auch schon länger. Die Spieler sind erwachsen geworden, die, die früher vorm Super Nintendo saßen. Die sind damit aufgewachsen und sehen das Potenzial von Spielen.

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