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Evangelisch, Katholisch, Ethik

Ist Religionsunterricht noch zeitgemäß?

Aaron Kniese
Kommentar von Aaron Kniese

Knapp 50% der Deutschen sind Kirchenmitglied. Warum werden katholischer und evangelischer Religionsunterricht immer noch getrennt, ist das zeitgemäß?

Wenn ich mich an meinen Reli-Unterricht in der Schule zurückerinnere, denke ich an das Auswendiglernen des Vater-Unsers und des Glaubensbekenntnisses. Ich denke an ewige Diskussionen über Sterbehilfe, an Besuche auf dem Friedhof und im Frankfurter Bibelmuseum.

Was ich mich schon damals gefragt habe: Warum wurde der Reli-Unterricht eigentlich nach Konfessionen getrennt?

Ökumenischer Religionsunterricht?

Klar gibt es zwischen den Konfessionen Unterschiede, aber das Grundgerüst unseres christlichen Glaubens ist doch dasselbe. Wir glauben alle an den dreieinigen Gott, an Jesus Tod und Auferstehung und die Vergebung unserer Sünden. Vor allem in der Mittelstufe fand ich die Aufteilung blöd, weil meine besten Freunde zu der Zeit katholisch waren. 

Kirchen schrumpfen

Die Ausrichtung des Reli-Unterrichts ist in meinen Augen aktueller denn je, denn nur noch knapp 50 Prozent der Deutschen sind überhaupt noch Mitglied in einer Kirche. In der Schule sind schon zu meiner Zeit viele Schüler:innen zu Ethik abgewandert. Aber nicht nur, weil sie sich nicht mit der christlichen Religion identifiziert haben, sondern auch, weil sie Ethik „chilliger“ fanden.

Wir lernen wichtige Werte, die uns unser ganzes Leben lang begleiten.

Religionsunterricht ist wichtig, er vermittelt Werte, hilft bei der Entwicklung einer eigenen Moralvorstellung, gibt ein Gefühl fürs Zwischenmenschliche.

Junge Menschen, die einer der beiden Konfessionen angehören, besuchen neben der Schule sowieso den Konfi- oder Firmungs-/Kommunionsunterricht in den eigenen Gemeinden. Dort könnten sie die für ihre Konfessionen eigenen Glaubensinhalte vermittelt bekommen, während sie sich in der Schule über das Christentum im Allgemeinen informieren.

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Die evangelische und katholische Kirche werden in Deutschland in Zukunft näher zusammenrücken. Warum dann nicht auch beim Religionsunterricht?

Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Ein gemeinsamer Religionsunterricht für Christ:innen und Ethik als Ausgleich ist nah an der Statistik der Kirchenmitglieder:innen.

Religionsübergreifender Unterricht

Wir könnten weiter gehen und religionsübergreifenden Unterricht anbieten. Entsprechende Konzepte gibt es schon, beispielsweise in Hamburg: Der Religionsunterricht für alle (RUFa). Neben der katholischen und evangelischen Kirche hat der Hamburger Senat auch Verträge mit muslimischen, alevitischen und jüdischen Religionsgemeinschaften geschlossen und ihnen ein Recht auf Religionsunterricht eingeräumt.

Beim RUFa werden die Schüler:innen nicht nach Religion oder Konfession getrennt. Die Folge: die Abmeldungsrate vom Religionsunterricht liegt in Hamburg bei 0,1 Prozent. Dort braucht es auch keinen Ethikunterricht. Die Lehrpersonen wechseln sich ab und sollen bekenntnisorientiert, aber gleichzeitig dialogisch im Bezug auf die anderen Religionen unterrichten.

Bei uns in Hessen gibt es beispielsweise „Lionsquest“. Katholische und evangelische Lehrer:innen sensibilisieren die Schüler:innen für Lebensfragen, sie lernen diskutieren und streiten. 

„Wie hast du’s mit der Religion?“, die Gretchenfrage aus Goethes Faust spielt für mich neben den oben genannten Punkten eine zentrale Rolle in so einem konfessions- und religionsübergreifenden Unterricht.

Diese Fragestellung für sich persönlich beantworten zu können, funktioniert in meinen Augen am besten nach einer umfassenden Wissensvermittlung im Religionsunterricht.