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Nach Polizistenmord in Rheinland-Pfalz

Polizisten-Mord in Kusel: Was macht das mit dem Nachwuchs?

Miriam Groß
Kommentar von Miriam Groß

Zwei Polizeibeamt:innen wurden im rheinland-pfälzischen Kusel erschossen -jetzt hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder begonnen. Was aber macht es mit dem Nachwuchs bei der Polizei? Ein Kommentar von Polizeiseelsorgerin Miriam Groß.

Infos zum Prozess um die Polizistenmorde in Kusel

  • Am 31. Janauar 2022 wurden im Landkreis Kusel ein 29-Jähriger Polizist und seine 24-Jährige Kollegin erschossen. Sie hatten den Transporter von Andreas S. und seinem Komplizen angehalten, um eine Zivilkontrolle durchzuführen, dabei entdeckten sie Wild im seinem Kofferraum. Der mutmaßliche Täter und sein Komplize wilderten in der Gegend, um die Tiere später zu verarbeiten und zu verkaufen. 
  • Am 21.06. beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder im Landgericht Kaiserslautern.
  • Insgesamt wurden 14 Verhandlungstage bis September angesetzt.
  • Das Interesse am Prozess ist groß, alle Zuschauerplätze sind belegt.
  • Unter einem Vorwand soll Andreas S. bei der Kontrolle zu seinem Auto zurückgelaufen sein. Von dort soll er dann das Feuer auf die Polizist:innen eröffnet und beide getötet haben, so die Staatsanwaltschaft.
  • Der 39-Jährige Hauptangeklagte bestreitet die Morde. Laut seinem Verteidiger habe der Mitangeklagte die Polizistin erschossen. 

 

Das aufgeregte Gemurmel verstummt,  als das Video zur Unterrichtseinheit läuft und die sonore Stimme Bill Tinglins, des afroamerikanischen Geschäftsführers  von „Tour for Tolerance“, den abgedunkelten Lehrsaal erfüllt:

„Federal Police Officers of Germany, I bid you greetings, and it is indeed a privilege and an honor to stand before you today”, sagt er. Nach der Begrüßung der Polizei-Anwärter und -Anwärterinnen dankt Tinglin ihnen für ihre Entscheidung, in den Polizeidienst einzutreten und diesen anstregenden, aber ehrenvollen und für die Gesellschaft notwendigen Dienst zu leisten.

Polizeianwärter:innen hinterfragen ihre Berufung

Die „Tour for Tolerance“ steht für eine Initiative, die in den USA versucht,  mit Studenten und Schülern zum Thema Toleranz ins Gespräch zu kommen. Der Gruß aus den USA bewegt an diesem Unterrichtstag meine Schüler in besonderer Weise, denn durch die Ermordung der Kollegin und des Kollegen in Kusel hinterfragen viele ihre Berufung.

Schüsse auf Polizist:innen in Kusel

Am frühen Montagmorgen des 31. Januar sind zwei Polizist:innen im rheinland-pfälzischen Kusel bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden. Dabei handelte es sich um eine 24-jährige Polizeianwärterin sowie einen 29-jährigen Oberkomissar. Zuvor hatten die Beamt:innen in einem Fahrzeug totes Wild gefunden und per Funk dies den Kolleg:innen gemeldet.

Die Hilfe kam jedoch zu spät. Laut Ermittlungsstand Anfang Februar befinden sich zwei Männer aus dem Saarland nun in Untersuchungshaft. Beide hatten Zugang zu Jagdwaffen. Es wird davon ausgegangen, dass die Schüsse Wilderei verdecken sollten.

Die Ermordung der Kollegen legt schonungslos offen, dass der Polizeiberuf auch in Deutschland ein gefährlicher ist. Viele Polizisten und Polizistinnen sind inzwischen nicht nur durch einen spannungsreichen Dienst belastet, sondern auch durch die negativen Reaktionen, die er hervorruft. Sie erleben, dass sie mancherorts keinerlei Wertschätzung erfahren.

Ob denen, die sie beschimpfen oder gar anspucken bewusst ist, dass dieser Beruf anstrengend ist und oftmals an die eigenen Grenzen der Leistungsfähigkeit führt?

Wer Polizist werden möchte, muss eine physisch und psychisch anstrengende Ausbildung durchlaufen. Dies ist notwendig, da Bundespolizistinnen und -polizisten Deutschland und dessen Rechtsgrundlagen vertreten.

Die angehenden Polizisten, die ich begleiten darf, sind hochmotiviert und engagiert.

Sie eint das Grundmotiv, anderen helfen zu wollen und auch in Gefahr für die Rechtsordnung einzustehen. Maßstab polizeilicher Handlungen sind die Menschen- und Grundrechte, die die Beamten zu schützen haben.

Polizeiseelsorgerin Miriam Groß

Pfarrerin Miriam Groß ist Seelsorgerin bei der Bundespolizei. Sie ist Ansprechpartnerin für die Menschen im Bundespolizeiaus- und Fortbildungszentrum Bamberg.

Sie schreibt über ihre Erfahrungen auf ihrem Blog.

Dies ist aufgrund der schmerzlichen deutschen Geschichte eine Notwendigkeit, die sicherstellen soll, dass es nie wieder zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommt, wie es sie im Nationalsozialismus gab.

Polizist:innen hüten unsere Grundrechte

Immer wieder weise ich die jungen Frauen und Männer im berufsethischen Unterricht darauf hin, dass ihnen als Hüterinnen und Hüter der Grundrechte eine wichtige Aufgabe übertragen wird, die zu großen Belastungen führen kann. Dies erfahren sie im Dienst spätestens dann, wenn sie Bürger bei Demonstrationen begleiten und ihre eigene politische Meinung hintenanstellen müssen, um anderen das Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung zu ermöglichen. Es erfüllt mich mit großer Betroffenheit, dass dies von manchen wenig wahrgenommen wird.

In jeder Uniform steckt ein Mensch

Darüber hinaus ist einigen offenbar nicht klar, dass in jeder Uniform ein besonderer Mensch steckt, der von seiner Familie und seinen Freunden geliebt wird. Sie sind der Nachbar von nebenan. Oder die Person, die nach uns beim Bäcker Brötchen kauft.

Wenn sie ihre Uniform ablegen, sind sie Bürgerinnen und Bürger.

Ich mache mir Sorgen um meine angehenden Polizisten, die vielen Widrigkeiten ausgesetzt sind und in ihrer beruflichen Laufbahn Situationen erleben werden, von denen andere nicht einmal ahnen, dass so etwas passieren könnte. Bill Tinglin´s Worte können uns Mahnung und Ansporn zugleich sein, dass wir diejenigen, die uns schützen und für unseren Staat einstehen, in ihrer Menschlichkeit wahrnehmen und sie wertschätzen.

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