Anzeige
Anzeige
Krieg in der Ukraine

Deutschlernen beim Krippenspiel

Gruppenfoto von geflüchteten ukrainischen Kindern und Jugendlichen. Davor der Text: Geflohen aus  der Ukraine: Deutsch lernen beim Krippenspiel
Angelika Zahn

Um besser Deutsch zu lernen, proben ukrainische Kinder im Schwarzwald ein Krippenspiel. Wie das so klappt?

von Claudia Müller

„Fürchtet euch nicht, denn euch ist heute der Heiland geboren!“, ruft Daniil mit schwerem russischem Akzent. Der 16-jährige Ukrainer spielt im Krippenspiel einen Engel. Seit April wohnt er mit anderen Kindern des christlichen Kinderheims „Republic Pilgrim“, zwei Mitarbeiterinnen und zwei Mitarbeitern in einem ehemaligen Schulhaus bei Freudenstadt im Schwarzwald.

Ukrainische Kinder und Jugendliche lernen Deutsch mit Bibelgeschichten

Zu Republic Pilgrim

Der Pfingstpastor der Church of God, Gennadij Mokhnenko, hat das Kinderheim „Republic Pilgrim“ vor rund 24 Jahren gegründet. Damals zunächst als Rehabilitationseinrichtung für drogenabhängige Kinder und Jugendliche.

Zur Flucht aus Mariupol gezwungen, machen die 21 „Pilgrims“ das Beste aus ihrer Situation im neuen Zuhause. Zum Eingewöhnen in der fremden Umgebung gehört auch der Deutschunterricht – zwei- bis dreimal die Woche. In der Vorweihnachtszeit gehört dazu auch ein Krippenspiel.

Höre selbst, wie gut Daniil die Weihnachtsgeschichte vorträgt.

Was sich einfach anhört, ist harte Arbeit. Zunächst für die ehrenamtlich Helfenden: Ein Krippenspiel mit kurzen Sätzen muss her und jemand, der es übersetzt. Die Kinder kommen direkt von der Grenze zu Russland, sie sind zweisprachig, russisch-ukrainisch. Dass die Übersetzung russisch ist, irritiert deshalb niemanden.

Ehrenamtliche Helferinnen bei dem Krippenspiel stehen in der Türe mit Kostümen für die ukrainischen Kinder und Jugendlichen
Claudia Müller

Mit der Übersetzung des Krippenspiels in der Hand, wissen die Kinder, worum es geht. Jetzt können die Rollen verteilt werden. Wer kann wie viel Text lernen auf Deutsch? Die Leute vom Helferteam aus der Nachbarschaft sind Mutmacher, Über-Hindernis-Helfer, Übersetzer. Einige von ihnen sprechen selbst Russisch, sie beantworten Fragen, das Einteilen geht so schneller.

Dann geht’s an die ersten Leseproben. Dabei entdeckt das Team noch eine Hürde: Das deutsche Alphabet – nicht kyrillische Buchstaben, sondern lateinische. Das deutsche B halten einige Kinder zunächst für ein W, das deutsche P lesen manche noch als R – so, wie sie es beim kyrillischen Alphabet lesen würden.

Gute Nachrichten teilen

Du hast keinen Bock auf schlechte Nachrichten in Social-Media? Dann tu was dagegen und teile diesen Text in deinen Profilen. Oder über unsere Postings bei: 

Instagram

Facebook und

Twitter.

Die Lösung: Wenn ein Kind gar nicht zurechtkommt, schreibt jemand ihm den deutschen Text in kyrillischen Buchstaben ins Manuskript. Siehe da: Auf einmal klingt mancher kleine Schauspieler, als spräche er schon längst flüssig Deutsch.

So arbeiten sich Kinder und Helferteam Hürde für Hürde voran bis zur ersten Kostümprobe. Mit den Kostümen bekommt der Text ein Gesicht, die Motivation steigt schlagartig. Schäfchen mähen und rennen herum mit weißen, wuscheligen Schlappohr-Mützen. Die Hirten können ihre Herde kaum bändigen. Maria und Josef sitzen einträchtig beieinander – Josef voller Stolz, dass er zwei lange Sätze auf Deutsch gemeistert hat. Die Engel stellen sich im weißen Gewand auf Stühle, sie kommen schließlich „vom Himmel hoch“. Am vierten Advent ist die Aufführung. 

Kinder und Jugendliche aus der Ukraine bei der Kostümprobe vom Krippenspiel
Claudia Müller

Kinderheim aus der Ukraine

Bis zum Ausbruch des Krieges in der Ukraine war „Republic Pilgrim“ eines der größten Einrichtungen dieser Art im postsowjetischen Raum.

Vor allen steht Maxim, verkleidet als Stern. Er ist eines der jüngsten Kinder in der Gruppe und fasst zusammen, worum es geht an Weihnachten und wieso die „Pilgrims“ ihre Hoffnung behalten: „Ich bin der Stern, ich leuchte immer, damals wie heut, wenn Weihnachten ist. Und ich vergesse es nie und nimmer: Dies ist der Tag des Herren Christ!“