Sie ist Protestantin und zutiefst gläubig. Dinge können sich durch Taten zum Besseren wenden, davon ist sie überzeugt. Eigentlich will sie sich in Rom dem Studium widmen, doch dann bleibt sie in Indien auf einer Touristenreise hängen und gründet eine Hilfsorganisation. Ihr Haupteinsatzgebiet ist inzwischen Nepal. Sechs Sprachen spricht sie fließend, darunter auch Hindi und Nepali. Sie baut und organisiert, schult und überzeugt, rührt die Werbetrommel und sammelt Geld.
Um die Männer frei zu bekommen, ging sie von Pontius zu Pilatus. Monate vergingen. Eines Tages tauchte der Reporter einer Lokalzeitung auf, um die junge Deutsche zu interviewen. Der Artikel erschien in fast jeder indischen Zeitung. Das war der Durchbruch. Die Männer kamen frei. Am selben Tag begegnete Stella Deetjen einer Schweizer Ärztin. Sie erklärte ihr, dass Lepra heilbar sei und schenkte ihr 100 Dollar. Damit startete Deetjen die erste Straßenklinik für Leprakranke und ihre Kinder. Der Verein „Back to Life“ war geboren. Das war 1996.
Wo drückt der Schuh am meisten? In Nepal!
Sie kümmert sich fortan um Leprakranke und ihre Angehörigen, aber auch um Straßenkinder. Sie baut und betreibt mit ihrem Verein Kinderheime und Schulen, finanziert die Arbeit über Spenden. 2009 reist Deetjen nach Nepal und sondiert die Lage. „Dort gibt es gute Lepra-Projekte, auch deutsche“, sagt sie. Also habe sie gefragt, wo der Schuh am meisten drückt. Antwort: In der Bergregion Mugu, am Rande des Himalayas, an der Grenze zu Tibet. 55.000 Menschen leben dort auf 3600 Quadratkilometern - ohne Straßen, ohne Strom, ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser, weitgehend ohne ärztliche Versorgung.
Die Lebensbedingungen sind mittelalterlich, die Zeit scheint stehengeblieben zu sein. Die Menschen hier glauben an Berg- und Flussgötter. Im Haus darf man nicht bluten, das bringt Unglück. „Solange die Frauen menstruieren, müssen sie raus aus dem Haus. Das gilt auch bei Geburten“, erklärt Deetjen.
Das Baby fiel bei der Geburt mit dem Kopf auf einen Stein. Schakale haben es geholt.
Die Frauen hätten zwei Möglichkeiten: entweder unterzuschlüpfen in einem vollgekoteten Kuhstall mit Schmeißfliegen oder im Wald, bei oft eisigen Temperaturen. „Ich habe mich mit einer Frau angefreundet. Sie hat mir erzählt, dass sie ihr viertes Kind im Wald geboren hat. Das ist dabei mit dem Kopf auf einen Stein aufgeschlagen, Schakale haben es geholt.“