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Serie Mutmacher

Stella hilft aus Leidenschaft

Mutmacherin Stella Deetjen gründet Hilfs-Verein in Nepal
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Stella Deetjen gründet nach der Begegnung mit Leprakranken Back to Life und baut jetzt in Nepal Geburtshäuser.

Sie ist Protestantin und zutiefst gläubig. Dinge können sich durch Taten zum Besseren wenden, davon ist sie überzeugt. Eigentlich will sie sich in Rom dem Studium widmen, doch dann bleibt sie in Indien auf einer Touristenreise hängen und gründet eine Hilfsorganisation. Ihr Haupteinsatzgebiet ist inzwischen Nepal. Sechs Sprachen spricht sie fließend, darunter auch Hindi und Nepali. Sie baut und organisiert, schult und überzeugt, rührt die Werbetrommel und sammelt Geld.

Stella Deetjen mit einem Neugeborenen
Back to Life
Stella Deetjen sorgt mit ihren Geburtshäusern dafür, dass die Kindersterblichkeit sinkt.

Buchtipp

Deetjen, Tara Stella: Unberührbar. Mein Leben unter den Bettlern von Benares; Fischer Verlage; 12 Euro. 

Stella Deetjen wundert sich noch heute über ihren Mut. Als Rucksacktouristin war sie unterwegs in Indien. In Benares, dem heutigen Varanasi, saßen Menschen am Straßenrand und bettelten. Es waren Leprakranke, ausgeschlossen aus der Gesellschaft. Die 22-Jährige kauerte mit Bauchschmerzen auf einer Treppe. Sie konnte nicht weiterlaufen.

Der alte Mann berührt segnend ihren Kopf

Ein alter weißhaariger Mann kam auf sie zu und bot ihr seine Hilfe an. Sein liebevoller Blick traf ihr Herz und ihre Seele. Er berührte segnend ihren Kopf. „Ich hatte keine Angst, obwohl ich nicht wusste, ob ich mich anstecken kann“, erinnert sich Deetjen. Wenig später war sie in der Lage weiterzugehen. Am nächsten Tag suchte sie den Mann auf und fragte, wie er heiße. „Kind, seit 14 Jahren hat niemand mehr nach meinem Namen gefragt. Warum willst du ihn jetzt wissen?“

Polizisten bringen die Leprakranken weg, die Deutsche springt mit auf den Laster

„Musafirs Aussage hat mich nicht mehr losgelassen“, sagt Stella Deetjen. Fortan traf sie sich jeden Tag mit den Leprakranken, lernte mit Musafirs Hilfe die ersten Worte in Hindi. Eines Tages sammelte die Polizei plötzlich alle Leprakranken ein – nur die Männer - und bugsierte sie auf einen Lastwagen. Die Polizisten erklärten, dass Betteln illegal sei und die Männer ins Gefängnis gebracht würden. Die Deutsche stieg mit auf den Lastwagen.

Eine Straßenklinik entsteht und der Verein „Back to Life“

Um die Männer frei zu bekommen, ging sie von Pontius zu Pilatus. Monate vergingen. Eines Tages tauchte der Reporter einer Lokalzeitung auf, um die junge Deutsche zu interviewen. Der Artikel erschien in fast jeder indischen Zeitung. Das war der Durchbruch. Die Männer kamen frei. Am selben Tag begegnete Stella Deetjen einer Schweizer Ärztin. Sie erklärte ihr, dass Lepra heilbar sei und schenkte ihr 100 Dollar. Damit startete Deetjen die erste Straßenklinik für Leprakranke und ihre Kinder. Der Verein „Back to Life“ war geboren. Das war 1996.  

Wo drückt der Schuh am meisten? In Nepal!

Sie kümmert sich fortan um Leprakranke und ihre Angehörigen, aber auch um Straßenkinder. Sie baut und betreibt mit ihrem Verein Kinderheime und Schulen, finanziert die Arbeit über Spenden. 2009 reist Deetjen nach Nepal und sondiert die Lage. „Dort gibt es gute Lepra-Projekte, auch deutsche“, sagt sie. Also habe sie gefragt, wo der Schuh am meisten drückt. Antwort: In der Bergregion Mugu, am Rande des Himalayas, an der Grenze zu Tibet. 55.000 Menschen leben dort auf 3600 Quadratkilometern - ohne Straßen, ohne Strom, ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser, weitgehend ohne ärztliche Versorgung.

Hier glauben die Menschen an Berg- und Flussgötter

Die Lebensbedingungen sind mittelalterlich, die Zeit scheint stehengeblieben zu sein. Die Menschen hier glauben an Berg- und Flussgötter. Im Haus darf man nicht bluten, das bringt Unglück. „Solange die Frauen menstruieren, müssen sie raus aus dem Haus. Das gilt auch bei Geburten“, erklärt Deetjen.

Das Baby fiel bei der Geburt mit dem Kopf auf einen Stein. Schakale haben es geholt.

Die Frauen hätten zwei Möglichkeiten: entweder unterzuschlüpfen in einem vollgekoteten Kuhstall mit Schmeißfliegen oder im Wald, bei oft eisigen Temperaturen. „Ich habe mich mit einer Frau angefreundet. Sie hat mir erzählt, dass sie ihr viertes Kind im Wald geboren hat. Das ist dabei mit dem Kopf auf einen Stein aufgeschlagen, Schakale haben es geholt.“

Aus politischen Gründen heißt Geburtshaus erst Gemeinschaftshaus

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Stella Deetjen baut mit ihrem Verein dort auch Schulen. 34 sind es inzwischen. Und Geburtshäuser. Das 15. eröffnen sie und ihr Team in diesem Sommer. „Erst haben wir sie Gemeinschaftshäuser genannt, denn wir brauchen die Unterstützung der Dorfgemeinschaft“, erklärt die gebürtige Bad Homburgerin. Und Geburtshaus wäre nicht durchgegangen.

Sie schnappt sich den Schamanen und macht ihn zum Bauleiter

Beim ersten Gemeinschaftshaus habe sie sich den Schamanen geschnappt, ihm von der Idee erzählt und ihn zum Bauleiter gemacht. Das funktionierte alles gut. Es geht nicht nur um Gebäude, sondern auch um geschultes Personal. „Aus Kathmandu kommt niemand hierher“, weiß Deetjen aus Erfahrung. Deshalb trägt der Verein auch die Kosten für die Ausbildung von Hebammen.

Ich bin ein sehr gläubiger Mensch. Und ich bin fest davon überzeugt, dass man etwas zum Besseren ändern kann.

Woher nimmt die 51-Jährige die Kraft, um das alles zu stemmen. „Ich bin ein sehr gläubiger Mensch. Und ich bin fest davon überzeugt, dass man etwas zum Besseren ändern kann“, sagt die Protestantin. Seitdem sie im evangelischen Religionsunterricht einen Film über Mahatma Gandhi gesehen habe, trage sie dieses Gefühl. Über die Jahre, sagt sie, sei es stärker geworden.