Soziales

Top-Manager schmeißt Karriere hin und wird Sterbebegleiter

Das Bild zeigt ein Portraitfoto von Markus C. Müller. Der 51-Jährige hat kurze braune Haare und trägt eine Brille.
Nui Care
Markus C. Müller hat sein Leben schlagartig verändert.

Markus C. Müller war Top-Manager, bis er alles hinter sich ließ. Heute hilft er Menschen, ihr Leben bewusst zu leben – bevor es zu spät ist.

Markus C. Müller war Europa-Chef von Blackberry. Flüge, Meetings, Entscheidungen im Minutentakt – bis ein unscheinbarer Moment am Flughafen alles verändert. In einer Buchhandlung greift er zu „Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ von Bronnie Ware. Sie war eine Krankenschwester, die viele Menschen in ihren letzten Tagen begleitet hat.

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Wenn ihr noch einmal leben könntet – was würdet ihr anders machen?“ Er schlägt es auf, liest das Inhaltsverzeichnis – und ist wie elektrisiert. In diesem Moment weiß er: So kann es nicht weitergehen.

Raus aus der Stressspirale: Den Job gekündigt

Damals ist Markus ständig unter Strom. Zurück im Flieger klappt er seinen Laptop auf und hat seine „Kündigung geschrieben. Mir war klar: Wenn ich so weitermache, werde ich am Ende genau dieselben Dinge bereuen“, erzählt er.

Anstatt sofort einen neuen Karriereplan zu schmieden, fliegt er zu einem Freund nach Thailand. Sechs Wochen verbringt er dort – in der Hängematte, mit Kaffee und Büchern. „Es hat so lange gedauert, bis mein Adrenalinspiegel wieder auf ein gesundes Maß runter war.“

Reisen – und die unbequeme Frage nach dem Sinn

Das Bild zeigt Markus C. Müller und seinen Hund am Ufer eines Sees.
Privat
Markus genießt die Zeit mit seinem Hund und reist viel.

Nach Thailand folgen Südafrika und Chile. Markus genießt die Freiheit, erkennt aber auch: „Reisen ist eine tolle Möglichkeit, sich von sich selbst abzulenken. Man ist ja ständig beschäftigt.“

Die Sinnfrage drängt sich immer stärker auf: Was mache ich mit dem Rest meines Lebens? Die Antwort lässt auf sich warten. Für ihn beginnt eine Phase der Unsicherheit, die Markus später „mein Tal der Tränen“ nennt.

Dreieinhalb Jahre Suche nach Sinn und Lebensqualität

„Ich hatte das Vertrauen, dass da noch etwas kommt, das mich emotional und geistig packt“, sagt er. Markus will etwas, das ihm Lebensqualität schenkt. Fast dreieinhalb Jahre dauert die Suche.

Dann stößt der 51-Jährige in einer Zeitung auf die Geschichte über einen Sterbebegleiter, „Dieser Artikel hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe eine Stunde Rotz und Wasser geheult.“

Der Wendepunkt: Ausbildung zum Sterbebegleiter

Das Bild zeigt Markus hinter einem Plakat, auf der eine rosa Seerose abgebildet ist und die Aufschrift "DaSein. Hospizdienst.Palliativberatung" zu lesen ist.
Privat

Kurz darauf beginnt Markus selbst eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Sterbebegleiter. Diese Arbeit verändert seinen Blick auf das Leben grundlegend.

„Wenn man bei einem Sterbenden am Bett sitzt, relativieren sich viele Probleme“, fasst er seine Erfahrungen zusammen. Er beschreibt: „Man erkennt, worüber man sich aufregt, ohne dass es wirklich wichtig ist.“

Die größte Erkenntnis: 

Weil die Zeit begrenzt ist, ist sie so wertvoll. Jede Woche frage ich mich: Lebe ich gerade so, wie ich es wirklich will?

Mehr Bewusstsein für das Wesentliche

Heute prüft Markus viel stärker, warum er Dinge tut – und lässt manches bewusst weg. Die Begegnungen am Lebensende inspirieren ihn auch beruflich: „Mich treibt die Frage um, wie wir mit älteren Menschen umgehen.“ Er stellt die Frage: „Schieben wir sie an den Rand oder integrieren wir sie in die Gemeinschaft? Von ihnen können wir unglaublich viel lernen.“

Digitale Hilfe für Angehörige in der Pflege

2019 gründet Markus NUI Care. Sein Ziel: pflegende Angehörige mit einer App unterstützen und ihnen Orientierung im oft unübersichtlichen „Pflege-Dschungel“ geben.

Sein Leitsatz: „Erst sind wir gepflegt worden, jetzt pflegen wir.“

Für Markus ist Pflege kein reines Geschäft, sondern eine globale, gesellschaftliche und persönliche Herausforderung. 

„Im Angesicht des Lebens“ – sein Appell

Seine Erfahrungen verarbeitet Markus in seinem Buch „Im Angesicht des Lebens“. Darin ruft er dazu auf, nicht erst angesichts des Todes innezuhalten: „Viele denken erst über ihr Leben nach, wenn es fast vorbei ist.“

„Aber dann bleibt oft nur noch das Bereuen“, sagt er. Deswegen hat er einen klaren Appell an dich: „Ziehe diesen Moment vor – und frage dich jetzt: Was ist mir wirklich wichtig?