Soziales

Das Schweigen brechen: Hilfe bei Suizidgedanken

Ute Hacker/fundus-medien.com

Tabuthema Suizid – Viele sprechen nicht über ihre Gedanken, aus Angst oder Scham. Doch Schweigen verschlimmert die Situation. So können wir helfen.

Wer würde schon Freunden oder dem Partner erzählen, ‘mich quälen lebensmüde Gedanken’. Dabei ist es oft das, was es noch schlimmer macht“, sagt Johanna. Die 33-Jährige hat mehr als ihr halbes Leben in Therapie verbracht. 

Ihre Geschichte erzählt sie bei einer Veranstaltung der Telefonseelsorge Pfalz in Kaiserslautern zum Welttag der Suizidprävention. Vier Suizidversuche hat sie bereits hinter sich. „Zum Glück nicht erfolgreich, sage ich heute.“

Suizidgedanken bleiben oft unausgesprochen

Wer Suizidgedanken hat, schämt sich oft dafür und traut sich nicht, das an- oder auszusprechen. Häufig nicht einmal im Familien- und Freundeskreis. Diese Erfahrung macht auch Peter Annweiler, Pfarrer und Leiter der Telefonseelsorge Pfalz. Deshalb sei Wissen wichtig - über Einrichtungen, Vereine und Angebote, die in akuten Krisen helfen können.

Die Telefonseelsorge ist eine davon. 24 Stunden, Tag und Nacht, sieben Tage die Woche ist die Nummer zu erreichen, bundesweit. 

📞 0800 1110111 

📞 0800 1110222

Wer nicht sprechen möchte, kann auch mailen oder chatten

Die Zusicherung der Telefonseelsorge ist: Alles bleibt anonym, niemand anders erfährt davon. „Das ist vielen ganz wichtig.“ Und tatsächlich nutzen gerade bei Gedanken an Suizid viele den Chat, sagt Annweiler. Ein Fünftel der Anfragen beschäftigt sich mit diesem Thema. 

Apps zur Krisenbewältigung

Aber es gibt auch Menschen, „die nicht ganz so sicher sind, ob sie mit jemandem wirklich in Kontakt kommen wollen“, sagt Annweiler. Für sie ist die kostenlose App „Krisenkompass“ entwickelt worden. 

Krisenkompass im Google Play Store

Krisenkompass im Apple Store

Mit einem Stimmungsbarometer können sich Personen selbst analysieren. Und in einem digitalen Notfallkoffer stecken Strategien zur Bewältigung von akuten Krisen: 

  • Atemübungen
  • Fantasiereisen
  • Notfallkontakte

50.000 mal pro Jahr wird die App heruntergeladen.

Nicht nur Menschen mit Suizidgedanken sind darunter. Die App hat ein eigenes Kapitel mit Tipps und Empfehlungen für Menschen, die sich um jemand sorgen. „Wir haben dazu Gespräche mit Angehörigen, die sagen, ich bin überfordert, weil mein Mann Gedanken äußert, dass er nicht mehr leben will - zum Beispiel“, sagt Peter Annweiler. „Da helfen wir durch solche Gesprächssituationen, geben ein paar Tipps an die Hand.“

Die App „Krisenkompass“
Christian Schauderna/fundus-medien.de
Die App „Krisenkompass“ kann Menschen mit Suizidgedanken helfen.

Bei Suizidgedanken: kostenlos Hilfe bekommen

Zum großen Netzwerk, das Menschen mit schweren Depressionen helfen möchte, gehören Selbsthilfegruppen. Peter Annweiler empfiehlt beispielsweise „Freunde fürs Leben“. Der 2001 gegründete Verein klärt Jugendliche und junge Erwachsene über die Themen mentale Gesundheit, Depression und Suizid auf. Das Thema soll aus der Tabuecke. Und Betroffene sollen wissen, wo sie Hilfe bekommen.

Außerdem gibt es diese Hilfsangebote:

📝Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention.

📝Das Kinder- und Jugendtelefon Nummer gegen Kummer (erreichbar Montag bis Freitag zwischen 15 und 19 Uhr).

📝Du bist mir wichtig“ von der Caritas, ein Online-Hilfsangebot für unter 25-Jährige, die sich Gedanken um ihren eigenen Tod machen.

Tiergestützte Pädagogik kann entspannen

Mops
gettyimages/o_sa

Im Fall von Johanna macht unter anderem ihr Assistenzhund den Unterschied, Ergebnis einer tiergestützten Therapie, eine von vielen Therapieansätzen. „Tiere können Leben nicht retten, aber sie können den Funken Hoffnung wieder entzünden, der das Weiterleben möglich macht“, sagt die psychologische Psychotherapeutin Eva Barthel, die mit Pferden, Hunden und Schildkröten arbeitet. 

Untersuchungen ergeben, dass Hunde und Pferde den Körper entspannen. Die Herzfrequenz sinkt, auch das Cortisol, ein Hormon, das der Körper bei Stress ausschüttet. Viele Patienten finden Nähe und Trost, erleben sich als selbstwirksam

„Es war eine ganz neue Erfahrung, bedingungslos angenommen zu werden“, sagt Johanna. „Das Tier sagt, hey, cool, dass du da bist, ich will grad bei dir sein, und zwar genauso, wie du bist.“ 

Wie gehst du mit schweren Gedanken in Krisen um?

Hattest du schon einmal mit schweren Gedanken zu kämpfen oder wusstest nicht weiter? Was hat dir geholfen? Schreib uns gerne deine Erfahrungen als Mail in die Redaktion oder per Social-Media: 

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