Deshalb sollten wir alle auf dem CSD demonstrieren

Aaron Kniese
Kommentar von Aaron Kniese

Queerfeindlichkeit nimmt seit Jahren zu. Die CDU nimmt die Regenbogenflagge vom Bundestag und raubt queeren Menschen die Sichtbarkeit.

Ich bin cis, hetero und gehe jedes Jahr zum CSD. Warum? Weil Queerfeindlichkeit nicht nur queere Menschen trifft. Sie bedroht die Freiheit aller. Mit queerfeindlichen Aussagen werden viele von uns schon seit dem Kindergarten konfrontiert. Und das muss aufhören.

Keine Regenbogenflagge auf dem Bundestag

Wenn nicht einmal eine Regenbogenflagge auf dem Bundestag wehen darf, ist das ein Warnsignal. Friedrich Merz unterstützt die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Der Bundeskanzler setzt mit der Aussage, dass der Bundestag kein Zirkuszelt sei, noch einen oben auf. Ein Zeichen dafür, dass unsere Gesellschaft sich von vereinbarten Werten zurückzieht.

Der CSD ist kein Zirkus

Die Regenbogenflagge ist ein Symbol für Vielfalt und für Menschenrechte. Sie dient nicht der Belustigung. Die politische Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Wer feindliche Politik gegenüber der LGBTQIA+-Community ausübt, bietet einen Einstieg für autoritäre Tendenzen. Das sehen wir international, aber auch in Europa. Beispielsweise in Ungarn gingen queerfeindliche Gesetze Hand in Hand mit Medienzensur, Abbau von Frauenrechten und der Rückbau der Demokratie.

Queere Menschen werden bedroht, angefeindet, körperlich angegangen und diskriminiert. Und das können wir nur gemeinsam ändern. Indem wir demonstrieren gehen, Verbündete sind und ansprechen, wenn wir merken, dass Menschen in unserem Umfeld diskriminiert werden.

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Stonewall was a Riot

Der CSD sieht vielleicht wie eine fröhliche, bunte Parade aus, aber erinnert an einen Kampf gegen Diskriminierung, für Gleichberechtigung und für Vielfalt. Er erinnert an den Widerstand von queeren Menschen gegen Polizeigewalt und Ausgrenzung – an die Aufstände in der Christopher Street 1969. Auch heute werden queere Menschen immer noch diskriminiert.

Hasskriminalität gegen queere Menschen

Hasskriminalität aufgrund von sexueller Orientierung nimmt seit Jahren zu. 2023 verzeichnete das BKA 1499 Delikte, 2024 waren es 1765. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch 2021 (870 Fälle). Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher, da nicht alle Betroffenen queerfeindliche Taten zur Anzeige bringen. 

Kirche auf dem CSD

Auch die evangelische Kirche ist mit einem Bündnis und eigenem Wagen auf dem CSD in Frankfurt unterwegs. 2025 unter dem Motto „Glaube. Liebe. Laut.“ Neben der Demo gibt es auch CSD-Gottesdienste in Frankfurt.

Sichbarkeit von queeren Menschen

Wer heute beim CSD mitläuft, geht nicht feiern, sondern demonstriert. Und schützt eine Freiheit, die alle betrifft. Denn queerfeindliche Normen verhindern, dass wir alle, egal ob queer oder nicht, unsere Interessen, Gefühle oder Äußeres frei ausleben können. Ohne verspottet oder ausgegrenzt zu werden. Und die gibt es noch immer überall. In KiTas, Schulen, im Arbeitsumfeld, in Freundeskreisen und Familien.

Kleines Beispiel: Ich habe als Kind gerne Musik gemacht. Fußball oder Sport mochte ich nicht. In der Grundschule wurde ich schnell deswegen „Schwuchtel“ genannt.

Vielleicht wolltest du dir gerne mal die Fingernägel lackieren, dir die Haare färben, oder einen Ohrring tragen – und hast es gelassen. Nicht, weil du nicht durftest. Sondern weil du Angst hattest, dass andere dich „schwul“ nennen.

Das ist Queerfeindlichkeit. Sie trifft nicht nur queere Menschen, sondern auch diejenigen, die von der Norm abweichen. Sie schneidet Vielfalt ab, wo sie entsteht. Sie engt dich ein, bevor du dich entfalten kannst. 

Zeig dich – zeig Haltung

Solange Worte wie „schwul“, „trans“ oder „Lesbe“ noch immer als Beleidigung taugen, solange können wir alle nicht frei und selbstbestimmt leben. Und solange braucht es Sichtbarkeit – nicht nur von den Betroffenen, sondern auch von Verbündeten.

Geh auf den CSD. Nicht, weil du queer bist. Sondern, weil du für eine freie Gesellschaft einstehen willst. Und weil du weißt: Wer heute schweigt, wenn andere ausgegrenzt werden, ist morgen vielleicht selbst dran. Wenn du dich frei entfalten willst, musst du da aktiv werden, wo andere in ihrer Freiheit eingeschränkt werden.