Gesellschaft

Pfarrer, Dragqueen und Kämpfer für die Rechte von queeren Menschen

Host Charlotte Mattes (links), rechts Pfarrer Nulf Schade James, auf Stühlen, im Podcaststudio in Frankfurt Heddernheim. Beide lächeln.
Arik Sürek
Pfarrer Nulf Schade-James an einem warmen Junitag. Er spricht über sein Coming-out, die große Liebe zu seinem Mann und den jahrzehntelangen Kampf für die Rechte von queeren Menschen.

Nulf Schade-James ist Pfarrer in Frankfurt, er liebt das Schauspiel und ist immer beim CSD dabei.

Endlich sitzen wir uns gegenüber, nachdem wir unser Treffen vier! Mal verschieben mussten. Nulf, eigentlich Arnold, Schade-James erzählt mir im Podcast seine Geschichte. Er kämpft seit Jahrzehnten für die Rechte von queeren Menschen. Dafür ist er nicht nur in Frankfurt bekannt. Wir sprechen über seine beiden Coming-Outs, warum er es liebt, sich zu verkleiden und über David. Seine große Liebe.

Da kullerten während der Aufnahme für „Echt gefragt“ auch Rührungstränen. Okay, das Wort gibt es nicht, aber es wurde emotional. Hör selbst ⬇️.

Coming-out und Lebenspläne, die sich ändern

Nulf wächst in Gedern im Vogelsbergkreis auf. Er stammt aus einer gut bürgerlichen Familie. In Büdingen ist er zur Schule gegangen.

Schon bevor er überhaupt weiß, dass er schwul ist, setzt er sich für die Rechte von queeren Menschen ein. 1979, auf dem Nürnberger Kirchentag, küsst der damals 21-Jährige die Schuhe von einem Mann, der gegen Schwule wettert, sammelt Unterschriften, kämpft. 

Seine Freundinnen und Freunde ahnten schon lange, dass er schwul ist. Nulf hat damals zwar mit Männern geschlafen, glaubt aber, anfangs, das sei einfach nur ein Ausprobieren. Erst später wird ihm klar: „Ich bin schwul.“ 

Denn sein Plan fürs Leben sah eigentlich anders aus. Heteronormativ wollte er mit einer Frau verheiratet sein und fünf Kinder haben. Es gab mal eine Beziehung mit einer Frau, aber da ging gar nichts, sagt er.

Als er 1980 sich bei seinen Freundinnen und Freunden outet, war niemand überrascht. Sie schmunzelten eher und freuten sich für ihn. 

Junge du bist so schwul, dass du es erfunden haben könntest.

1982 hat Nulf seinen Eltern erzählt, dass er schwul ist. Das war sehr schwer und bedeutete erstmal einen Kontaktabbruch. Im Podcast erzählt er, wie heftig die Auseinandersetzung war. Aber auch, wie rührend das Wiedersehen nach drei Monaten Funkstille. 

Pfarrer und schwul - damals nicht einfach

Nulf lächelt mit verschränkten Armen in die Kamera. Er trägt Glatze, blaues Shirt und viele Armbänder.
Arik Sürek
Nulf Schade-James liebt Menschen und findet, das diese Liebe die Voraussetzung dafür ist, um Pfarrerin oder Pfarrer sein zu können.

Seine Berufung für den Pfarrdienst beschreibt Nulf etwas flapsig. In einem Gottesdienst merkt er: „So ein Talar ist schön - ich glaube, ich werde Pfarrer.“ Schon während seiner Kindheit singt er im Chor der evangelischen Kirche. Er darf viel singen, wird gefördert. Dadurch findet er seinen Traumberuf, den er bis heute liebt, sagt der 67-Jährige.

Doch der Anfang war schwer: An der Uni hört er, dass homosexuelle Pfarrer keinen Job finden werden. Außerdem schreibt ihm die Einstellungskommission der Evangelischen Kirche ins Zeugnis, dass er für den Pfarrberuf nur bedingt geeignet sei.

Trotzdem bekommt nur positives Feedback: sowohl im Vikariat, der Ausbildung zum Pfarrer, als auch bei seinem Aufenthalt in Kairo, in Ägypten.

Mich hat seine unglaublich herzliche, ruhige und offene Art auch begeistert. Er schafft es schnell, dass man sich bei ihm wohl und geborgen fühlt.

„Der Pfarrberuf ist meine Berufung, weil ich Menschen liebe.“ Diese Liebe sei die wichtigste Voraussetzung für den Job. Außerdem eine gute Jugendarbeit und man dürfe in dem Beruf keine Angst vor Menschen haben. 

Bekannt als Frankfurter Drag-Queen Greta Gallus

Wenn Nulf kein Pfarrer geworden wäre, dann vielleicht Schauspieler. Schon als Kind hat er es geliebt sich zu verkleiden und zu schminken. Heute schlüpft er manchmal in die Rolle von Greta Gallus, Freifrau von Sodom ohne Gomorrha. Greta ist chaotisch, lustig, berührt die Menschen und ganz wichtig: Sie glitzert am ganzen Körper.

Zwischen Kanzel und Glitzer: Mehr über Nulf in seiner Rolle

In seiner Gemeinde Frieden und Versöhnung im Frankfurter Gallusviertel tritt er manchmal auf und singt. Da ist er schon seit 36 Jahren. Nulf stellt aber klar: „Ich bin nicht die Drag-Queen der Friedenskirche - ich bin ein Pfarrer, der ab und zu mal Drag macht.“ 

Aber er genießt diese Verwandlung. Vor allem, weil sein geliebter Mann David auch mitmacht und sie dabei unglaublich viel Spaß haben.

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Lovestory beginnt am Baggersee

Auf dem Bild sieht man Nulfs Handgelenkt mit bunten und glitzernden Armbändchen.
Arik Sürek
Nulf trägt gerne Armbänder. Einige davon sind Geschenke seines Ehemanns David. Auf einem steht „Nonno", italienisch für Opa - Nulf ist glücklicher Opa.

Die Lovestory von den beiden muss ich dir unbedingt schon erzählen: Der 25. Mai 1992 verändert alles in Nulfs' Leben. Er liegt am Walldorfer Baggersee und ein Soldat aus Amerika taucht auf. Mit Sonnenbrille auf der Nase und Ghettoblaster auf der Schulter, verkörpert er einen Typ, den Nulf verabscheut.

Doch ein paar Stunden später sitzt dieser Typ auf seiner Decke. Sie unterhalten sich über Gott. Am selben Abend treffen sie sich wieder und seit diesem Abend ist David in seinem Leben.

Wenn Nulf über David erzählt, strahlt er und seine Augen werden feucht. 

Das verliebte Paar heiratet viermal. Auch illegal, da die Ehe zwischen zwei homosexuellen Männern in der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau erst seit dem Jahr 2019 offiziell erlaubt ist.

Im Podcast hörst du, wie die illegale Hochzeit ablief und was Nulfs' Formel für eine gelungene Beziehung ist. 

Ich hoffe, du hast genauso viel Spaß mit dieser Podcast-Folge, wie ich 🌈. Über deinen Support und ein Abo bei deiner Streaming-Plattform würde ich mich sehr freuen.

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