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Corona-Pandemie

Wir Ehrenamtlichen fühlen uns alleingelassen!

Stefanie Bock
Kommentar von Stefanie Bock

Ehrenamtliche in der Corona-Pandemie stehen ständig vor schwierigen Entscheidungen. Und dabei werden wir ganz schön alleine gelassen. Das nervt!

Vor einem Jahr haben sich die Kirchen Mut gemacht: Ein Weihnachten mit verschlossenen Kirchen und ohne Gottesdienste werde es nie mehr geben.

Anstelle von attraktiven Veranstaltungen planen wir Hygiene-Konzepte

Falsch gedacht: Die Corona-Infektionszahlen steigen, die Betten auf Intensivstationen sind knapp, die Todesfälle nehmen zu. Wieder stehen die Gemeinden vor einem Dilemma: Was wird aus dem Auftritt des Chores? Können 30 ungeimpfte Kinder beim Krippenspiel im Advent mitmachen? Was ist mit dem Treffen des Seniorenkreises? Die Frauen und Männer in den Kirchenvorständen diskutieren intensiv.

Wir stemmen alles in unserer Freizeit!

Virologen, Psychologinnen, Wirtschaftsexperten, Gesundheitsministerin, Ministerpräsidenten – sie alle beschäftigen sich seit rund 20 Monaten mit ähnlichen Fragen. Was ist möglich in der Pandemie, was ist zu riskant? Sie sind Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet und haben die gebündelte Fachkompetenz beratend an ihrer Seite. Sie machen das während ihrer Arbeitszeit, und sie sind es von Berufs wegen gewohnt, schwierige Entscheidungen zu treffen.

Kreativ mit der Krise umgehen, kostet viel Energie

Und dann sind da in den Kirchengemeinden und den Vereinen die Ehrenamtlichen: Rentner, Lehrerinnen, Frauen in Erziehungszeit, Verwaltungsfachangestellte, Hausfrauen. Alleingelassen in ihrer Entscheidung zwischen Verkündigung und Risiko.

Denn klare Worte und konkrete Handlungsanweisungen? Fehlanzeige! 

Als Kirchenvorsteherin kenne ich die Empfehlungen und unzähligen Dokumente von den Krisenstäben der Landeskirchen. Aber es fehlt die Eindeutigkeit. Ein Zitat aus einer E-Mail an Kirchenvorstände:

Bitte bedenken Sie vor Ort, welche Konsequenzen dieser Schritt für Sie hat und entscheiden Sie vor Ort.

Das Ergebnis sind endlose Diskussionen und regionale Unterschiede, die niemand von außen nachvollziehen kann.

Wer kann schon verstehen, warum eine Gemeinde Gottesdienste nach der 2-G-Regel feiert und fünf Kilometer entfernt die Nachbargemeinde nur Video-Andachten anbietet?

Die Verantwortung wird nach unten abgewälzt. An Männer und Frauen, die sich in ihrer Freizeit für die Kirche oder einen Verein engagieren, sich alleingelassen und überfordert fühlen. Und das ist absolut nachvollziehbar.

Nicht nur wegen Corona weniger Gottesdienstbesuchende

Niemandem fällt es leicht, Präsenzgottesdienste abzusagen. Groß ist das Risiko, auch noch die letzten Gottesdienstbesucher am Sonntagmorgen zu verlieren. Und so wird wertvolle Zeit von Ehrenamtlichen verschwendet in den Diskussionen darüber, was verantwortbar ist. Zeit, in der sie Projekte und Angebote planen könnten, die in einem konkret vorgegebenen Spielraum möglich sind, um Menschen in der Pandemie zu erreichen.

Manche halten dagegen, dass die Autonomie der Kirchenvorstände ein hohes Gut ist. Für mich ist das in dieser pandemischen, nie dagewesenen Situation Realitätsverweigerung.

Zwiegespaltene Reaktionen auf Ratschlag „von oben“

Die gerade zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählte Annette Kurschus hat als Präses der westfälischen Kirche im vergangenen Jahr eine dringende Empfehlung ausgesprochen, wie mit Gottesdiensten umzugehen sei. Kommt Weihnachten nicht in die Kirche, hat sie gerufen. Die Ehrenamtlichen dankten es ihr, dass sie ihnen diese schwierige Entscheidung abgenommen hatte. Andere aber warfen ihr vor, Gemeinden bevormunden zu wollen.

Das ist falsch. Es geht nicht um mangelnde Wertschätzung. Es bedeutet auch keine Machtbeschneidung des wichtigen Gremiums Kirchenvorstand. Niemand möchte ernsthaft Kirchenvorsteher und Kirchenvorsteherin nur Kaffee kochen und Stühle stellen lassen. Aber die Zeit für Empfehlungen ist vorbei. Dazu ist die Lage mit täglich neuen Rekordzahlen an Corona-Neuinfektionen zu ernst. Jetzt ist die Zeit für ein klares Wort der Kirchenleitungen.

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