Gewalt in Beziehungen

So kannst du dich vor digitaler Gewalt schützen

Frau sitzt im Dunkeln vor einem Laptop
getty/Katarzyna Bialasiewicz

Sichere Passwörter, klare Absprachen und ein bisschen Technik-Know-How: So schützt du dich vor digitaler Gewalt.

Woran denkst du, wenn du „digitale Gewalt“ hörst? Ich habe mir eigentlich immer Cybermobbing, böse Kommentare, Drohungen oder das Leaken von Fotos vorgestellt. Das ist nur die Spitze des Eisbergs:

  • Stalking
  • Erpressung
  • Identitätsdiebstahl
  • Tracking

und die Liste ist länger.

Digitale Gewalt: Was ist das?

Gewalttätig werden, ist online so einfach wie noch nie: Die nötigen Mittel sind frei verfügbar: Anonyme Social-Media-Accounts, generative KI, Ortungsapps, Airpods, Smart-Home-Devices oder AirTags.

Übrigens ist digitale Gewalt nicht abgekoppelt von „analoger“ Gewalt. Sie sind eng verbunden, schreibt das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Digitale Gewalt findet aber nicht nur anonym übers Internet statt, oft geht sie mit „analoger“ Gewalt einher. Im „sozialen Nahraum“ ist digitale Gewalt ein Teil von (Ex-)Partnerschaftsgewalt und betrifft in den allermeisten Fällen Frauen.

In Deutschland sind laut einer Studie von „Plan international“ aus dem Jahr 2020 rund 70 % der Mädchen und jungen Frauen von digitaler Gewalt betroffen.

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Wer kennt deine Passwörter?

Wer kennt eigentlich deine Passwörter? Dein*e Partner*In? Deine Familie? Die besten Freund*Innen? Wer hat Zugriff auf deinen Google-, Netflix- oder Amazon-Account? Im Alltag machen wir uns darüber oftmals keine Gedanken. Passwörter verwalten ist mühsam und kostet Zeit.

Ein großes Einfallstor für digitale Gewalt ist die Passwort-Sicherheit. Wenn du deine Zugangsdaten für Amazon, Netflix und Co teilst, dann ist das am Ende ein Risiko für dich.

Brauche ich für alles ein eigenes Passwort?

Einfache Antwort: Ja. Denn genau solche vermeintlich kleinen Infos können missbraucht werden, wenn Beziehungen auseinander gehen.

Die Betroffenen von digitaler Gewalt erleben oft Angstzustände, Schuldgefühle, Scham oder Ohnmachtsgefühle. Die Gewalterfahrungen können laut dem Verein „Frauen gegen Gewalt“ bei Betroffenen auch psychische und psychosomatische Probleme zur Folge haben.

Tracking und fehlende Sicherheit

Werbung für Trackingapps

Dass Trackingapps missbraucht werden, wissen sogar die Anbieter und: schalten gezielt Werbung dafür. Wer nach „Freundin verfolgen“ googelt, wird schnell fündig.

Das „Argument“, das ich in den Werbeanzeigen öfters gelesen habe: Trackingapps würden die Bindung der Paare stärken. Studien, die diese Aussage belegen, habe ich bisher keine gefunden.

Hast du dir für dein Portemonnaie auch ein Tracking-Tool besorgt? Ist ja auch praktisch, wenn du es mal wieder verlegt hast. Und du bist damit nicht alleine: Tracking-Tools und auch Apps sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Laut dem Bluetooth Markt-Update 2023 wurden im vergangenen Jahr 97 Millionen „personal Bluetooth item finding solutions“ ausgeliefert.

Eltern von minderjährigen Kindern nutzen manchmal Apps wie „FindMy“ oder „MSpy“, um ihre Kinder orten zu können. Warum solche Apps überhaupt frei verfügbar sind? Weil GPS-Trackingapps laut dem Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz §13 bei Kindern erlaubt sind, solange diese minderjährig sind. Wenn Erwachsene Menschen getrackt werden, muss ein beidseitiges Einverständnis vorliegen. 

Viele dieser Apps tracken aber nicht nur die Position des Smartphones, man kann sogar Nachrichten mitlesen oder die gespeicherten Fotos und Videos durchsuchen

Tracking-Hardware wie AirTag von Apple oder SmartTag von Samsung sind praktisch. Die Technik kann aber auch genutzt werden, um dich zu stalken. Dazu werden die kleinen Geräte oft in der Kleidung, in Autos oder in Taschen versteckt.

Dein Smartphone kann dich warnen, wenn ein Tracking-Tool in deiner Nähe ist. Also so sollte es sein, aber das klappt nur so semi-gut. Beispielsweise erkennen die Smartphones nicht alle Hersteller. Und beim Start der Geräte war so eine Absicherung gar nicht bedacht worden.

Manche Tracking-Hardware kann mit wenigen Kenntnissen modifiziert werden und wird dann nicht zuverlässig erkannt. Es gibt auch Apps, die aktiv nach Trackern in der Umgebung suchen, wie z. B. Air Guard. Allerdings finden auch diese Apps nicht alle Tracker.

Apple und Google arbeiten inzwischen zusammen, um diese Probleme zu bekämpfen. Zu spät, wie ich finde. Solche Prozesse sollen VOR der Veröffentlichung von diesen Produkten stattfinden und nicht Jahre später. Neue Technik sollte geprüft werden, inwieweit man sie missbrauchen kann. Tools, um den Missbrauch der Geräte zu verhindern, müssen schon bei Release für Kund*Innen bereitstehen.

Prävention

Mehr zum Thema digitale Gewald

Ich bin auf der re:publica in Berlin 2024 durch das Panel: „Stalking und Tracking: Warum digitale Gewalt für Frauen lebensgefährlich ist“ auf das Thema aufmerksam geworden. Sonja Peteranderl, Asha Hedayati, Chris Köver und Sina Laubenstein haben mir einen neuen Einblick ins Thema ermöglicht. Wenn du diese Tipps hilfreich findest und sie verbreiten möchtest – nutze Social Media:

Instagram

Facebook

Was kannst du tun, um dich vor digitaler Gewalt zu schützen?

Vorneweg: Wer Opfer von digitaler Gewalt wird, ist nicht selbst schuld. In Beziehungen oder Freundschaften denken wir oft nicht daran, dass unsere sensiblen Daten einmal missbraucht werden könnten.

Wenn du (digitale) Gewalt erfährst, erstatte eine Anzeige bei der Polizei. Such dir Hilfe. Es gibt kostenlose Beratungsstellen und Frauenhäuser, die dir weiterhelfen können.

  • Ganz wichtig: Nutze sichere Passwörter mit Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen.
  • Halte deine Passwörter geheim und ändere sie regelmäßig. Wenn du dabei den Überblick verlierst: es gibt Passwortmanager, wie z.B. das kostenlose KeePass, oder das kostenpflichtige Keeper, mit denen du deine Zugangsdaten verwalten kannst.
  • Logge dich bei Geräten, die nicht dir gehören, aus deinen Accounts aus, wenn du sie nicht nutzt.
  • Nutze Zwei-Faktor-Authentifizierung, damit sich niemand nur mit deinem Passwort woanders einloggen kann.
  • Schränke deine Privatsphäre-Einstellungen bei Social-Media, Google und Amazon ein, damit andere darüber nicht an deine E-Mail, Telefonnummer oder Adresse kommen.
  • Checke, welche deiner Apps deinen Standort teilen und schränke diese ggf. ein
  • Auch wenn‘s nervig ist: Bilde dich im digitalen Bereich weiter. Je besser du dich mit deinen Accounts, Apps und deren Einstellungen auskennst, desto sicherer bist du automatisch unterwegs.
  • Wenn du online mit Hassnachrichten oder übergriffigen Nachrichten konfrontiert wirst, nimm kurz Abstand von der Plattform und rede offline darüber. Familie oder Freund*Innen haben bestimmt ein offenes Ohr für dich, wenn du lieber anonym bleiben willst, nutze doch das Angebot der Telefonseelsorge (0800 1110111 oder 0800 1110222).
  • Mach Screenshots als Beweismaterial von übergriffigen Nachrichten.
  • Blockiere Menschen, die dir online nicht guttun.
  • Melde Hass- und übergriffige Nachrichten bei Social-Media.
  • Sprich bei Beziehungen und engen Freundschaften ab, wie ihr mit Bildern und Videos voneinander umgehen wollt, falls es zur Trennung oder einem Kontaktabbruch kommen sollte. Das gleiche gilt auch für Chatverläufe. Private Nachrichten screenshoten und verbreiten, ist ohne vorherige Absprache nicht okay.
  • Falls du den Verdacht hast, dass dein*e Partner*In eine Ortungsapp auf deinem Handy installiert hat, setz dein Handy auf Werkseinstellungen zurück. Android-Smartphones sind für solche Software anfälliger als iPhones und die Spyware ist nur schwer zu finden, wenn man nicht weiß, wonach man sucht.
  • Suche mit Apps wie z. B. Air Guard nach Trackern in deiner Umgebung und versichere dich, dass dein Standort nicht verfolgt wird.
  • Falls du einen Tracker findest, kannst du dich mit dem Gerät über Bluetooth verbinden und es deaktivieren. Außerdem findest du beim Verbinden oder auch direkt auf dem Gerät eine Seriennummer, die bei einer zivilrechtlichen Ermittlung relevant sein könnte. Airtags kannst du auf der Unterseite öffnen, indem du die Metallplatte gegen den Uhrzeigersinn drehst und die Batterie herausnehmen, dann sendet das Gerät keine Signale mehr.