Gesellschaft

Teddy auf dem OP-Tisch: So verlieren Kinder ihre Ängste

Kinder in OP-Kleidung über einem großen Teddy
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Medizinstudent*innen verarzten Kuscheltiere, um Kindern die Angst vorm Krankenhaus zu nehmen.

Fridolin liegt ganz still auf einem Operationstisch. Der Bauch des riesigen Teddybären ist geöffnet. Neben ihm liegen Pinzette, Schere und richtiges medizinisches Besteck bereit. Alles wirkt wie in einem echten Operationssaal. Nur stehen hier keinen Ärzt*innen, sondern Kindergartenkinder

Kinder operieren Kuscheltiere

Sie sehen aus wie medizinisches Personal: Kittel. Mundschutz und eine Haarhaube. Sie wollen herausfinden, warum Fridolin so unglaubliche Bauchschmerzen hat. Medizinstudentin Bianca erklärt ganz genau, was zu tun ist.

Und alle helfen mit: Vorsichtig entnehmen sie die Plüsch-Organe des Bären heraus. Lunge, Nieren, Herz. Dann entfernen sie mit Pinzetten kleine Wattebäusche, die sie im Bauchraum finden. Diese „Entzündungen“ verursachen die „heftigen Schmerzen“.

Kindergartenkinder lernen an einem Plüschteddy, welche Organe wir im Körper haben
Aaron Kniese
Kindergartenkinder lernen an einem Plüschteddy, welche Organe wir im Körper haben

Organe kennen lernen - Schritt für Schritt

Während der Operation (OP) lernen die Kinder, welche Organe es gibt und was sie im Körper tun. Nachdem Fridolins Bauchraum wieder sauber ist, müssen sie die Organe in der richtigen Reihenfolge wieder zurücklegen. Bevor Fridolin seinen Verband bekommt, schließen sie erst den Brustkorb und dann den Bauch.

Gut gemacht!“, ruft Bianca den Kindern zu und verteilt High-Fives.

Teddykrankenhäuser

Teddykrankenhäuser gibt es in ganz Deutschland, auch in Frankfurt oder Mainz. Bei dieser Mitmach-Aktion „behandeln“ Kinder und Jugendliche Kuscheltiere. So sollen spielerisch Ängste vor Ärzt*innen, Kliniken und Behandlungen abgebaut werden. Außerdem lernen sie medizinische Grundkenntnisse. In Darmstadt gibt es das Projekt seit 2020.

Wenn die Kinder den OP-Raum verlassen haben, bekommt Fridolin seine Bauchschmerzen zurück. Dafür entfernen die Studierenden die Pflaster und Verbände vom Teddy, öffnen seinen Bauch und legen neue Wattebäusche hinein. Die nächste Gruppe wartet schon

Drei Tage lang begleiten Medizinstudierende im Praxisjahr im Klinikum Darmstadt die Kids durch Sprechstunde, OP und Röntgen. Ihr Ziel: Kindern zeigen, was in einer Klinik passiert, „damit sie in Zukunft keine Angst vor solchen Situationen haben müssen“, sagt Bianca.

Studierende lernen den Umgang mit Kindern

Kind mit Hello Kitty-Katze, die eine Bandage um den Kopf trägt
Aaron Kniese
Im Teddykrankenhaus werden Kuscheltiere verarztet

Auch die Studis profitieren: Sie üben, wie sie mit Kindern bei Untersuchungen umgehen können. Die kleinen Patient*innen sollen schließlich medizinische Zusammenhänge gut verstehen und ihrem Gegenüber vertrauen. 

Deswegen spielen die Kinder mit ihren eigenen Kuscheltieren verschiedene Szenarien durch. Zum Beispiel gehen sie mit Teddy, Katze oder Dino zur Sprechstunde

  1. Vorgespräch
  2. Abhören
  3. Abtasten
  4. Impfung
  5. Pflaster kleben

Die Kinder schauen gespannt zu, was mit ihren Kuscheltieren passiert und helfen auch gerne selbst beim Spritzen oder Verbinden mit. 

Das Highlight im Teddykrankenhaus ist das Röntgen der Kuscheltiere. Die Studierenden schieben ausgeschnittene Papp-Knochen unter die Stofftiere, legen sie auf einen Drucker und erzeugen so ein „Röntgenbild“.

„Oh nein, dein Dino hat ein gebrochenes Bein, das muss operiert werden“, sagt Medizinstudent Paul zu einem Jungen. Der hat ein bisschen Angst um sein geliebtes Tier. Aber der Student kann ihm die nehmen

Krankenhaus spielerisch erleben

Kinder in OP-Kleidung über einem großen Teddy
Aaron Kniese
Im Teddykrankenhaus im Klinikum Darmstadt lernen Kinder Krankenhausalltag kennen

Deshalb gibt er seinen Triceratops auch bei einer Studentin ab. Er selbst darf nun den großen Teddy Fridolin operieren. Hinterher ist er erleichtert, dass es seinem Schmusepartner wieder gut geht. 

Vor der Klinik stehen auch noch echte Rettungs- und Notarztwägen. „Wenn es einmal ganz schnell gehen muss, dann kommen wir“, erzählt ein Sanitäter einer Kindergartengruppe. Die sind fasziniert – von der leuchtenden Kleidung, dem Blaulicht und der Ausstattung des Rettungswagens. Zwei Sanitäter*innen haben sich sogar Urlaub genommen, um mitzumachen.

Wenn die Kinder fertig sind, gibt's nicht nur ein Pflaster, sondern noch Gummibärchen, Taschentücher und Traubenzucker. So sollen alle schnell wieder auf den Beinen sind.

Organisiert wird das Projekt von Bettina Brandt. Sie koordiniert die Studierenden im Klinikum Darmstadt. Die Idee kam 2020 von den Studierenden selbst. Seitdem wächst die Aktion jedes Jahr: Damals kamen rund 300 Kinder, nur drei Jahre später waren es über 600. Unterstützt wurden die 20 Medizinstudierenden auch von

„Die Nachfrage war so groß“, sagt Brandt, „wir mussten sogar Anfragen ablehnen“. Aber sie ist sicher: Auch nächstes Jahr wird Fridolin wieder auf dem OP-Tisch liegen – bereit für neue kleine Helfer*innen.

Angst vor einem Krankenhaus-Besuch?

Hattest du als Kind Angst vorm Krankenhaus? 🧸 Hätte dir so ein Teddykrankenhaus geholfen?  Erzähl uns deine Erinnerung – auf Social Media!

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