Es gibt mehrere Lutherwege in Deutschland. Der Lutherweg 1521 orientiert sich an der Reiseroute Martin Luthers zum Reichstag nach Worms und zurück zur Wartburg in Eisenach. Insgesamt ist er rund 400 Kilometer lang. Ein Teil des Pilgerweges führt durch Hessen und Rheinland-Pfalz. An der Strecke finden die Wandersleute freundliche Aufnahme, um ihre müden Häupter zu betten.
Weil sie so Tolles erlebt hat, bietet Beate Fughe nun mit ihrem Mann, einem katholischen Diakon, selber Unterkünfte an. Denn ihr Haus liegt direkt am Lutherweg.
Ihre vier Kinder sind groß und aus dem Haus, es stehen etliche Zimmer leer. Ein kleines Apartment gibt es auch, eine Küche, einen überdachten Balkon, einen großen Garten mit Wiese. Im Garten steht auch noch ein Holzhäuschen. 20 Euro nimmt sie pro Bett und Nacht, Bettzeug und Handtücher inklusive.
Ich bin immer sehr gespannt, wer kommt.
Manche Pilgerinnen und Pilger melden sich an, manche stehen plötzlich und unerwartet vor der Tür.
Im Ort gibt es keine Gastwirtschaft mehr, nur eine Pizzeria mit Essen to go. „Dort kann man etwas bestellen oder wir organisieren etwas“, sagt Beate Fughe. Einmal hatte sich ein Fernsehteam angesagt. Bernd Rausch, rühriger Vorsitzender des Vereins Lutherweg in Hessen, rief an, ob sie sich kümmern könnte. Das konnte sie. „Allerdings nur mit Hilfe unserer beiden Töchter, ich selbst musste weg, Die beiden haben einen Riesenpott Chili gekocht, die Leute aßen vegan“, sagt sie. Dafür gab es hohes Lob: „Endlich mal etwas Gutes zu essen.“
Morgens können sich die Pilger natürlich auch stärken. „Wir haben schon mit zwölf Leuten im Wohnzimmer gefrühstückt“, erzählt die Apothekerin. Zeitlich ist das für sie nicht immer ganz leicht, denn auch ihr Laden muss laufen. Aber sie hat es schon gerne, sich dazuzusetzen und den Geschichten zu lauschen.
Viele Protestanten seien unter ihren Gästen. Schließlich sei der Lutherweg 1521 ein Angebot für Pilger und Wanderer, die an der Reformation und deren Auswirkungen interessiert sind. Aber es gilt natürlich auch für diejenigen, die sich erholen und entspannen möchten.
Fughe macht die Erfahrung, dass sich viele Lutherwanderer nicht gleich auf den Jakobsweg trauen. Sie hört dann Worte oder Sätze wie zu „heiß“, „komme nicht dazu“, „gefährlich“, „zu weit weg“, „das muss man in jungen Jahren machen“.
Da trifft es sich gut, dass es seit Mai 2017 den kleinen Bruder des Jakobsweges gibt. Er beginnt in Worms und endet in Eisenach auf der Wartburg. Das könnte in etwa die Route sein, die Martin Luther vor gut 500 Jahren genommen hat, um seine 95 Thesen auf dem Reichstag in Worms zu vertreten.
Der gut ausgeschilderte Weg mit einer Gesamtlänge von rund 400 Kilometern folgt den Spuren des Reformators. Er verbindet historische Orte und erlebnisreiche Landschaften. So lässt sich jahrhundertealte Glaubensgeschichte spannend und hautnah erleben.
Die Beschilderung weist dem Gast den Weg sowohl in Richtung Wartburg als auch in Richtung Worms. Die alten Wege haben sich in den letzten Jahrhunderten stark verändert. So kann der Lutherweg in Hessen zum Teil nicht identisch der Originalroute folgen, sondern er verläuft in einem engen Korridor zum überlieferten Weg.
Nicht immer ist Luthers Reiseroute historisch klar überliefert. Das aber macht nichts. Denn er bietet die Chance, Orte der Kraft zu finden - nicht nur in sich selbst, sondern auch dort, wo seit Jahrhunderten Pilger Kraft und Orientierung gefunden haben: in einer Kirche, auf einem Berg, vor einem Kreuz, im Wald, im eigenen Herz und anderswo.