Wenn du an Kirchenmusik denkst, kommt dir vielleicht als erstes der Gemeinde-Gesang mit Orgelbegleitung in den Sinn. Findest du vielleicht gähnend langweilig. Ein paar ältere Herrschaften, die sonntags drei, vier Lieder im Gottesdienst singen.
„Die Kirchenmusik zählt zu den ältesten überlieferten musikalischen Formen Europas“, sagt die Landeskirchenmusikdirektorin der EKHN, Christa Kirschbaum. „Die europäische mehrstimmige Musik stammt aus den Klöstern und Kirchen. Sie entwickelte sich aus dem gregorianischen Gesang. Die besondere Akustik der romanischen und gotischen Kirchen und Klöster machten Obertöne, die beim Singen entstehen, hörbar. Diese Töne wurden aufgeschrieben, und daraus entwickelte sich der mehrstimmige Gesang“, führt sie fort.
„Durch die Reformationkam die Musiklehre und -praxis im 16. Jahrhundert aus den Klöstern und Kirchen an die Schulenund wurde dadurch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Aufklärung brachte eine Beteiligung von Laien an der Musikausübung, im kirchlichen Bereich entstand eine große ehrenamtliche Chorbewegung, die unsere Arbeit bis heute prägt.“
Gottesdienste haben noch etwas ganz Besonderes: In ihnen gibt es in 99,9 Prozent der Fälle nämlich Live-Musik. Das klingt erstmal selbstverständlich, ist aber doch besonders, wenn du mal überlegst, wie viele Gottesdienste es pro Woche beispielsweise in Frankfurt, Wiesbaden oder Darmstadt gibt.
Durch diese Struktur hatte die evangelische Kirche aber einen Vorteil während der Corona-Pandemie im Vergleich zu Konzerthäusern, erklärt Christa Kirschbaum: "Durch die Struktur der Kirchenmusik in der EKHN war es während Corona möglich, musikalische Angebote (zum Beispiel über Online-Streaming Plattformen) für die Menschen zugänglich zu machen. Sobald die Kirchen für Gottesdienste wieder geöffnet waren, fand auch wieder Live-Musik (zum Beispiel an der Orgel) statt.“